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Der OLPC-Laptop kostet jetzt doch erst einmal 175 Dollar

27.04.2007
Eigentlich wollte Nicholas Negroponte Schwellenländern mit einem nur 100 Dollar teuren Laptop zu mehr Bildung verhelfen. Ganz so billig schafft One Laptop Per Child (OLPC) es jetzt doch nicht - 175 Dollar kostet die Produktion des Geräts.

Negroponte und OLPC sind aber weiter zuversichtlich, dass genug Bestellungen eingehen, um im September mit der Volumenproduktion des minimalistischen Geräts zu beginnen. 2,5 Millionen Stück des "100-Dollar-Laptops" sind bereits bestellt, bis Ende Mai müssten es aber drei Millionen Aufträge sein, damit die Zulieferer ausreichend Komponenten fertigen können.

"Wir sind in der kritischsten Phase des Projekts", sagte Negroponte bei einem Treffen mit Analysten in Cambridge, Massachusetts. "Vor anderthalb Jahren haben wir einen Traum verkauft, aber das ist einfach, wenn man leidenschaftlich ist und diese Leidenschaft mit anderen Menschen teilen kann. Aber das waren Träume, und jetzt müssen wir loslegen. Wir brauchen drei Millionen Einheiten, um die Supply Chain anzustoßen."

Nick Negroponte mit einem XO-Prototyp beim DLD 07 in München (Foto: Thomas Cloer)
Nick Negroponte mit einem XO-Prototyp beim DLD 07 in München (Foto: Thomas Cloer)
Foto: Nicholas Negroponte

Ziel des OLPC-Projekts ist die Entwicklung eines langlebigen, energieeffizienten Notebook-Rechners, der preiswert genug ist, damit Entwicklungs- und Schwellenländer ihn im Schulunterricht nutzen können. Bislang wurden rund 200 Vorabversionen des "XO" an jedes der sieben Länder geliefert, die größere Bestellungen aufgeben wollen: Argentinien, Brasilien, Libyen, Nigeria, Pakistan, Thailand und Uruguay. Außerdem wurden rund 2000 Geräte an Software-Entwickler weltweit verschickt.

Von wo weitere Bestellungen eingehen könnten, vermochte Negroponte nicht zu sagen. Peru und Russland seien mögliche Kandidaten. Außerdem seien Anfragen der Gouverneure von 19 US-Bundesstaaten eingegangen, darunter Florida und Massachusetts. Das, so Negroponte, habe seinen bisherigen Widerstand gegen Verkäufe in den Vereinigten Staaten von "niemals" auf "möglicherweise" reduziert.

Sollte das Verkaufsziel erreicht werden, soll die Produktion rasch ausgebaut werden und bereits kurz nach dem Launch auf 400.000 XO-Geräte pro Monat steigen. Bis Ende 2007 würde der taiwanische Auftragsfertiger Quanta eine Millionen Laptops bauen und bereits drei Millionen bis neun Monate nach dem Start, versprach Mary Lou Jepsen, Chief Technology Officer von OLPC.

Bei Erreichen dieser Stückzahlen würde der Preis dann auch bald zu sinken beginnen. OLPC arbeitet nicht gewinnorientiert und hatte kürzlich eine Kooperation mit der Citigroup geschlossen, die laut Negroponte die administrative Seite seines Geschäfts übernimmt.

"Die Produktionskosten dieser Laptops betragen 175 Dollar. Wir verlangen vielleicht 176, um die Kosten für dieses Büro hier zu finanzieren", sagte Negroponte. "Normalerweise entfallen 50 Prozent der Kosten eines Notebooks auf Vertrieb, Marketing, Distribution und Gewinn, die wir allesamt nicht haben." OLPC werde seine Preise jedes Vierteljahr anpassen, innerhalb eines Jahres dürften sie bereits um rund 25 Prozent fallen.

Aus seiner Zeit als Verwaltungsrat bei Motorola wisse er, dass die Preise von Elektronik meist innerhalb von 18 Monaten um 50 Prozent fielen, sagte Negroponte. Die Hersteller steckten deswegen immer neue Features in ihre Geräte in der Hoffnung, dass ihre Kunden im nächsten Jahr wenigstens wieder den gleichen Preis zahlten. "Aber gerade bei Laptops führt das zu eine Aufblähung. Mein Laptop war nie so unzuverlässig wie jetzt. Er stürzt drei oder vier Mal am Tag ab. Ich kann das Fensterchen schon nicht mehr sehen, das mich fragt 'Wollen Sie Microsoft davon erzählen?'."

Beim XO machen die OLPC-Designer natürlich alles anders. Das Gerät ist technisch schlicht und kommt im Normalbetrieb mit zwei bis vier Watt Stromverbrauch aus. Das Geschäftsmodell basiert auf Skaleneffekten durch die massenhafte Produktion. Nach drei bis fünf Millionen Stück 2007 sollen ein Jahr später bereits 50 bis 150 Millionen XOs gefertigt werden.

Die großen PC-Anbieter würden angesichts des näherrückenden OLPC-Starts bereits nervös, so Negroponte weiter. Microsoft habe ein Vista-Softwarepaket für drei Dollar angekündigt und Intel das "Classmate"-Notebook-Design für Entwicklungsländer gezeigt: "Bill Gates hat gesagt 'Nehmt einen richtigen Laptop'. Aber wenn Dein Haus keinen Strom hat, dann sind zwei Watt ein richtiger Laptop." (tc)