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Oracles Linux-Initiative lässt Anwender kalt

02.01.2007
Die Kampfansage an Red Hat zeigt wenig Wirkung. Gerade 9000-mal wurde Oracles "Unbreakable Linux" in den ersten 30 Tagen herunter geladen.

Obwohl die Oracle-Verantwortlichen seit Ende Oktober 2006 kräftig für ihre "Unbreakable-Linux"-Initiative trommeln, kam die Kampagne bislang bei den Kunden wenig an. Rund 9000 Mal sei Oracles Linux-Paket im ersten Monat nach Erscheinen von der eigenen Website herunter geladen worden, räumte Oracle-President Charles Phillips kürzlich ein. Damit bleibt der Datenbankspezialist deutlich hinter der Linux-Konkurrenz zurück. Novell verzeichnete rund 325 000 Downloads von Suses Linux-Enterprise-Edition während der ersten 28 Tage, berichtete der britische Nachrichtendienst "Computergram". Red Hat kam auf etwa 12 500 tägliche Downloads seines "Fedora Core 6" im ersten Monat.

Oracle-Chef Lawrence Ellison hatte die jüngste Linux-Initiative anlässlich der Hausmesse "Openworld" Ende Oktober vergangenen Jahres vorgestellt (siehe auch: Oracle will Red Hat Linux zum Kampfpreis supporten). Im Rahmen von Unbreakable Linux bietet der Softwarekonzern Bugfixes für die Linux-Distributionen von Red Hat an. Während der Linux-Distributor Fehler in aller Regel erst in den neuen Versionen beseitige, biete der Oracle-Support Bugfixes auch für die aktuellen Linux-Varianten, warb Ellison für das eigene Angebot. Anwender müssten daher nicht auf eine komplett neue Version umsteigen, sondern könnten mit ihrer aktuellen Distribution weiterarbeiten.

Dazu übernehme Oracle den Quellcode von Red Hat, ziehe ihn durch seine Source-Kontrollsysteme, entferne urheberrechtlich geschützte Teile, füge Bugfixes hinzu und kompiliere den Code, ergänzte Oracles Chief Corporate Architect Edward Screven. Dieses Prozedere werde man auf jede Linux-Distribution anwenden, die Red Hat herausbringt. Je nach Support-Level verlangt Oracle zwischen 99 und 1999 Dollar jährlich für seinen Linux-Support. Oracle-Angaben zufolge deutlich weniger als Red Hat für seine Unterstützung verlangt.

Befürchtungen von Analysten, der Oracle-Vorstoß in Sachen Linux könnte Red Hat wirtschaftlich schaden oder gar die Existenz kosten, haben sich nicht bewahrheitet. Kurz vor Weihnachten überraschte das Unternehmen die Finanzwelt mit guten Zahlen für sein drittes Fiskalquartal (siehe auch: Red Hat überrascht mit starken Zahlen). Der Umsatz verbesserte sich im Vergleich zum Vorjahresquartal um 45 Prozent auf 105,8 Millionen Dollar. Nachdem der Kurs des Linux-Spezialisten nach der Oracle-Ankündigung um fast ein Viertel eingebrochen war, notiert das Papier inzwischen höher als vor dem Vorstoß des Linux-Widersachers.

Damit wäre auch eine andere mögliche Strategie von Oracle-Boss Ellison fehlgeschlagen. Experten hatten spekuliert, Ellison wolle mit seiner Linux-Initiative den Börsenwert von Red Hat in Grund und Boden stampfen, um die Linux-Company günstig übernehmen zu können. Davon kann jedoch keine Rede mehr sein. Red Hats Marktkapitalisierung bewegt sich mittlerweile wieder auf einem Niveau von etwa vier Milliarden Dollar. (ba)