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Sturm im Netz

"FAS"-Artikel zum Grass-Gedicht verwirrt etliche

29.05.2012
Ein Artikel in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" über ein angeblich gefaktes Günter-Grass-Gedicht in der "Süddeutschen Zeitung" hat für Wirbel im Netz gesorgt.

"Dem Satiremagazin "Titanic" ist es gelungen, ein Gedicht unter dem Namen "Günter Grass" im Feuilleton der "Süddeutschen Zeitung" zu platzieren", stand am Wochenende zunächst online, dann gedruckt in der "FAS". Darauf brach im Internet ein Sturm der Häme gegen die "SZ" los - obwohl das Grass-Gedicht über die Griechenlandpolitik Europas gar kein Fake war.

"Das #Grass Gedicht zu Griechenland kam von der Titanic? Großartigst", hieß es am Abend beim Kurznachrichtendienst Twitter, und: "Ein dreifaches Huzzah für die Titanic!". "nein, bitte, ist das wahr? das neue grass-gedicht ist von titanic?", reagierten andere Nutzer ungläubig und folgten blind der Massenmeinung.

Die "SZ" hatte das Gedicht am Samstag veröffentlicht. Grass kritisiert darin, wie Europa mit dem Schuldenstaat Griechenland umgeht. Bereits am selben Tag hatte das Grass-Büro einer Veröffentlichung des Werks des Literaturnobelpreisträgers auch in anderen Medien zugestimmt.

Stefan Plöchinger, Chefredakteur von "Sueddeutsche.de", griff aus dem Urlaub in Paris ein und stellte klar: "Wer gerade wegen der FAZ an #Grass' Europa-Gedicht zweifelt, hier liest der Autor es selbst: http://www.ndr.de/ndrkultur/grass197.html" twitterte er. Und: "Ironie funktioniert nie. Aus den Tweets der vergangenen Stunden kann man das lernen..". Auf die verwirrte Frage eines Nutzers "So, wer wurde jetzt getrollt, die #FAZ oder die #SZ?" kam von ihm die Antwort: "Alle, die getwittert haben, die Titanic habe die SZ getrollt".

Der Autor des "FAS"-Artikels sieht seinen Beitrag nicht als Satire oder als Scherz. "Fiktion und Wahrheit sind ja nicht mehr wirklich zu unterscheiden", sagte Volker Weidermann der Nachrichtenagentur dpa am Sonntag. "Ob sich das jetzt die "Titanic" oder Günter Grass ausdenkt, ist für mich kein großer Unterschied." Entschuldigen in einem ernsthaften Sinne wolle er sich "ganz bestimmt nicht". "Günter Grass wird es immer weiter treiben mit der Absurdität seiner Selbstgewissheit und das ist dann genauso lustig, wie wenn es die "Titanic" schreibt." (dpa/tc)