Open Networking Foundation

Große Netzbetreiber wollen Innovation vorantreiben

22.03.2011
Von 
Thomas Cloer war Redakteur der Computerwoche.
Mit der Deutschen Telekom, Facebook, Google, Microsoft, Verizon und Yahoo! haben sich sechs TK- und Internetriesen zur Open Networking Foundation (ONF) zusammengeschlossen.

Neben den genannten Gründern sind außerdem noch Broadcom, Brocade, Ciena, Cisco, Citrix, Dell, Ericsson, Force 10, HP, IBM, Juniper Networks, Marvell, NEC, Netgear, NTT, Riverbed Technology sowie VMware zum Start mit von der ONF-Partie - ein ziemliches komplettes Who-is-who der Netzbranche.

Gemeinsam wollen die Unternehmen die Innovation der Netztechnik vorantreiben. Dabei setzen sie auf das sogenannte Software-Defined Networking (SDN) und konkret den im Entstehen begriffenen Standard OpenFlow. SDN funktioniert der Gründungserklärung zufolge in allen möglichen Netzen - inklusive Data Centers, Wide-Area-Telekommunikation, Funk-, Unternehmens- und Heimnetze - mit "relativ einfachen" Software-Änderungen.

Die Betreiber sollen vermittels SDN in die Lage versetzt werden, das Verhalten ihrer Netze schneller und besser "an ihre eigenen sowie die Bedürfnisse ihrer Kunden anzupassen". Als Beispiel nennt ONF die Möglichkeit, in Rechenzentren Strom zu sparen, indem ausgewählte Router außerhalb von Spitzenlastzeiten in den Ruhezustand versetzt werden.

Der SDN-Ansatz wurde nach Angaben der ONF über sechs Jahre hinweg gemeinsam an den US-Spitzenuniversitäten Stanford und Berkeley entwickelt. Er basiert auf zwei Kernkomponenten - der Software-Schnittstellen OpenFlow, die kontrolliert, wie Datenpakete durch Netz-Switches weitergeleitet werden, und einem Satz übergreifender Verwaltungs-Schnittstellen, die als Grundlage für ausgefuchstere Management-Tools dienen können.

Im Wesentlichen verlegt SDN die Control Plane von Netzgeräten in Software, die dann auch auf Commodity-Servern abseits der Spezial-Hardware laufen kann. Mit "NOX" gibt es sogar bereits einen quelloffenen OpenFlow-Controller, der es Designern erlaubt, Netzsteuerungssoftware in High-Level-Sprachen wie Python zu schreiben. Gleichzeitig gibt es bei SDN verschiedene Bestrebungen, auch die Data Plane selbst programmierbarer zu gestalten, auch in Form von Hardware (FPGAs, GPUs, Server-Cluster).

Die ONF will OpenFlow zunächst übernehmen, dann weiterentwickeln und überhaupt allen Mitgliedsfirmen kostenlos in Lizenz geben. Anschließend will die Branchenallianz mit der Definintion der globalen Management-Interfaces beginnen.

"Mit Software-Defined Networking werden Netze sich schneller als heutzutage möglich weiterentwickeln und optimieren können", erklärte Urs Hoelzle, President und Chairman der ONF und hauptberuflich Senior Vice President of Engineering bei Google. "Wir erwarten, dass SDN dabei hilft, Netze mit der Zeit sowohl sicherer als auch zuverlässiger zu machen." Jonathan Heiliger, Vice President of Technical Operations bei Facebook,ergänzt: "Wir rufen neue Mitglieder ausdrücklich dazu auf, uns bei diesem Vorhaben zu unterstützen."

Als Executive Director soll im Übrigen ab dem 1. April der Branchenveteran Dan Pott die Geschäfte der ONF führen.

Die Trennung von Packet Switching und Kontrollfunktionen dürfte es jedenfalls zum einen den großen Internet-Playern erleichtern, eigene "Netzbetriebssysteme" für ihre ganz speziellen Anforderungen zu schreiben. "Das öffnet eine Büchse der Pandora der Kreativität", zitiert "Gigaom" Facebook-Mann Heiliger. Zum anderen könnte sie aber auch die Ökonomie des Rechenzentrums umkrempeln - Autor Om Malik vergleicht dazu gleich noch das Aufkommen von x86-Servern als Todesstoß für die riesigen "E10"-RISC-Monster von Sun Microsystems mit SDN/Openflow als Bedrohung für die teure Netzhardware von Cisco, Juniper und Force 10. Ob es so weit kommt, bleibt freilich abzuwarten.