4. Nationaler IT-Gipfel

Die Stuttgarter Erklärung im Wortlaut

09.12.2009
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
In der so genannten Stuttgarter Erklärung schrieben Politik und Industrie im Rahmen des vierten IT-Gipfels die IT-Agenda der unmittelbaren Zukunft fest.

Auf neue, herausragende Leuchtturmprojekte warteten die Teilnehmer des vierten IT-Gipfels in Stuttgart vergebens. Im Mittelpunkt des diesjährigen Events stand vielmehr, Erreichtes (wie D 115, die Breitbandinitiative der Kanzlerin, Green-IT etc.) fest zu zurren und aus dem Pilotstadium in konkrete, wirtschaftliche Projekte umzusetzen, die auch neue Arbeitsplätze bringen sollen.

Pläne hierzu konkretisierte der Gipfel in der Stuttgarter Erklärung, als Aufforderung "Vernetzt die digitale Zukunft zu gestalten". Aufgrund ihrer fundamentalen Bedeutung als Eckpapier der Bundesregierung zur ITK-Poltik, präsentieren wir Ihnen die Erklärung hier im vollständigen Wortlaut:

Die Stuttgarter Erklärung

Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) sind Treiber für Wachstum und Innovation. Gerade in der aktuellen wirtschaftlichen Krise und einem zunehmenden globalen Wettbewerb sind sie daher von ganz besonderer Bedeutung für den Standort Deutschland. Es gilt jetzt den ökonomischen und ökologischen Hebel durch IKT auf die gesamte deutsche Wirtschaft und für die öffentliche Verwaltung gezielt zu nutzen, die Grundlagen des IKT-Standortes Deutschland durch konkrete Maßnahmen konsequent zu stärken und damit die bestehenden Chancen für neue Wachstumsimpulse und Arbeitsplätze zu ergreifen. Zudem sind die großen Herausforderungen wie Klimaschutz und Energieeffizienz, Mobilität, Gesundheit und demografischer Wandel, aber auch Sicherheit ohne IKT nicht zu lösen. Gleichzeitig sind dies Themen, bei denen wir die Stärken des IKT-Standortes Deutschland bei Software, IT-Dienstleistungen und bei Green IT mit der Innovationskraft unserer Kernindustrien Automobil, Luftfahrt, Elektro- und Maschinenbau sowie dem Mittelstand erfolgreich verbinden können. Die Gestaltung unserer digitalen Zukunft in einer zunehmend vernetzten Welt erfordert entschlossenes und gemeinschaftliches Handeln von Politik, Wirtschaft und Wissenschaft.

Die Bundesregierung wird im Sommer 2010 eine neue IKT-Strategie vorlegen. Mit den nachfolgenden Initiativen wollen wir einen Beitrag zu ihrer raschen Umsetzung leisten.

Die Grundlagen für nachhaltiges Wachstum stärken

Der Einsatz und die Integration von IKT in Produkten und Dienstleistungen sind unverzichtbar geworden. IKT ist eine Schlüsseltechnologie, weil sie Innovationen erschließt. Deutschland ist ein Innovationsstandort erster Klasse. Diese Position gilt es auszubauen und zu erweitern. Hierfür werden Politik, Wirtschaft und Wissenschaft in der neuen Legislaturperiode in einer gemeinsamen Anstrengung die Grundlagen für ein nachhaltiges Wachstum weiter stärken.

Breitbandstrategie weiterhin zügig umsetzen

Modernste, energieeffiziente Hochgeschwindigkeitsnetze sind die Basis des zukünftigen Erfolgs des Wirtschaftsstandortes Deutschland im globalen Standortwettbewerb. Nach neuesten Studien werden durch den Breitbandausbau bis zum Jahr 2020 quer über alle Branchen europaweit mindestens 1 Million neue Arbeitsplätze geschaffen. Deshalb werden die in der Breitbandstrategie der Bundesregierung geplanten und im Koalitionsvertrag bestätigten Maßnahmen zum flächendeckenden Breitbandausbau und zum beschleunigten Ausbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen weiterhin zügig umgesetzt. Hierzu zählen insbesondere ein moderner investitions- und innovationsfreundlicher Regulierungsrahmen, der kommerziellen Lösungen und Kooperationen Vorrang einräumt (Umsetzung des neuen EU-Rechts), eine möglichst baldige Nutzung der sog. "digitalen Dividende" und die Schaffung von Synergieeffekten durch Transparenz bezüglich aller schon vorhandener Infrastrukturen (Telekommunikations-, Kabel-, Strom-, Gas- sowie Wassernetze) zum Aufbau der Hochgeschwindigkeitsnetze.

