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Sun lässt den Niagara 2 vom Stapel

07.08.2007
Mit seinem zweiten CMT-Prozessor (Chip Multithreading) "Ultrasparc T2" verdoppelt Sun Microsystems die Zahl gleichzeitig möglicher Threads auf 64.

Das erreicht Sun Microsystems durch acht Rechenkerne (mit jeweils eigener Fließkomma-Einheit), von denen jeder acht Threads parallel fahren kann. Was vorerst allerdings noch relativ uninteressant ist, denn noch fehlen die Server, in die man den Niagara 2 einbauen kann. Der T2 ist nämlich nicht pinkompatibel zum Ultrasparc T1, der im Dezember 2005 debütierte. Man darf aber davon ausgehen, dass Sun die entsprechenden Systeme so schnell wie möglich aus der Tür bringen wird.

Der Ultrasparc T2 verfügt über rund 500 Millionen Transistoren (T1: 300 Millionen). Darüber hinaus unterstützt er 4 MB Level-2-Cache, einen PCI-Express-Slot (x8), zwei 10-Gigabit-Ethernet Ports (eine Variante des Netzchips "Project Neptune", den Sun für eigene Zwecke entwickelt hat und gern an andere Netzausrüster lizenzieren würde) und acht FB-DIMM-Speicherbänke, die über einen integrierten Memory-Controller angesteuert werden.

Produziert wird der Ultrasparc T2, der auf eine Die-Fläche von 342 Quadratmillimeter passt, von Texas Instruments (TI) in einem elfschichtigen 65-Nanometer-Prozess. Wie sein Vorgänger lässt er sich nur in Uniprozessor-Servern einsetzen; diese Limitierung wird erst mit dem Nachfolger "Victoria Falls" wegfallen, der irgendwann im ersten Halbjahr 2008 in Sun-Servern auftauchen dürfte.

Rick Hetherington ist CTO der von Sun wieder stärker auf eigene Füße gestellten Sparte Microelectronics.
Rick Hetherington ist CTO der von Sun wieder stärker auf eigene Füße gestellten Sparte Microelectronics.
Foto: Sun Microsystems GmbH

Laut Rick Hetherington, Chief Technology Officer der Microelectronics-Sparte von Sun, passt der Ultrasparc T2 nicht in den gleichen Sockel wie der T1. Er verwendet nur noch 720 Pins (T1: 1111), von denen 200 sogar nur dazu dienen, den Chip im laufenden Betrieb zu testen. Sun plant offiziell zunächst Varianten mit 900 Megahertz sowie 1,2 und 1,4 Gigahertz.

Was den Stromverbrauch betrifft, genehmigt sich ein T2 mit sechs laufenden Kernen (also 48 Threads) in der 900-MHz-Ausführung wohl nur um die 60 Watt, was angesichts der hohen Integration laut Branchendienst "Computerwire" wirklich eindrucksvoll erscheint. Die schnellste Variante verbraucht unter einem schweren Workload wie dem Benchmark SPECfp_rate mit vollen acht Cores allerdings deutlich mehr, nämlich bis zu 123 Watt.

Hetherington gibt an, dass ein voll aktivierter T2 mit einem typischen Workload, beispielsweise einem Java-Stack, um die 100 Watt benötigt. Sun selbst wird wohl nur Server auf Basis der 1,2- und 1,4-GHz-Prozessoren mit vier, sechs oder acht aktivierten Kernen herausbringen. Der langsamere und entsprechend kühlere 900-MHz-Chip ist zum jetzigen Zeitpunkt wohl eher experimentell und könnte seinen Weg in Bladeserver finden, wenn Kunden mit Hitzeproblemen ihn nachfragen.

Die gute Leistung des Ultrasparc T1 und T2 geht teilweise darauf zurück, dass sich ihr Design darauf fokussiert, bei möglichst niedriger Taktung die Speicher-Bandbreite und Anzahl von Threads zu erhöhen. Das ursprüngliche T1-Design war in der Lage, seine 32 Threads rund 75 Prozent der Zeit zu beschäftigen. Wie gut sich der T2 in dieser Hinsicht schlägt, bleibt abzuwarten. Der Niagara 2 kommt immerhin auf eine immense aggregierte Memory Bandwidth von mehr als 60 Gigabyte pro Sekunde, die Sun vermutlich geschaffen hat, um seine Cores und Threads busy zu halten.

Das I/O-Design des T2 hat Sun gegenüber dem Vorgänger deutlich effizienter gestaltet. Alle Verbindungen zwischen I/O, Netz und Speicher sind seriell ausgelegt; der T1 arbeitete hier teilweise noch parallel. Das ermöglicht einen höheren Durchsatz zwischen den Komponenten und ebnet gleichzeitig der Mehr-Wege-Ausführung Victoria Falls den Weg.

Zur Leistung des Ultrasparc T2 hält sich Sun noch bedeckt. Der neue Chip dürfte aber etwa die 2,5-fache Durchsatzleistung des T1 erreichen. Victoria Falls wiederum dürfte die Leistung des T2 erneut fast doppeln und auf Systemebene 65 Prozent mehr Leistung erzielen als der Niagara 2.

Der erste CTM-Chip Ultrasparc T1 ("Niagara") debütierte im Dezember 2005.
Der erste CTM-Chip Ultrasparc T1 ("Niagara") debütierte im Dezember 2005.
Foto: Sun Microsystems GmbH

Wie schon bei den T1-Designs dürfte Sun auch beim Ultrasparc T2 große Teile des Designs unter der GPLv2 Open Source stellen. Das soll allerdings erst im Sommer kommenden Jahres passieren (warum so spät, ist unklar). Sun startet aber schon jetzt ein OpenSparc T2 Beta-Review-Programm, um Kunden und Partnern zumindest frühzeitigen Zugriff auf die Specs und den Code des T2 zu geben. Das quelloffene Design des T1 wurde immerhin 5400 Mal heruntergeladen - was angesichts der speziellen Natur des Chips alles andere als wenig ist.

Speziell mit dem neuen Prozessor macht sich Sun wieder verstärkt Hoffnungen darauf, dass andere Hersteller seine Chips verwenden werden. Nathan Brookwood, Analyst bei Insight 64, hält das trotz der Performance des Niagara 2 aber für wenig wahrscheinlich. "Es ist praktisch unmöglich, einen anderen Systemanbieter davon zu überzeugen, Ihre Architektur zu unterstützen". Sun-Chef Jonathan Schwartz hat für den Ultrasparc T2 allerdings nicht nur Computer im Visier, sonder auch Netzausrüstung, Settop-Boxen oder sogar Autos. "Es ist großartig, denn schnellsten Mikroprozessor auf Erden zu haben", prahlt der CEO. Ob Sun damit wirklich neue Chipkunden rekrutieren kann, muss die Zukunft zeigen. (tc)