EMC setzt große Hoffnungen in Documentum 6

30.07.2007
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Sascha Alexander ist seit vielen Jahren als Redakteur, Fachautor, Pressesprecher und Experte für Content-Strategien im Markt für Business Intelligence, Big Data und Advanced Analytics tätig. Stationen waren unter anderem das Marktforschungs- und Beratungshaus BARC, die "Computerwoche" sowie das von ihm gegründete Portal und Magazin für Finanzvorstände CFOWORLD. Seine Themenschwerpunkte sind: Business Intelligence, Data Warehousing, Datenmanagement, Big Data, Advanced Analytics und BI Organisation.
Die neue Software für Enterprise Content Management will Kunden durch benutzerfreundliche Oberflächen und technische Finessen überzeugen.

Der Name Documentum steht für eine umfangreiche Produktfamilie für das Content- und Dokumenten-Management, um deren bessere Integration und Abstimmung ihrer Bestandteile sich EMC seit längeren bemüht. Bereits im vergangenen Jahr hatte die Unternehmensführung betont, mit der kommenden Version der "Documentum Platform" eine service-orientierte und offene Basis für die gemeinsame Verwaltung der diversen Module und Inhalte zu schaffen. Hierzu waren erhebliche Anpassungen an der bisherigen Architektur nötig, deren Ergebnis Documentum 6 ist. Laut Karin Ondricek, Senior Product Marketing Manager CMA (Content Management and Archiving), steht das Release auch für einen Strategiewandel, zu dem sich große ECM-Anbieter wie EMC oder IBM/Filenet gezwungen sehen: "Kunden wollen keine Produktsuiten mehr kaufen, sondern standardisierte, hochverfügbare Infrastrukturlösungen für Enterprise Content Management (ECM), auf denen sich Anwendungen aufsetzen lassen."

Um diese Vorgaben erfüllen zu können, hat EMC proprietäre oder zunächst nur gekapselte Schnittstellen aus der ECM-Infrastruktur entfernt sowie bisherige Methoden und Terminologien an einen allgemein üblichen Sprachgebrauch in der Industrie angepasst. Ein Ergebnis ist die Schnittstelle "ECM Enterprise Content Services". Sie verwendet laut Hersteller Web-Services-Standards und unterstützt die Entwicklung und Integration von ECM-Anwendungen in andere Unternehmensanwendungen im Sinne einer Service-orientierten Architektur (SOA) (zum Thema SOA siehe auch unseren Expertenrat). Die Schnittstelle bündelt bisherige ECM-Funktionen und kann beispielsweise über nur einen Dienst Verzeichnisse importieren oder verschiedene Datenobjekte ein- und auschecken. Neu ist auch der Plattformdienst "Documentum Branch Office Caching Service", der Operationen wie Lesen, Erstellen, Bearbeiten, Versionserstellung und Suche lokal im Cache vornimmt und dadurch vor allem in großen Benutzergruppen für annehmbare Antwortzeiten sorgen soll.

Neue Entwicklungsumgebung

Größere Veränderungen erwarten Documentum-Anwender ferner mit der Einführung des "Documentum Composer". Dieser ersetzt bisher separate Entwicklungs- und Konfigurationswerkzeuge wie den "Documentum Application Builder" und "Documentum Application Installer" durch eine auf dem Eclipse-Framework basierende und über Plug-ins erweiterbare Arbeitsumgebung. Mit ihr lassen sich laut Hersteller Anwendungen schneller als bisher entwerfen, anpassen, implementieren und warten. Ebenso verspricht Documentum 6 mehr Möglichkeiten zur Konfiguration der Lösungen. So können Anwender die Benutzeroberfläche individuell nach benötigten Funktionen, Aussehen, Workflows, Objektmodellen oder dem Kontext eines Dokuments (verschiedene Dokumententypen nutzen oder entfernen) mit wenigen Klicks anpassen, verspricht EMC-Managerin Ondricek. "Ich sehe so nur die Funktionen, die ich für meine Arbeit wirklich brauche."

Laut Produkt-Managerin Ondricek will Documentum nur noch auf Standards und verständlichen Terminologien setzen.
Laut Produkt-Managerin Ondricek will Documentum nur noch auf Standards und verständlichen Terminologien setzen.
Foto: EMC

Anders als in Presseberichten zu lesen war, bietet Documentum 6 jedoch nicht nur eine überarbeitete Produktarchitektur. Vielmehr hatte EMC bereits im Mai auf seiner Kundenveranstaltung "EMC World" weitere wichtige Neuerungen vorgestellt, die auch technisch weniger versierten Endanwender zugute kommen sollen. Hierzu zählt eine überarbeitete Suchmaske für Dokumentenabfragen sowie die Benutzeroberfläche "Webtop". Letztere ist nun rein Java-basierend und benötigt keine eigene Installationssoftware mehr. Sie ermöglicht zudem erstmals das Arbeiten mit Shortcuts per Tastatur und verspricht verbesserte Drag-and-drop-Funktionen. Speziell für eine Content-basierende Prozessintegration können Unternehmen die neue Benutzeroberfläche "TaskSpace" nutzen. Mit ihr werden Job-Funktionen oder Aufgaben grafisch konfiguriert, um Inhalte aus Documentum in transaktionale Workflows einzubinden. Beispiele sind Prozesse wie die Kredit-, Schadens- und Antragsbearbeitung oder die Eröffnung neuer Konten.

Ende der Umsatzdelle?

EMC setzt große Hoffnungen in Documentum 6, das rund zwei Jahre nach der letzten Version 5.3 auf den Markt kommt. Insbesondere der Verkauf von Software und Systemen für Content Management und Archivierung war im kürzlich beendeten zweiten Quartal weit hinter den Erwartungen geblieben. Als Ursachen machte der Hersteller eine Kaufpause bei Kunden sowie interne Umstrukturierungen bei Documentum aus, die das Lizenzgeschäft erschwert hätten. Laut Chief Executive Officer Joseph Tucci gibtes aber jetzt eine starke Nachfrage, die im Lauf des zweiten Halbjahres 2007 die Umsätze wieder auf das erhoffte Niveau bringen soll.

Zugleich geht die Integration zusätzlicher Documentum-Produkte in die Plattform weiter. Ein Kandidat ist die bisherige Collaboration-Software "eRoom", von der sich laut EMC-Managerin Ondricek bisher nur Kernfunktionen in Documentum nutzen lassen. Die Software für E-Mail-Archivierung "Email Xtender" ist ebenfalls ein eigenständiges Produkt, lässt sich aber nun auch in Documentum 6 einsetzen und kann dann dessen Repository verwenden. Künftig soll zudem das von EMC erworbene Produkt X-Hive in Documentum Eingang finden. Die X-Hive-Datenbank bietet den Vorteil, XML-Dokumente nativ speichern zu können. (as)