"Zukunftsinitiative Intelligente Netze" starten

Wir werden uns im Rahmen der neuen IKT-Strategie dem Thema Intelligente Netze widmen, um für Deutschland eine internationale Vorreiterrolle beispielsweise bei Verkehrstelematik, Gesundheitsversorgung, E-Energy, E-Learning und E-Government sicherzustellen. Wir werden die Integration der IKT in einer branchenübergreifenden Zusammenarbeit für nachhaltiges Wirtschaftswachstum voran treiben. Allein bei umweltschonenden IT-Lösungen kann Deutschland bis 2020 ein Umsatzpotenzial von

etwa 82 Milliarden Euro erschließen.

Wir werden Unterstützung bei der Einführung neuer Internet-Technologien, wie zum Beispiel dem effektiveren Internetprotokoll IPv6 leisten. Der IPv6 Rat wird dazu unter anderem eine hochrangige Konferenz durchführen.

Forschung und Entwicklung (FuE) in Markterfolge umsetzen

Die Bundesregierung hat sich nachdrücklich zur Priorität für Bildung und Forschung bekannt. Dies wird sich positiv auf die Forschungsförderung im Bereich IKT niederschlagen. Konkret wird die Bundesregierung die gerade für IKT-Firmen wichtige Mittelstandsförderung im Rahmen des Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand (ZIM) weiterführen und die mit KMU-innovativ geschaffene Überholspur für exzellente KMU weiter ausbauen. Sie wird die IT-Sicherheitsforschung stärken, den Aufbau eines Kompetenzzentrums IT-Sicherheitsforschung fördern und dafür Anfang 2010 einen öffentlichen Wettbewerb starten. IKT-Systeme, die insbesondere Treiber für Innovationen in der Automobil-, Luftfahrt-, Elektro- und Maschinenbauindustrie sind (so genannte "Embedded Systems"), werden als Schwerpunkt der IKT-Förderung verankert. Außerdem werden wir neue Forschungs- und Ausbildungspartnerschaften von Wirtschaft und Hochschulen unterstützen.

Wir streben eine steuerliche FuE-Förderung an, die bewährte Fachprogramme, insbesondere für den innovativen Mittelstand, sinnvoll ergänzt.

IT-Investitionsprogramm fortführen

Mit dem IT-Investitionsprogramm investiert der Bund unter Führung des Beauftragten der Bundesregierung für Informationstechnik 500 Millionen gezielt in Wachstumsbereiche der IKT-Wirtschaft. Wir wollen dieses Programm weiterhin zügig durchführen.

Durch Vernetzung neues Wachstum schaffen

Auf der Grundlage einer modernen Infrastruktur wird IKT zum Treiber für Innovationen in den in Deutschland starken Anwendungsbereichen und Grundlage für neue Produkte, Verfahren und Dienstleistungen. Wenn wir Deutschlands Stärke als Anbieter von Systemlösungen gezielt einbringen, werden wir an den großen neuen Wachstumschancen teilhaben. Wir werden dabei vor allem die Potentiale der IKT und des Internets für mehr Effizienz und Mobilität zur Bewahrung unserer natürlichen Ressourcen und zur Bewältigung der großen gesellschaftlichen Herausforderungen konsequent nutzen.

Gerade im Zusammenwirken von industrieller Kompetenz und IKT haben wir die Chance mit "Green made in Germany" einen neuen Markenkern zu entwickeln, der globale Wachstumschancen für die deutsche Industrie bietet. Wir wollen "grüne" Lösungen fördern und rasch im deutschen Markt etablieren. Zugleich leisten wir damit einen signifikanten Beitrag zur Reduzierung der CO2-Emissionen. In der Studie "SMART 2020 Deutschland" wird konkret aufgezeigt, wie durch den Einsatz von innovativen IKT-Lösungen die CO2-Emissionen in Deutschland in 2020 gegenüber 1990 um bis zu 30 Prozent reduzieren werden können.

Auf dieser Basis wollen wir durch intelligente Netze und eine industrieübergreifende Vernetzung neues Wachstum in vier Kernbereichen schaffen.

