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ver.di-Tarifkommission lehnt Telekom-Angebot ab - Appell an den Bund

30.04.2007
Die Große Tarifkommission von ver.di hat sich im Konflikt um den Telekom-Umbau gegen das Angebot der Konzernführung ausgesprochen.

"Die Mitglieder der Tarifkommission unterstützen das Vorgehen der Verhandlungskommission, das Angebot der Telekom zurückzuweisen", sagte der Streikleiter von ver.di, Ado Wilhelm, der dpa. Die Votum der knapp 60 Mitglieder sei einstimmig gefallen. "Wir lassen uns von dem Unternehmen nicht unter Druck setzten." Eine formelle Entscheidung will das Gremium am kommenden Freitag fällen. Anfang Mai sollen die Telekom-Mitarbeiter dann über einen Arbeitskampf entscheiden, dem ersten in der Geschichte des Unternehmens. ver.di-Chef Frank Bsirske forderte angesichts der Pläne der Telekom, 50.000 Stellen auszulagern, ein Machtwort des Staates.

Die Deutsche Telekom will die Arbeitsplätze in drei Gesellschaften unter dem Dachnamen T-Service auslagern und damit ihre Kosten senken. Die betroffenen Mitarbeiter sollen neun Prozent weniger Lohn erhalten und mindestens vier Stunden länger arbeiten. Da die Große Tarifkommission erst nach dem Auslaufen des Telekom-Ultimatums (2. Mai) tagt, ist eine gütliche Einigung nicht möglich. Die Verhandlungskommission von ver.di hatte sich bereits am Donnerstag gegen das Tarifangebot der Telekom ausgesprochen.

Ein Telekom-Sprecher lehnte einen Kommentar zu dem Votum der Großen Tarifkommission von ver.di ab. Er verwies dabei auf das bis Mittwoch befristete Angebot. Unterdessen kritisierte Telekom-Chef Réne Obermann in der "Welt am Sonntag", dass die Gewerkschaft die Verhandlungen über die Zwangsversetzung der 50.000 Beschäftigten in Service-Einheiten abgebrochen hat. "Ich weiß nicht, welche Motivation dahinter steckt. Ich stelle nur fest: Wir haben für die Mitarbeiter ein langfristiges Ziel, das heißt: Arbeitsplätze sichern. ver.di hat ein kurzfristiges Ziel, das heißt: Besitzstände wahren. Ganz ehrlich, das finde ich verantwortungslos." In Einzelgesprächen mit führenden Gewerkschaftern habe sich gezeigt, dass die Arbeitnehmervertreter durchaus die Argumente für die Auslagerung verstehen würden.

Neben Kosteneinsparungen will die Telekom mit der Gründung von T-Service die Servicequalität verbessern. Im vergangenen Jahr kündigten zwei Millionen Kunden ihren Festnetzanschluss bei der Telekom. Die Gesellschaft musste daher im Januar zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate ihre Prognose für das laufende Geschäftsjahr senken. Der ohnehin schon niedrige Börsenkurs der Telekom hat sich seit dem Amtsantritt von Obermann im November vorigen Jahres leicht verschlechtert - das Unternehmen wird an der Börse inzwischen mit weniger als 60 Milliarden Euro bewertet, heißt es in der "Welt". Obermann hält deshalb die Bedrohung einer Zerschlagung des Konzerns für nicht unbegründet. Die Gefahr sei aber derzeit "nicht sehr groß ein, weil die jetzigen großen Anteilseigner hinter dem Management stehen".

Der Bund hält noch direkt knapp 15 Prozent und indirekt über die KfW weitere knapp 17 Prozent der Telekom-Aktien. "Der Bund darf nicht nur die Höhe der Dividende sehen, sondern muss auch die soziale Ausgewogenheit bei der Telekom im Blick haben. Die Beschäftigten erwarten daher, dass die Bundesregierung mäßigend auf das Management einwirkt, um von der Konfrontation wieder zu einem Dialog zurückzukehren", forderte Frank Bsirske der "Welt am Sonntag".

ver.di will die Proteste in dieser Woche ausweiten. Die Gewerkschaft werde zu neuen Warnstreiks aufrufen, sagte Wilhelm. Im Fokus dürfte dabei vor allem die für Donnerstag (3. Mai) angesetzte Hauptversammlung der Telekom sein. In den vergangenen Wochen haben bereits mehrere Zehntausend Mitarbeiter gegen den Konzernumbau protestiert. Der kommissarische Personalvorstand Karl-Gerhard Eick hatte angekündigt, juristische Schritte gegen die Proteste zu prüfen.

Der Personalchef der Mobilfunksparte T-Mobile, Holger Kranzusch, drohte in einem Brief den Beschäftigten sogar mit einer außerordentlichen Kündigung, sollte diese an Streiks teilnehmen. ver.di-Vertreter Wilhelm bezeichnete das Vorgehen als "ungeheuerlich". "Die Grundrechte der Mitarbeiter werden so bedroht", sagte er. (dpa/tc)