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Microsoft startet Kampagne gegen Gebrauchtlizenzen

01.03.2007
Nutzer von gebrauchten Softwarelizenzen setzten oft Raubkopien ein, warnt Microsoft. Mit dem Hinweis auf mögliche rechtliche Konsequenzen schürt der Konzern Angst.

"Wir wollen Unternehmen und vor allem unsere Kunden davor bewahren, unwissentlich Raubkopien einzusetzen, und raten hier zu großer Vorsicht", so Werner Leibrandt, Direktor Mittelstand von Microsoft. Was sich vordergründig so anhört, als wolle Microsoft die Interessen der Anwender wahren, hat als Hintergrund handfeste wirtschaftliche Interessen. Seit langem ist der blühende Handel mit gebrauchten Softwarelizenzen den Microsoft-Verantwortlichen ein Dorn im Auge. Doch alle Bemühungen, das schwunghafte Geschäft einzudämmen, scheiterten bislang.

Jetzt fahren die Microsoft-Verantwortlichen größere Geschütze auf. Unternehmen, die sich für gebrauchte Softwarelizenzen entschieden, installierten und nutzten oft Raubkopien, heißt es in einer offiziellen Mitteilung des Softwareherstellers. Grund dafür sei, dass beim Weiterverkauf oftmals die Vertragsbedingungen nicht eingehalten würden. Sollten die gebraucht erworbenen Lizenzen rechtlich wertlos sein, handelt es sich nach dem Rechtsverständnis von Microsoft um Raubkopien. "Dafür kann der Geschäftsführer beziehungsweise Eigentümer des Unternehmens unter Umständen persönlich haftbar gemacht werden", droht der Konzern unverhohlen.

Die Microsoft-Verantwortlichen haben damit in erster Linie ihre Volumenlizenzverträge im Auge. Während der Konzern den Handel mit Einzelpaketen seit einem Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2000 wohl oder übel zulassen muss, sieht er offenbar bei den Volumenlizenzen noch Chancen, gegen den Gebrauchthandel vorzugehen. Kunden von Volumenpaketen schließen laut den Microsoft-Statuten einen Vertrag mit Microsoft Ireland Operations Limited. In diesem Vertrag ist geregelt, dass eine spätere Lizenzübertragung auf Dritte der Zustimmung des Konzerns bedarf. Darüber hinaus dürfen Volumenverträge nur komplett übertragen werden, eine Stückelung des Lizenzpakets erlaubt Microsoft also nicht. Wer gegen diese Regeln verstößt, begeht nach Meinung des Herstellers Vertragsbruch und macht sich schadensersatzpflichtig.

Diese Einschätzung ist indes nicht unumstritten. So hatte im Sommer vergangenen Jahres ein Microsoft-Partner vor dem Landgericht Hamburg gegen den Münchner Lizenzhändler Usedsoft geklagt siehe auch: Usedsoft darf weiter für gebrauchte Microsoft-Lizenzen werben). Der Vorwurf: Usedsoft habe Lizenzen beworben, die aus der Aufspaltung von Volumenpaketen stammten. Die Hamburger Richter wollten der Argumentation Microsofts jedoch nicht folgen. In ihrer Urteilsbegründung heißt es: "Der Verkauf beziehungsweise die Veräußerung einzelner Microsoft-Softwarelizenzen, die zuvor im Rahmen von Volumenlizenzverträgen wie zum Beispiel Select-Verträgen abgegeben worden waren, ist auch ohne Zustimmung von Microsoft wirksam möglich. Eine Werbung, die dies kommuniziert, ist mithin nicht irreführend."

Obwohl das Oberlandesgericht Hamburg die Revision des Microsoft-Partners Ende Januar zurückgewiesen hatte, bietet das Urteil trotz eindeutiger Worte kaum Klarheit hinsichtlich des Urheberrechts und damit der Rechtmäßigkeit des Handels mit Gebrauchtsoftware. Die Richtersprüche galten allein Marketing-rechtlichen Fragen. Zudem war Microsoft selbst als Rechteinhaber nicht in das Verfahren involviert.

Trotzdem befürchtet der Konzern offenbar eine gewisse Signalwirkung durch die Hamburger Urteile und versucht nun gegenzusteuern. Dabei fällt schnell der Vorwurf, wer sich nicht an die Regeln halte, setze Raubkopien ein - mit allen rechtlichen Konsequenzen für die Firmenverantwortlichen. Dabei liege die Beweispflicht beim Anwender und nicht bei Microsoft. Wer also in den Ruch kommt, Lizenzen widerrechtlich zu nutzen, müsse selbst das Gegenteil beweisen. Angeblichen Nutzungsberechtigungen seitens der Lizenzhändler spricht der Konzern jedwede rechtliche Gültigkeit ab. "Zulässige Lizenzurkunden können nur vom Hersteller einer Software ausgestellt werden." Die Frage, ob die eigenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBs) einer rechtlichen Prüfung standhalten, stellt sich für Microsoft allem Anschein nach aber nicht. (ba)