Software und Internet

Deutschland ist schon heute einer der wichtigsten Software-Entwicklungsstandorte der Welt. Software ist die Schlüsseltechnologie für Innovationen schlechthin. Überdurchschnittlich viele hochwertige Arbeitsplätze entstehen in Deutschland im Software-Sektor. Um diese Stärken weiter auszubauen werden wir unsere Aufmerksamkeit bei der neuen IKT-Strategie besonders auf diesen Bereich richten. Wichtige Ziele sind unter anderem die Stärkung der Software-Kompetenz in Deutschland, die weitere Förderung von Unternehmenskooperationen, Cluster und innovativen Geschäftsmodellen für kleine und mittlere Unternehmen sowie die stärkere Berücksichtigung von Software bei der Förderung von Forschung und Entwicklung.

Beim Internet der Dinge geht es um innovative Wachstumsfelder für die Verknüpfung von intelligenten Objekten, die entscheidende Impulse für mehr Effizienz und Qualität in Anwendungsfeldern wie Service Robotik, Maschinen- und Automobilbau, Logistik und vernetztes Heim auslösen sollen. Wichtige Leuchtturmprojekte sind Autonomik, Allianz digitaler Warenfluss und die Initiative

Connected Living.

Der neue Schwerpunkt "Autonomik - Autonome und simulationsbasierte Systeme für den Mittelstand" zielt auf eine neue Generation von intelligenten Werkzeugen und Systemen, die sich via Internet vernetzen, Situationen erkennen und Nutzer intelligent unterstützen. Für die Vorhaben stehen insgesamt 70 Millionen Euro (davon 35 Millionen Euro FuE-Förderung) zur Verfügung.

Die Allianz Digitaler Warenfluss, bei der durch die Verbindung von realem Warenfluss und digitalen Datenströmen die Effizienz von komplexen Prozessen in Produktion und Warenwirtschaft wesentlich gesteigert und zugleich Logistikprozess ökologisch optimiert werden, wurde von deutschen Unternehmen und Forschungseinrichtungen gemeinsam gegründet. Die Bundesregierung fördert das Projekt mit 17,7 Millionen Euro. Von der Wirtschaft werden in die Allianz und in die Technologie 40 Millionen Euro investiert.

Die neue Initiative Connected Living- Heimvernetzung für mehr Energieeffizienz, Komfort sowie gesundes und altersgerechtes Leben - wurde gemeinsam von Unternehmen, wissenschaftlichen Institutionen und weiteren Partnern auf den Weg gebracht. Sie zielt insbesondere auf die Entwicklung von Interoperabilitätsstandards für die intelligente Vernetzung von Unterhaltungselektronik, IKT, Gebäudetechnik und

Weißer Ware.

Beim Internet der Dienste geht es um neue Geschäfsfelder für Dienstleistungen wie zum Beispiel "Cloud Computing"oder die Bereitstellung von Software über das Internet. Diese werden gerade für KMU immer bedeutsamer, da sie Kostenvorteile bieten und unternehmensinternen Aufwand reduzieren.

Mit dem Leuchtturmprojekt THESEUS werden wesentliche Grundlagen für den Aufbau des Internet der Dienste gelegt. Zukünftig kommt es darauf an, die breite Nutzung der erzielten Ergebnisse, insbesondere die Akzeptanz der im Rahmen von THESEUS entwickelten Standards und offen gelegten Schnittstellen am Markt voranzutreiben.

Beispielsweise wird an einer einheitlichen Beschreibung von Diensten gearbeitet (Universal Service Description Language USDL), so dass Dienste im Internet eindeutig

identifiziert, leicht miteinander verknüpft und dadurch die Transaktionen mit ihnen entscheidend erleichtert wird.

Green IT-Aktionsplan zügig umsetzen

IT in allen Industrien und Unternehmen muss als Green IT den Herausforderungen des Umweltschutzes gerecht werden. Ein Jahr nach Verabschiedung des Aktionsplans Green IT Pionier Deutschland haben Bundesregierung, Unternehmen und Wissenschaftler Bilanz gezogen und einen Fortschrittsbericht vorgelegt. Alle 2008 angekündigten Initiativen und Maßnahmen wurden im Laufe des Jahres 2009 in Angriff genommen und vorangetrieben. Der Prozess wurde durch neue zusätzliche Studien vertieft und durch Aufnahme des Dialogs mit den Bundesländern und Kommunen sowie den internationalen Organisationen in die Breite getragen.

