PC-Markt 2006 - ein turbulentes Jahr geht zu Ende

06.12.2006
Der PC-Markt ist 2006 - nicht nur wegen brennender Akkus - in Bewegung geraten. Aufsteiger sind HP, Acer und AMD, während Dell, Fujitsu-Siemens und Intel ins Straucheln kamen. Doch für 2007 werden schon jetzt die Karten neu gemischt.

Rückruf, bitte!

Als Dell im August 2006 ankündigte, 4,1 Millionen Notebook-Akkus zurückrufen zu müssen, hielten das viele Anwender für einen schlechten Scherz. Doch einige wenige hatten miterleben müssen, dass ihre Rechner sich nach einem Kurzschluss stark erhitzten und zum Teil sogar Feuer fingen. Innerhalb von Tagen bekannte ein PC-Hersteller nach dem anderen, ebenfalls von dem Problem betroffen zu sein. Insgesamt wurden 9,6 Millionen Lithium-Ionen-Akkus, die von Sony hergestellt worden waren, ausgetauscht. 2006 war das Jahr der größten Rückrufaktion, die die Unterhaltungselektronik-Branche jemals erlebt hatte.

Apples Tabubruch

Im Januar kamen die ersten Macintosh-Rechner auf den Markt, die von Intel-Prozessoren und nicht von IBM-/Motorola-Chips befeuert wurden. Angekündigt hatte Apple-Chef Steve Jobs diesen Schritt bereits im Juni 2005 - der kollektive Aufschrei der Apple-Gemeinde fällt also ins Vorjahr. Intels Core-Duo-Prozessor eroberten zunächst den iMac sowie MacBook-Pro-Modelle (15 Zoll), danach dann auch den Mac mini und das MacBook (13 Zoll). Mit Apples Bootcamp-Software können Nutzer seit April dieses Jahres auf den Intel-Plattformen nicht nur das hauseigene OS X, sondern auch Microsofts Betriebssystem Windows XP betreiben. Geschadet hat Apple dieser Schritt übrigens nicht, wie die Verkaufszahlen der vergangenen Quartale zeigen.

Intels Tabubruch

Entlassungen beim weltweit größten und stets erfolgreichen Prozessorbauer Nummer eins - wer hätte das für möglich gehalten? Im September erklärte das Unternehmen, 10.500 Beschäftigte oder zehn Prozent der Belegschaft abbauen zu wollen. CEO Paul Otellini stellte den Konzern neu auf, feuerte 1000 Führungskräfte, verkaufte die auf Smartphone-Chips spezialisierte Xscale-Division und kündigte an, sich vom Herausforderer AMD im Servergeschäft nicht mehr die Butter vom Brot nehmen lassen zu wollen.

Inzwischen pendeln sich die Geschäfte beim Marktführer offenbar wieder ein. Eine Produktoffensive half dem Unternehmen dabei: Nachdem erst vor wenigen Monaten eine neue Familie von Dual-Core-Chips auf den Markt gebracht worden war - unter anderem "Conroe", der Core 2 Duo für Desktops, und "Woodcrest", das Xeon-5100-Modell für Server, macht der Chipriese nun schon mit ersten Quad-Core-Prozessoren ernst. Angekündigt wurden der Core 2 Extreme QX6700 für Gamer und der Xeon 5300 für Server. Doch Konkurrent AMD schläft nicht: Im Frühjahr 2007 soll der Strom sparende Quad-Core-Chip Opteron 8000 für Server (Codename: "Barcelona") ins Rennen geschickt werden.

AMDs großer Coup

Für das neue Selbstbewusstsein des Intel-Rivalen spricht die größte Übernahme in der Geschichte von AMD: Für 5,4 Milliarden Dollar geht der kanadische Grafikchip-Hersteller ATI Technologies an den Prozessorhersteller. AMD wolle seine Prozessoren mit ATIs Chipsets integrieren, um konkurrierende Angebote zu Intels Technologieplattformen Centrino, Viiv und Vpro unterbreiten zu können, interpretieren Analysten. Der einzige unabhängige Anbieter von Grafikchips ist damit Nvidia.

HP überholt Dell

Seit Oktober ist nicht mehr Dell, sondern Hewlett-Packard der weltweit größte PC-Anbieter. Dell steckt seit ungefähr einem Jahr in einer handfesten Krise. Das Unternehmen reagierte, indem es

  • dem Prozessorpartner Intel untreu wurde und Server mit AMD-Prozessoren verkaufte,

  • die Preise senkte, um mehr Marktanteile zu gewinnen und

  • rund 100 Millionen Dollars ausgab, um mehr Vertriebs- und Call-Center-Profis anzuheuern. Die Maßnahmen scheinen Wirkung zu zeigen, wie das letzte Quartalsergebnis zeigte.

Doch auch der neue Marktführer HP hatte seine Sorgen. Patricia Dunn, Vorsitzende des Verwaltungsrats, wollte herausfinden, warum immer wieder Unternehmens-Interna binnen kürzester Zeit beim "Wall Street Journal" landeten. Sie kam auf die weniger gute Idee, die Kollegen im Board von Detektiven bespitzeln zu lassen: HP stürzte in eine Management-Krise, und Dunn musste gehen.

Gute Miene bei Fujitsu-Siemens

Dass bei einem 7,7-prozentigen Einbruch der Absatzzahlen in Europa und einem Schrumpfen des Marktanteils von 7,9 auf 6,5 Prozent die Welt in Ordnung ist, gibt es wohl nur bei Fujitsu-Siemens. Laut Unternehmenssprecher Bernd Bischoff ist es nicht Politik des Hauses, jeden Preiskampf auszufechten (siehe Interview). Außerdem stabilisiere sich der Markt, das "Blutbad" sei beendet. Allerdings kommt auch FSC um einen Stellenabbau und eine Steigerung der Wochenarbeitszeit nicht herum. (hv)