MWC12

Kampf um den Mobilfunkmarkt der Zukunft fängt erst an

01.03.2012
Sieht man sich die Kräfteverteilung auf dem Smartphone-Markt an, ist es eine klare Sache: Android gehört die Hälfte, ein Viertel halten die iPhones von Apple.

Die anderen Plattformen wie Blackberry von RIM, Bada von Samsung, Windows Phone von Microsoft und Nokias Symbian müssen sich den Rest teilen. Der Mobile World Congress in Barcelona geriet anfangs weitgehend zur Androiden-Schau - so dominierend waren Geräte mit dem Google -Betriebssystem unter den Neuheiten. Doch es wurde auch deutlich, dass der Wettstreit um das Mobilfunk-Geschäft gerade erst losgeht.

Heute machen Smartphones knapp ein Drittel der verkauften Mobiltelefone aus. Das heißt: Sieben von zehn Geräten sind immer noch einfache Handys. Es gibt noch einen riesigen Markt in kürzester Zeit zu erschließen. Einige Analysten schätzen, dass sich der Smartphone-Absatz zum Jahr 2015 auf 1,5 Milliarden verdreifachen könnte.

Die jüngste Geschichte der Mobilfunkindustrie zeigt, dass hohe Marktanteile in dem schnell wachsenden Geschäft für nichts garantieren sind. Vor wenigen Jahren noch hielt Nokia komfortable zwei Drittel des jungen Smartphone-Marktes. Dann kam das iPhone, danach schoss Android an die Spitze hoch. Bei den Tablet-Computern dominiert auch zwei Jahre nach dem Start Apples iPad, während die vielen Android-Geräte bis auf Amazons einfachen Kindle Fire die Kunden bisher kaltließen.

Die deutlichste Kampfansage an diese neue Weltordnung kam in Barcelona von den einstigen Champions und heutigen Underdogs: Nokia und Microsoft . Die Finnen meldeten mit einem Smartphone für weniger als 200 Euro Anspruch auf das Geschäft mit den Computer-Handys in den Entwicklungsländern an, wo der Handy-Marktführer immer noch stark ist. Damit ist der Preis-Tiefpunkt aber noch lange nicht erreicht: Google-Verwaltungsratschef Eric Schmidt prophezeite in Barcelona Android-Smartphones für 70 Dollar. Zugleich baute Nokia eine Super-Kamera mit einem 41-Megapixel-Bildsensor in ein Handy ein. Die Botschaft: Es ist zu früh, die einstige Handy-Supermacht abzuschreiben.

Microsoft suchte sich die Mobilfunk-Messe in Spanien aus, um die Vorabversion des nächsten Betriebssystems Windows 8 für Verbraucher vorzustellen. Aus guten Grund: Das nächste Windows soll auch auf Tablet-Computern laufen und sogar erstmals auf Geräten mit Chips des britischen Intel-Konkurrenten ARM, die heute fast alle Smartphones und Tablets antreiben. Dafür sei das Betriebssystem praktisch neu erfunden worden, betonte Windows-Manager Steven Sinofsky, der von manchen Experten schon als Nachfolger von Microsoft-Chef Steve Ballmer gehandelt wird.

Mit dem neuen System umarmt Microsoft die lange verneinte "Post-PC-Welt", die einst der verstorbene Apple-Gründer Steve Jobs ausgerufen hat. Deren Grundidee: Der Personal Computer ist nicht mehr das Maß aller Dinge, sondern nur noch eins von vielen Geräten. Aktuelle Verkaufszahlen geben Jobs schon lange recht. "Microsoft hat gerade noch rechtzeitig die Handbremse gelöst", meinte Nvidia-Europachef Bernhard Gleissner.

Apple war zwar wie immer nicht beim Mobile World Congress dabei, wusste aber trotzdem die Android-Party zu stören. Just als Googles Eric Schmidt in Barcelona seine Vision von der vernetzten Zukunftswelt präsentierte, gingen die Einladungen zur Vorstellung der nächsten iPad-Generation raus, plötzlich schaute die gesamte Tech-Welt wieder nach Kalifornien. Das Timing der Grüße aus Cupertino dürfte kein Zufall gewesen sein: Die einstigen Partner sind heute erbitterte Rivalen, bis hin zum weltweiten Patentkrieg. Und Apple-Chef Tim Cook machte schon deutlich, dass er für die Zukunft deutlich höhere iPhone-Verkäufe im Blick hat als heute.

Auch die internen Konflikte im Android-Lager sind nicht mehr zu übersehen. Ein Problem ist das Durcheinander der verschiedenen Android-Versionen auf dem Markt, die zunehmend die App-Entwickler nervt - eine Folge der großen Geräte-Vielfalt. Zudem scheint Samsung, dem aktuell wichtigsten Android-Stützpfeiler, die Übernahme des Rivalen Motorola durch Google nicht so recht zu schmecken: Die Südkoreaner betonten in Barcelona sehr nachdrücklich, dass ihre Eigenentwicklung Bada auch durchaus gut für Smartphones geeignet sei.

Google-Manager Andy Rubin versuchte in Barcelona die Szene mit dem Hinweis zu beruhigen, zwischen Android und Motorola Mobility werde nach der erfolgten Übernahme eine "chinesische Mauer" innerhalb von Google eingezogen, um andere Hersteller von Android-Geräten nicht zu benachteiligen. Doch das Gegrummel in der Branche verstummte auch nach dem Versprechen von Rubin nicht.

Eine Schlüsselrolle für die Zukunft wird schließlich der Ausbau der schnellen LTE-Netze spielen, die die Engpässe der heutigen UMTS-Dienste aufbohren sollen. Die Mobilfunk-Anbieter beschwerten sich erneut, dass sie Milliarden in den Netzausbau stecken müssen, während ein großer Teil der neuen Einnahmen bei Google, Apple und anderen Online-Diensten landet. Zudem moserten sie erneut über eine zu harte Regulierung aus Brüssel. Diesmal grantelte EU-Kommissarin Neelie Kroes öffentlich zurück: "Ich lasse mir nichts vormachen und reagiere nicht gut auf Drohungen." (dpa/tc)