Jetzt muss es darum gehen, den Prozess durch kommunikative Maßnahmen und konkrete Selbstverpflichtungen von Unternehmen in Deutschland auch in Industrie und Dienstleistungen in die Anwendung zu bringen. Im CIOcolloquium aktive Unternehmen streben die Einführung einer Selbstverpflichtung bei der Beschaffung von energieeffizienter IT bis zur CeBIT 2010 an. Die Einkaufsrichtlinien, nicht nur von im CIOcolloquium organisierten Unternehmen, sollen entsprechend ausgerichtet werden.

Die Bundesregierung startet zum IT-Gipfel im Dezember 2009 das Leuchtturmprojekt IT2Green. Es ist als Technologiewettbewerb angelegt, der rund 60 Millionen Euro mobilisieren soll. In Anwendungsszenarien für Mittelstand, Verwaltung und Wohnen sollen systemoptimierende Projekte für den energie- und

umwelteffizienten IKT-Einsatz entwickelt und erprobt werden, zum Beispiel durch zeitzonenübergreifendes Last-Management von Rechenzentren, Nutzung von

Cloud-Computing und Thin Clients.

E-Energy bedeutet "Smart Grids made in Germany". Mit diesem Leuchtturmprojekt stellt sich die IKT-Wirtschaft gemeinsam mit der Energiebranche den zukünftigen klima- und energiepolitischen Herausforderungen. Die Fortschritte in den 6 von der Bundesregierung mit geförderten E-Energy Modellregionen (Gesamtvolumen: 140 Millionen Euro) machen deutlich, dass E-Energy eine Schlüsselbedeutung hat für den wirtschaftlichen Ausbau der erneuerbaren und dezentralen Stromproduktion, die Integration der Elektromobilität in das Gesamtenergiesystem und die Liberalisierung der Energiemärkte.

Mit intelligenter Vernetzung in Industrie, Energie und Verkehr an die Weltspitze kommen

Am Standort Stuttgart lässt sich besonders gut verdeutlichen, wie IKT zu einer umweltfreundlicheren Mobilität im Rahmen des von der Bundesregierung geförderten Projekts MeRegioMobil beitragen kann, zum Beispiel durch innovative Abrechnungssysteme für Elektroautos, die Schaffung neuer Geschäftsmodelle für Mobilitätsdienstleistungen (Car to go) oder durch die Kopplung von intelligenten Hausgeräten mit Elektroautos (intelligentes Heim). Die Bundesregierung wird sechs weitere Modellregionen zur Förderung der IKT für Elektromobilität schaffen (Gesamtvolumen: 120 Millionen Euro).

Als Teil einer E-Mobility-Strategie sollte zudem die vorhandene Infrastruktur zur Erfassung und Erhebung der Autobahngebühr von LKWs weiter ausgebaut und für Mehrwertdienste geöffnet werden, um den Binnenmarkt zu stärken und diese Technologie zum Standard in Europa zu machen.

Eingebettete Systeme ("Embedded Systems") sind Treiber für Innovationen in der Automobil- und Luftfahrtindustrie sowie Elektrotechnik und Maschinenbau. Darüber hinaus sind sie ein kritischer Erfolgsfaktor für die Entwicklung hin zum Internet der Dinge und Dienste. Wir wollen Deutschlands Stärke im Bereich der Eingebetteten Systeme systematisch ausbauen, damit Exportgüter "made in Germany" weltweit konkurrenzfähig bleiben und die großen gesellschaftlichen Herausforderungen (Gesundheit, Energieeffizienz/Klimaschutz, Sicherheit und Mobilität) erfolgreich angegangen werden können. Dafür legen Wirtschaft, Wissenschaft und Politik gemeinsam eine strategische Forschungsagenda "Embedded Systems" anlässlich des 4. IT-Gipfels vor. Als prioritäre Handlungsfelder wurden unter anderem die industrielle Entwicklung und Produktion von Embedded Systems sowie deren Einsatz im Dienste von Mensch und Umwelt identifiziert.

