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Trendforscher Horx: Computerspiele schulen kognitive Fähigkeiten

31.07.2006
Moderne Computerspiele schulen nach Ansicht des Trendforschers Matthias Horx "die kognitiven Fähigkeiten, die wir in der Arbeits- und Wissenswelt des 21. Jahrhundert brauchen".

"Computerspiele sind in einer unglaublichen Art und Weise differenziert geworden, in einer Komplexität, dagegen ist jedes Schachspiel langweilig und dumm", meinte Horx, Vater des Zukunftsinstituts in Kelkheim am Taunus in einem dpa-Gespräch in Frankfurt. Viele glaubten zu Unrecht, Lesen sei dem Spielen am Computer überlegen. "Da wird Kulturdünkel aufrechterhalten. Man möchte immer die alten Kulturtechniken behalten, und deshalb definiert man alle neuen erstmal negativ."

Das umstrittene Computerspiel "World of Warcraft" zum Beispiel werde weltweit von sieben Millionen Menschen, darunter rund einer halben Million in Deutschland, gespielt. Dabei ließen sich "Kooperation, Kampf um Konkurrenz, strategisches und taktisches Denken" lernen. So wie viele Menschen heute Computerspiele für gefährlich hielten, habe das Lesen von Romanen im 16. bis 18. Jahrhundert als dekadent gegolten. "Zu Beginn der Kinofilme hat man ebenfalls behauptet, die Menschen verschwänden in Scheinwelten und könnten danach mit der Wirklichkeit nicht umgehen."

"Die Bedenkenträger sind vor allem die Medien. Und dann gibt es immer eine Menge von Leuten, die ihre alten Privilegien gegen die 'Newcomer' verteidigen wollen. Das ist eine unselige Tradition von der Kirche bis heute", sagte Horx. "Die Kirche hat ebenfalls versucht, Kulturtechniken zu dominieren - die Leute sollten Latein lesen und die Bibel studieren, alles andere galt als abwegig. Dabei entwickeln sich neue Medien immer durch eine Art Verdauungsprozess". "Es kommt eine neue Technologie auf, man experimentiert damit, und dann lernen Menschen langsam, sinnvoll damit umzugehen."

Chatten ist nach Ansicht des Trendforschers eine "Erweiterung unseres kommunikativen Kosmos". Es sei "ein tiefes menschliches Bedürfnis, in Netzwerken und zunächst einmal auf Distanz zu kommunizieren - und erst dann auszuwählen, mit wem man sich näher und intimer beschäftigen möchte". (dpa/tc)