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Open-Source-Anbieter zieren sich vor Übernahme durch Oracle

13.02.2006
Die Übernahmeverhandlungen zwischen Oracle und den Firmen Jboss, Zend und Sleepycat scheinen schwierig. Offenbar wollen die Open-Source-Anbieter ihre Neutralität wahren.

"Wir haben eine sehr Beziehung zu Oracle", versicherte Zends Marketing-Chef Mark de Visser gegenüber dem Wall Street Journal. "Allerdings liegt es in unserem Interesse, eine breite und neutrale Position im Markt einzunehmen." Spekulationen zufolge verhandelt der Datenbankanbieter mit den drei Open-Source-Anbietern Jboss, Zend und Sleepycat über einen Kauf (siehe auch: Oracle will Open-Source-Anbieter aufkaufen). Angeblich wollen sich die Oracle-Verantwortlichen die Zukäufe etwa 600 Millionen Dollar kosten lassen.

Doch nicht nur ideologische Gründe scheinen die Verhandlungen zu erschweren. Laut einem Bericht des Wirtschaftsmagazins "Business Week", der die Gerüchte Ende vergangener Woche ins Rollen brachte, streiten die Beteiligten auch über das Geld. Angeblich fordern die Jboss-Verantwortlichen 400 Millionen Dollar. Das erste Angebot Oracles liegt gerade einmal bei der Hälfte.

Bislang wollten die Beteiligten die Übernahmeverhandlungen nicht kommentieren. Experten zufolge könnte sich Oracle mit den zugekauften Produkten stärker als Technikanbieter profilieren und seine Plattform weiter ausbauen. Derzeit konkurriert der Datenbankanbieter mit Firmen wie Microsoft, IBM und SAP im Geschäft mit Anwendungs- und Integrationsplattformen. Mit dem Application-Server von Jboss, der Script-Sprache PHP von Zend sowie der Open-SourceDatenbank "Berkeley DB" von Sleepycat, könnte Oracle seinen weniger betuchten Kunden, die sich die teureren Oracle-Produkte nicht leisten können, eine Basis anbieten. Gleichzeitig bindet der Softwarekonzern die Anwender damit an das eigene Unternehmen und die eigenen Lösungen.

Außerdem könnten die zusätzlichen Open-Source-Produkte Oracles On-Demand-Strategie unterstützen. Dabei geht es darum den Kunden standardisierte Softwareservices von der Datenbank über die Middleware bis zu den Applikationen via Web zu offerieren. Mit den anvisierten Lösungen erweitert Oracle seine Palette und adressiert zudem weitere Kundenschichten. Der Konzern plant, bereits in wenigen Jahren rund die Hälfte seines Umsatzes mit On-Demand-Lösungen zu erwirtschaften (siehe auch: Jürgen Rottler, Oracle: On-Demand ist eine Waffe gegen SAP). SAP hatte unlängst ebenfalls ein On-Demand-Produkt aufgelegt, geht aber nicht so ambitioniert an diesen Markt heran wie Oracle (siehe auch: Henning Kagermann, SAP: On-Demand schadet dem Lizenzgeschäft nicht)

Oracle-Chef Lawrence Ellison hatte vor wenigen Tagen auf einer Analysten-Tagung die Vorzüge der eigenen Middleware-Plattform angepriesen und dabei erklärt, Kunden könnten aufgrund der "Hot-Pluggable"-Architektur eigene Produkte und Open-Source-Komponenten wie beispielsweise Jboss verbinden. "Statt den Open-Source-Trend zu bekämpfen, sollten wir lieber Wege finden, diesen zu unserem Vorteil zu nutzen", kündigte der Stratege an. (ba)