Gesundheit und Demografie adressieren

Die im Zuge der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte aufgebaute Telematik-Infrastruktur schafft Grundlagen, um die Vorteile des IKT-Einsatzes im Gesundheitswesen flächendeckend nutzen zu können. Es werden Synergieeffekte, Kosteneinsparungen, verbesserte und vereinfachte Verwaltungsprozesse und beschleunigte Informationsübermittlungen realisierbar. Neben der Möglichkeit, für eine optimierte Behandlung aktuelle Patientendaten nutzen zu können, leisten auf dieser Basis mögliche zusätzliche Anwendungen wie zum Beispiel die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung oder die Realisierung elektronischer Meldeprozesse Beiträge, die Mehrwerte für eine Vielzahl von Beteiligten erschließen.

Das Internet gewinnt als Quelle medizinischer Informationen zunehmend an Bedeutung für den Bürger. Umso wichtiger ist die Verfügbarkeit zuverlässiger, qualitätsgesicherter Informationsangebote. Mit PharmNet, dem amtlichen Arzneimittelinformationsportal, werden zum Beispiel Fach- und Gebrauchsinformationen zu Medikamenten bereit gestellt. Im Rahmen des Aktionsplanes zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) in Deutschland soll das Angebot verbessert und erweitert werden.

IKT kann insbesondere ältere und kranke Menschen in der Erledigung ihrer täglichen Aufgaben, sowohl im beruflichen Umfeld als auch zu Hause oder unterwegs unterstützen. Sie können so länger mobil bleiben und ein unabhängiges, selbstbestimmtes Leben führen. Um den Herausforderungen einer alternden Gesellschaft besser begegnen zu können, fördert die Bundesregierung Assistenz- und Mobilitätslösungen und wird die Förderung der interdisziplinären Forschung hierzu weiter ausbauen. Auf dem dritten Deutschen Assisted Ambient Living-Kongress im Januar 2010 sollen wissenschaftliche Fragestellungen diskutiert und Lösungsansätze zu neuartigen Technologien und Dienstleistungen gegeben werden.

Vertrauen und Sicherheit im Netz festigen

Das Internet ist eines der freiheitlichsten Medien und Kommunikationsmittel überhaupt. Es hat unsere Informations- und Konsumgewohnheiten verändert; es prägt unser soziales Miteinander und es bietet auch für die demokratische Teilhabe enorme Chancen. Genutzt werden können diese Freiheiten aber nur, wenn Bürger und Wirtschaft dem Internet vertrauen.

Der Missbrauch von Identitäten und Betrug im Internet, Missbrauch persönlicher Daten, Diebstahl von geschützten Inhalten, die Verbreitung illegaler Inhalte und auch die Nutzung des Internet als "Tatmittel" für Kriminalität (etwa Botnetze) gefährden das Vertrauen von Wirtschaft und Bürgern in das Internet. Staat und Wirtschaft wollen zusammenwirken, um die Bedürfnisse der Menschen nach Freiheit, Sicherheit und Vertrauen auch im virtuellen Raum zu erfüllen. Hierzu sind vielfältige Maßnahmen erforderlich:

Mehr Rechte und Eigenverantwortung für die "Netzbürger"

Der Ausbau und die bessere Umsetzung der Schutz- und Individualrechte der Bürgerinnen und Bürger im Daten- und Verbraucherschutz unterstützen die Entwicklung des Internet der Zukunft und die Nutzung der neuen Medien. Ohne Vertraulichkeit der Kundendaten gibt es auch kein Vertrauen in das Internet. Daher müssen Politik und Wirtschaft Rahmenbedingungen schaffen, welche die Bürger zum Gebrauch des Internets ermutigen. Das setzt aber voraus, dass die Nutzer selbst bestimmen können, wer ihre Daten verwendet und an welche Stellen ihre persönlichen Informationen weitergegeben werden. Für mehr Teilhabe an politischen Prozessen und die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle in der Wirtschaft ist eine elektronische Verfügbarkeit staatlicher Informationen im Internet von großer Bedeutung.

Bessere Erreichbarkeit des Staates auch im Netz

Die öffentliche Verwaltung in Deutschland steht für Rechtssicherheit und Zuverlässigkeit. Die Modernisierung der Verwaltung durch IKT muß weiter vorangetrieben werden, um mehr Transparenz, Bürgernähe und Servicequalität zu erreichen.

Wir prüfen die Möglichkeit, mit einem E-Government-Gesetz die Anforderungen an elektronische Verfahren zu reduzieren und zu vereinheitlichen sowie eine einheitliche Plattform für die elektronische Kommunikation und für durchgängige Prozessketten zwischen Unternehmen und Staat aufzubauen. Positive Erfahrungen aus der Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie und dem Konzept des einheitlichen Ansprechpartners werden einfließen.

