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Brewster Kahle will alte Software retten

15.10.2003

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Brewster Kahle ist ohne Zweifel ein Freak - der Alexa-Internet-Gründer archiviert seit Jahren Schnappschüsse von Internet-Seiten auf einem Cluster von AMD/Linux-PCs im Presidio von San Francisco, damit diese der Nachwelt erhalten bleiben, und macht seine Website-Momentaufnahmen über die "Wayback Machine" auch netterweise der Allgemeinheit zugänglich (Computerwoche online berichtete). Jetzt hat der Technophilosoph eines neues Ziel: Er möchte auch ältere Software davor retten, im Orkus des Fortschritts auf Nimmerwiedersehen zu verschwinden.

Viele alte Programme wie etwa "WordStar" oder "Lotus 1-2-3" befinden sich heute schon auf Medien, die kaum noch jemand lesen kann. Kahle und sein Internet Archive möchten sie in digitaler Form speichern. Da gibt es nur ein Problem: Das US-Gesetz DMCA (Digital Millennium Copyright Act), das unter anderem die Umgehung von Kopierschutzmaßnahmen behandelt. Kahle hat beim Copyright Office um eine Ausnahmegenehmigung gebeten. "Auch wenn eine Höhlenmalerei mit Pigment auf Fels vielleicht Millionen von Jahren ohne Zutun von Archivaren überdauern kann, für digitale Arbeiten gilt dies nicht", heißt es in der Petition. "Digitale Aufzeichnungen sind durch das Verstreichen von Zeit ohne aktive Wartung gefährdet. Das bloße Versäumnis passender Übertragung und Übersetzung dieser Werke zerstört sie mit der Zeit für alle Ewigkeit."

Eine Entscheidung des Copyright Office in dem Fall wird für den 28. Oktober erwartet, wie "Wired News" berichtet. Diese wird weit reichende Auswirkungen darauf haben, welche Software eines Tages Historikern und Studenten zur Verfügung steht. "Generell halte ich die Anfrage des Internet Archive für sehr gut", kommentiert Jennifer Urban, Jura-Gastdozentin in Berkeley. "Ich hoffe auf jeden Fall, dass das Copyright Office sie bewilligt, damit Archive zumindest ein Stück weit solche Materialien erhalten können." (tc)