Blackberry-Chef Lazaridis

Vergesst das iPhone!

24.11.2009
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Mit Mike Lazaridis, Gründer und Co-CEO von RIM, diskutierte CW-Redakteur Jürgen Hill über die Zukunft des Blackberry und ob das Gerät dem iPhone überlegen ist.

CW: RIMs Alleinstellungsmerkmal war bisher "Mobile Mail". Mit Google oder Apple bekommen Sie immer mehr Konkurrenten. Wie wollen Sie Ihren Marktanteil verteidigen?

Lazaridis: Ich glaube, wir haben in den letzten zehn Jahren zur Genüge bewiesen, dass Blackberry für die zuverlässigste und sicherste Push-Mail-Plattform steht. Wir haben mit Wireless E-Mail 1999 begonnen, das ist also kein Thema, dem wir uns erst seit gestern widmen wie andere Player. Wireless E-Mail ist noch immer eine der wichtigsten Mobile Applications, besonders im Enterprise-Umfeld - und selbst heute ist der Blackberry noch immer das einzige Gerät auf dem Markt, das wirklich echtes Mobile Push Mail beherrscht. Unsere Push-Mail funktioniert überall, und was viel wichtiger ist, dabei wird nicht der Akku des Gerätes leer gesaugt. Andere Hersteller behaupten zwar auch, sie hätten Push-Mail, wenn Sie aber ins Detail gehen, sehen Sie schnell, dass das keine echten Push-Dienste und die Akkus entsprechend schnell leer sind.

CW: Technisch gesehen stimme ich Ihnen zu, aber wenn Sie auf die Straßen schauen, dann rennt die Jugend mit dem iPhone herum. Und dieses wird sie später in die Unternehmen bringen, die bislang eine Blackberry- Domäne waren. Ist das für Sie kein Alarmzeichen?

Lazaridis: Nein, zuerst stimme ich mit Ihrer Beobachtung über die iPhone-Verbreitung überhaupt nicht überein. Zudem, seit das iPhone auf dem Markt ist, konnten wir auch unsere Verkaufszahlen steigern - und zwar schneller als zuvor. Meine Erklärung hierfür ist, dass die Smartphones immer stärker die Featured Phones verdrängen. Der Kunde hat heute eine Smartphone-Auswahl, wie es sie bislang nicht gab. Deshalb werden in der Regel, wenn der Kunde nach zwei Jahren sein altes Handy ersetzt, heute Smartphones gewählt, weil sie einfach weit verbreitet sind. Und der König unter den Smartphones ist der Blackberry.

CW: Warum? Auf diese Begründung bin ich gespannt.

Mit dem aktuellen Bold 9700 will RIM wieder Maßstäbe in Sachen Push-Mail setzen.
Mit dem aktuellen Bold 9700 will RIM wieder Maßstäbe in Sachen Push-Mail setzen.

Lazaridis: Zum einen ist die Blackberry-Familie am längsten im Markt und deshalb am weitesten perfektioniert. Zudem weist der Blackberry die beste Performance bei den Merkmalen auf, die wirklich wichtig sind: etwa der Sprechzeit, der Standby-Zeit, der Akku-Ausnutzung unter realen Umständen, der Qualitätsanmutung. In diesen Punkten spielt der Blackberry einfach in einer anderen Liga, an die keiner der Konkurrenten herankommt. Datenblätter kann jeder Hersteller drucken, doch pfeifen Sie auf Datenblätter. Wer kann in der Praxis ein Smartphone vorweisen, das 400 E-Mails am Tag empfängt, eine Sprechzeit von mehreren Stunden hat, Web-Browsing erlaubt sowie den Zugriff auf Business-Applikationen, Sicherheit bietet und das Editing von Texten, ohne dass der Akku in die Knie geht oder die Mobilfunkrechnung explodiert? Das sind Argumente, die auch unsere Anwender lieben, denn sie geben ihnen einen echten Mehrwert im Berufsleben und nicht nur ein chices Gerät.

Wenn ein Kunde in einen Laden geht, um sein Handy durch ein Smartphone zu ersetzen, gibt es nur ein Gerät, das mit einer vernünftigen Balance zwischen Performance und Features aufwartet und noch dazu ein gutes Design hat.

CW: Ja, das sind aber alles Argumente, mit denen Sie bei einem Business-Anwender punkten, jedoch nicht beim Consumer - für den ist das iPhone doch viel sexier.

Lazaridis: Sicher, unsere Topmodelle wie der neue Bold 9700 werden von CEOs, Selbständigen oder Beamten, Regierungschefs und Präsidenten rund um den Globus genutzt - das ist eine der Stärken der Blackberry-Plattform. Dabei wird aber gerne vergessen, dass wir unser Portfolio auf verschiedene Marktsegmente zugeschnitten haben. So zählt der Curve zu den am besten verkauften Smartphones in Nordamerika. Ich bin überzeugt davon, dass wir genügend verschiedene Modelle im Programm haben, um fast jeden Geschmack zu treffen. Deshalb glaube ich, das hier die klassische Unterscheidung in Business- und Consumer-Segment zu kurz greift. Dafür existieren aber zwei verschiedene Welten: die Communication und die Entertainment World. Erstere dominieren wir mit dem Blackberry, während in Letzterer das iPhone zu finden ist.