Die zwischen Bund, Ländern und Kommunen diskutierten Eckpunkte einer nationalen E-Government-Strategie sind eine wichtige Voraussetzung für ein föderales und kooperatives E-Government in Deutschland und sollen Arbeitsgrundlage und Agenda es neuen IT-Planungsrats sein.

Wirtschaft und Staat unterstützen Modellregionen für Bürokratieabbau und für kooperatives E-Government in föderalen Strukturen, wie zum Beispiel die Metropolregion

Rhein-Neckar. In den Modellregionen werden zügig übertragbare Methoden und Technologien für ein effizientes, zukunftsweisendes E-Government in Zusammenarbeit mit Wissenschaft und Wirtschaft entwickelt und erprobt.

Die einheitliche Behördenrufnummer D115 ist ein großer Erfolg des bisherigen ITGipfel-Prozesses. Wir unterstützen den flächendeckenden und Ebenen übergreifenden Ausbau bis 2013.

Sicherheit schafft Vertrauen

Die Verantwortung für die Sicherheit im Netz muss fair und gerecht verteilt sein. Eine stärkere Sensibilisierung und Aufklärung der Bürger muss ergänzt werden durch sichere Online-Angebote und Infrastrukturen, für die Unternehmen und Staat sorgen. Um bestehende Angebote zur Förderung der Medienkompetenz besser bekannt zu machen, wurde zum IT-Gipfel eine entsprechende Übersicht für jedermann verfügbar gemacht.

Wir unterstützen den neuen Personalausweis, der am 1. November 2010 eingeführt wird. Er wird als vielseitige, offene und sichere Möglichkeit für die Identifizierung und Authentisierung sowie für die elektronische Signatur zur Verfügung stehen und helfen, das Vertrauen der Bevölkerung in elektronische Geschäfte über das Internet zu steigern und Internetkriminalität zu bekämpfen.

Mit De-Mail schaffen Staat und Wirtschaft gemeinsam ein Angebot, über das Unternehmen, Bürger und die Verwaltung rechtssicher im Internet elektronische Nachrichten austauschen können. Die auf dem letzten IT-Gipfel beschlossene Pilotierung von De-Mail wurde Anfang Oktober in der Stadt Friedrichshafen begonnen. Wir setzen uns dafür ein, das De-Mail-Gesetz im Anschluss an die Pilotierung zügig zu verabschieden.

Besondere Gefahren für die Verfügbarkeit der Netze stellen illegal übernommene, ferngesteuerte IKT (PC, Laptops, Handhelds, Mobile Phones etc.) dar, die zu so genannten Botnetzen zusammengeschlossen werden. Zur Erhöhung der IT-Sicherheit wird der Branchenverband eco gemeinsam mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) ein Konzept für die Einrichtung eines providerübergreifenden Beratungszentrums zur Unterstützung bei der Beseitigung von Schadprogrammen erarbeiten. Der Branchenverband eco beabsichtigt, eine "Deutsche Anti-Botnetz-Initiative" als Handlungsversprechen in den Verein "Deutschland sicher im Netz e.V." einzubringen.

Datenschutz stärkt Vertrauen

Die IT-Wirtschaft ist auf das Vertrauen der Kunden beim Umgang mit personenbezogenen Daten angewiesen. Zur Stärkung dieses Vertrauens kann die Einrichtung einer Stiftung Datenschutz erheblich beitragen.

E-Justice als Motor für E-Government

Der verstärkte Einsatz der Informationstechnik in der Justiz, insbesondere bei der Aktenführung und bei der Kommunikation zwischen Gerichten und Behörden mit Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, Notarinnen und Notaren macht die Arbeit der Justiz effizienter und verbessert den Zugang zum Recht. Durch E-Justice erhalten Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen wichtige Informationen - beispielsweise aus dem Handelsregister - schneller und komfortabler, so dass auch Unternehmensgründungen erheblich vereinfacht werden.

Das neue elektronische europäische Mahnverfahren ist als Sieger des E-Government-Award 2009 ein positives Beispiel für länderübergreifende E-Justice Prozesslösungen.

