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Internet-Zensur in China

Sergey Brin ruft US-Regierung zum Handeln auf

24.03.2010
Von 
Thomas Cloer war Redakteur der Computerwoche.
Die US-Regierung sollte nach Ansicht von Google-Mitgründer Sergey Brin mit "hoher Priorität" gegen die Internet-Zensur in China vorgehen.
Google-Mitgründer Sergey Brin
Google-Mitgründer Sergey Brin
Foto: Google

Das sagte Brin im Gespräch mit der britischen Tageszeitung "The Guardian". Sowohl die Regierung von Präsident Barack Obama als auch Unternehmen sollten handeln, um Peking unter Druck zu setzen. "Ich hoffe fest, dass sie dem eine hohe Priorität geben", sagte Brin. "Menschenrechtsthemen sind genauso wichtig wie die Handelsthemen, die jetzt hohe Priorität genießen… Ich hoffe, man nimmt dies ernst."

Die Obama-Regierung hat in ihren öffentlichen Äußerungen den Konflikt zwischen Google und der chinesischen Regierung bislang eher heruntergespielt und geht davon aus, die Beziehungen zwischen beiden Ländern seien "stabil genug, um Uneinigkeiten auszuhalten".

Aus Sicht von Sergey Brin ist es indes notwendig, dass sich Obama des Themas explizit annimmt - nicht zuletzt deswegen, weil aufgrund der Bedeutung des Internets Wirtschaftsbeziehungen und Zensur untrennbar miteinander verquickt seien. "Dienstleistungen und Informationen sind unsere erfolgreichsten Exporte", so der Google-Gründer. "Wenn uns die Auflagen in China effektiv daran hindern, am Wettbewerb teilzunehmen, dann stellen sie eine Handelsschranke dar."

Brin räumte überdies ein, dass Google anfängliche Akzeptanz der chinesischen Zensurauflagen seit dem Jahr 2006 ein Fehler gewesen sei. "Wir waren immer gegen Zensur, haben aber jetzt offensichtlich deutlicher Stellung bezogen." Das wünscht sich Brin auch von anderen Unternehmen. "Ich würde mir wünschen, dass große Firmen nicht den Profit über alles andere stellen würden", sagte der Stanford-Absolvent. "Generell sollten Firmen darauf achten, wie und wo ihre Produkte benutzt werden."

Wegen ihrer Schmusekurse in China stehen verschiedene High-Tech-Firmen seit geraumer Zeit in der Kritik - beispielsweise der Netzausrüster Cisco Systems, der wichtige Komponenten für die chinesische Internet-Zensur ("Great Firewall") zuliefert.

Brin kritisierte in diesem Zusammenhang insbesondere den Google-Erzrivalen Microsoft. "Von ihnen bin ich ganz besonders enttäuscht", sagte der dem "Guardian". "So weit mir bekannt ist, haben sie praktisch keinen Marktanteil - sie haben sich also mehr oder weniger gegen Meinungsfreiheit und Menschenrechte ausgesprochen, einfach um Google Kontra zu geben."

Microsoft-Gründer Bill Gates hatte kurz nach Bekanntwerden der Hacker-Angriffe aus mutmaßlich China auf Google und andere US-Unternehmen im US-Fernsehen die Zensur in China als "sehr begrenzt" bezeichnet. "Sie müssen entscheiden: Wollen Sie sich an die Gesetze der Ländern halten, in denen Sie präsent sind oder nicht?" hatte Gates in der ABC-Show "Good Morning America" gefragt. "Falls nicht, machen Sie dort irgendwann wahrscheinlich keine Geschäfte mehr."

Die Hoffnung auf Veränderungen in China hat Sergey Brin aber offenbar noch nicht aufgegeben. "Ich hoffe, das politische System in China entwickelt sich so weiter, dass wir uns dort wieder direkter einbringen können", erklärte der Google-Mann. "Ich hoffe, das führt uns auf einen Weg, wo sich die Türen wieder weiter öffnen." Je mehr Unternehmen wie Google nur noch außerhalb der "Great Firewall" erreichbar seien, desto größer werde der Druck auf China werden.