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Porträt

Julian Assange - der "Blitzableiter" von Wikileaks

07.12.2010
Im Netz wird er als Held verehrt, für konservative US-Politiker wie Sarah Palin ist er ein Staatsfeind, der wie die Taliban radikal bekämpft werden muss.

Julian Assange ist das öffentliche Gesicht der Enthüllungsplattform Wikileaks. Er steht weltweit im Rampenlicht und lenkt alle Angriffe gegen Wikileaks auf sich. "Ich bin der Blitzableiter für Wikileaks", sagt Assange.

Julian Paul Assange wurde 1971 in Townsville, einem Ort im nördlichen Australien, geboren. In seiner Kindheit zog er mehrfach mit seinen Eltern um, die ein Wandertheater leiteten. Bereits als Jugendlicher beschäftigte er sich mit Computern und stöberte in Online-Netzwerken herum. Im Alter von 24 Jahren geriet Assange erstmals in Konflikt mit den Behörden, die ihm und einigen seiner Hacker-Freunde den Einbruch in geschützte Netzwerke vorwarfen.

In dieser Zeit wurde Assange stark von der amerikanischen Cyberpunk-Bewegung beeinflusst, die von einer Gesellschaft schwärmte, in der eine kleine Truppe von Eingeweihten dafür sorgt, dass niemand mehr Kontrolle über Inhalte ausüben kann und Informationen unzensierbar sind. Dieses Ideal hatte der Intel-Ingenieur Tim May 1994 in seinem Text "Cyphernomicon" beschrieben. Im Jahr 2006 gründete Assange mit dem amerikanischen Architekten John Young und einigen Freunden Wikileaks als Plattform für Enthüllungen im Internet.

Das System sollte als eine Art "toter Briefkasten" dienen, über den man anonym Dokumente zu Missständen und Skandalen einer weltweiten Öffentlichkeit zuführen kann. Schon nach wenigen Monaten überwarf sich Assange mit seinem Mitstreiter. Young wettert seitdem auf seiner Enthüllungs-Website Cryptome.org gegen Assange.

Andere Hacker und Cyberpunks konnte Assange jedoch fest an sich binden. Sie bleiben aber vollständig im Hintergrund. Beobachter sprechen Assange eine charismatische Ausstrahlung zu, mit der er seine Anhänger für die aufklärerische Arbeit begeistern könne. Er habe ursprünglich gewollt, dass die Enthüllungsplattform ohne öffentliches Gesicht bleibe, sagte Assange. Das habe aber nicht funktioniert: "Dadurch gab es viel ablenkende Neugier und zufällige Einzelpersonen, die uns angeblich repräsentierten."

Am Ende müsse jemand verantwortlich sein, betonte der Australier. "Und nur eine Führung, die bereit ist, in der Öffentlichkeit Mut zu zeigen, kann Informanten dazu bewegen, für das Allgemeinwohl Risiken auf sich zu nehmen." Daher sei er zum "Blitzableiter" geworden, sagte Assange: "Jeder Aspekt meines Lebens wird ungebührend angegriffen, aber dann werde ich manchmal auch unverdienterweise als eine Art ausgleichende Kraft dargestellt."

An der Sex-Affäre in Schweden, wegen der Assange nun festgesetzt wurde, entzündete sich aber auch innerhalb von Wikileaks eine Grundsatzdiskussion zum Führungsstil des 39-Jährigen. Der damalige Wikileaks-Sprecher Daniel Domscheit-Berg forderte im Sommer den Australier auf, seine Führungsposition ruhen zu lassen, solange die Vorwürfe nicht geklärt seien.

"Die Ermittlungen gegen Julian in Schweden sind aus meiner Sicht ein persönlicher Angriff auf ihn, aber sie haben nichts mit WikiLeaks zu tun", sagte Domscheit-Berg dem Nachrichtenmagazin "Spiegel", nachdem er von Assange "suspendiert" worden war. "Es hätte nichts dagegen gesprochen, wenn er im Hintergrund normal weitergearbeitet hätte. Er hat meinen internen Vorschlag aber offenbar als Angriff auf seine Rolle gesehen." (dpa/tc)