Wissensbasierte IT-Systeme ermöglichen die Darstellung von juristischen Regelwerken. Auf diese Weise können elektronisch gestützte Fachverfahren einfach an sich ändernde rechtliche Rahmenbedingungen angepasst werden. In Modellvorhaben sollten wissensbasierte Rechtssysteme entwickelt und erprobt werden.

Bildung auf die vernetzte Gesellschaft ausrichten

Die Potentiale der IKT für Bildung und Qualifizierung werden noch immer zu wenig genutzt. Die Wissens- und Informationsgesellschaft erfordert ein flexibles, lebenslanges Lernen. Und mehr denn je brauchen wir hierfür eine globale Vernetzung, die die weltweit vorhandene Intelligenz lokal verfügbar macht.

Mit der von Bund, Ländern und Kommunen gemeinsam getragenen Initiative zur Errichtung einer Deutschen Digitalen Bibliothek sollen die Bestände von über 30.000 Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen erstmals über ein nationales Zugangsportal Schritt für Schritt online für jedermann zugänglich gemacht werden. Dies erfolgt mit Unterstützung der neuen Technologien und Dienste aus dem Leuchtturmprojekt THESEUS .

Um mehr Menschen für naturwissenschaftlich-technische Berufe zu gewinnen, wird die berufliche Aus- und Weiterbildung weiterentwickelt und die Durchlässigkeit zur Hochschulbildung verbessert. Deutschland braucht mehr Fachkräfte in den so genannten MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik).

Das Nachwuchsbarometer Technikwissenschaften von acatech und VDI setzt an dieser Stelle an. Das BMBF-Projekt erbringt erstmals eine umfassende und kontinuierliche Trendbeobachtung hinsichtlich der individuellen und gesellschaftlichen Einflüsse auf Techniksozialisation, Technikbildung und Image der MINT-Fächer und -Berufe in Deutschland.

Wir wollen die Entwicklung der IKT hin zu den konkreten Anwendungen stärken und dafür Studiengänge stärker anwendungsbezogen gestalten. Deutschland braucht sowohl exzellente Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler als auch qualifizierte Hochschulabsolventen mit Anwendungs- und Systemkompetenz.

Wir wollen die eSkills und IT-Kompetenz der so genannten "Digital Natives" stärker nutzen. Um deren Anforderungen an veränderte Rahmenbedingungen in Unternehmen und im Bildungssystem verstärkt in die politische Diskussion einzubeziehen, wird der in der Initiative DNAdigital begonnene Dialog zwischen jungen Menschen der Internetgeneration und Entscheidern aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft weitergeführt und intensiviert. Die konsequente Förderung und Entwicklung von IT-Querschnittskompetenzen in kleinen und mittleren Unternehmen ist für Wachstum und Produktivitätssteigerung ein zentraler Hebel. Hierzu sollen systematisch Anreize für Unternehmer geschaffen werden, noch stärker in berufsbegleitende IKT-Weiterbildungsmaßnahmen zu investieren.

Wir wollen zusammen mit den Sozialpartnern eine Initiative zur Medienbildung - Bildung mit Medien starten, um die Kompetenzen in einer digital geprägten Kultur zu stärken und so die gesellschaftliche Teilhabe sowie die Ausbildungs- und Erwerbsfähigkeit zu verbessern.

Ausblick

Der Nationale IT-Gipfel hat eine erfolgreiche Partnerschaft zwischen Politik, Wirtschaft und Wissenschaft etabliert. Seit dem ersten IT-Gipfel 2006 wurden wesentliche Impulse für den IKT-Standort Deutschland gesetzt und eine Vielzahl konkreter Projekte erfolgreich umgesetzt.

Wir werden diese Partnerschaft weiter stärken und dabei die wesentlichen Zukunftsthemen einer vernetzten Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft in den Vordergrund rücken. Es gilt dabei, neue Wachstumsfelder zu erschließen und die Modernisierung der IT in der Verwaltung voranzutreiben. Wir wollen mit der weiteren Zusammenarbeit im IT-Gipfel einen entscheidenden Beitrag zur Umsetzung der IKT-Politik der Bundesregierung in dieser Legislaturperiode leisten. Die Bundesregierung wird daher bis zum Sommer 2010 eine umfassende Strategie zur digitalen Zukunft Deutschlands vorlegen. Wir werden die Zusammenarbeit im Rahmen des IT-Gipfels an die neuen Herausforderungen anpassen. Der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie wird nach dem IT-Gipfel einen Vorschlag vorlegen.