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Microsoft hat jetzt zwei echte Open-Source-Lizenzen

17.10.2007
Die Open Source Initiative (OSI) hat, wenn auch nicht ohne Komplikationen, zwei von drei "Shared-Source"-Lizenzen von Microsoft ratifiziert.

Die Microsoft Public License (Ms-PL) und die Microsoft Reciprocal License (Ms-RL) sind damit nun gültige und offizielle OSI-Lizenzen für die Verteilung von quelloffener Software neben bekannteren Community-Lizenzen wie der GNU General Public License (GPL) und der Mozillas Public License.

"Die Freigabe durch die OSI schließt einen ungeheuren Lernprozess für Microsoft ab, und ich freue mich auf unsere weitere Teilnahme an der Open-Source-Community", erklärte Bill Hilf, Microsofts General Manager of Windows Server Marketing and Platforms Strategy, in einer Pressemitteilung.

Microsoft hatte die Shared-Source-Lizenzen im Juli der OSI übergeben und diesen Schritt auf der Open Source Convention von O'Reilly angekündigt, sozusagen in der Höhle des Löwen. Der Schritt wurde dort durchweg positiv aufgenommen, auch wenn einige Community-Leader beklagten, dass er auch deutlich früher hätte kommen können.

Microsoft verwendet die Ms-PL und Ms-RL seit rund fünf Jahren im Rahmen seiner Initiative Shared Source, um Quellcode weiterzugeben, ohne dabei mit Open-Source-Organisationen oder -Firmen zusammenarbeiten zu müssen. Daneben gibt es auch noch die Microsoft Reference License. Sie ist die restriktivste von den dreien und wurde erst gar nicht zu Genehmigung vorgelegt.

Die Ms-PL ist die freizügigste der drei Shared-Source-Lizenzen. Sie gestattet Lizenznehmern, Quellcode einzusehen, zu verändern und für sowohl kommerzielle als auch nichtkommerzielle Zwecke weiterzuverteilen. Ändern darf man unter der Ms-PL auch den mit anderen geteilten Quellcode, zudem dürfen Lizenznehmer für ihre Arbeit eine Gebühr nehmen, wenn sie dies wünschen. Die Ms-RL empfiehlt Microsoft für kollaborative Entwicklungsprojekte. Sie enthält bestimmte Auflagen dazu, wie Lizenznehmer ihren ursprünglichen Code mit Ms-RL-Code kombinieren können, erlaubt aber ebenfalls kommerzielle wie nichtkommerzielle Änderung und Weiterverbreitung der lizenzierten Software.

Der Red-Hat-Manager Michael Tiemann, gleichzeitig President der OSI, räumte ein, dass es Beschwerden darüber gegeben habe, dass die OSI Lizenzen eines Unternehmens akzeptiere, dass sich in der Vergangenheit alles andere als Open-Source-freundlich gebärdet habe. Letzten Endes sprächen aber die Lizenzen für sich selbst. "Sie haben zwei Lizenzen, die es durch den Community-Prozess geschafft haben und der Open-Source-Definition entsprechen."

Was nicht heißen soll, dass die Genehmigung reibungslos verlaufen wäre: Zwar war Microsoft kooperativ und verlangte keinerlei Sonderbehandlung, doch gingen laut Tiemann bei der OSI rund 400 Beschwerde-E-Mails darüber ein, dass die Microsoft-Lizenzen überhaupt zur Prüfung angenommen wurden. Auch nach der Ratifizierung habe es bereits heftige Kritik gehagelt.

"Ich habe allein in der letzten Stunde drei Mails bekommen, in denen Leute schreiben 'Zur Hölle mit der OSI, Ihr seid ja nur noch Bauern in Microsofts Spiel … Ihr habt einen Pakt mit dem Teufel geschlossen'", so Tiemann. Aus seiner Sicht obliege es allerdings der OSI, fair und unvoreingenommen zu sein, anders als so mancher aus dem traditionellen Open-Source-Lager.

Microsoft arbeitete zuletzt kooperativer mit der Community zusammen, beispielsweise über eine neue Website, auf der es über seine Open-Source-Aktivitäten informiert und aufzeigt, wie seine proprietäre Software mit Open-Source-Produkten zusammenspielt (das Open-Source-Softwarelabor "Port25" startet morgen auch auf Deutsch). Andererseits haben Manager des Konzerns wiederholt davor gewarnt, in Linux und andere OSS stecke jede Menge geistiges Eigentum von Microsoft, und damit gedroht, Lizenzgebühren für die patentierte Technik einzufordern. Diese Behauptungen werden weithin als ein Mittel angesehen, Unsicherheit ("Fear, Uncertainty and Doubt", kurz FUD) bei Kunden zu erzeugen, die Open Source als Alternative zu Microsoft-Lösungen in Erwägung ziehen.

Tiemann erklärte, es bleibe ohnehin abzuwarten, ob überhaupt jemand außer Microsoft selbst Code unter die MPL oder MRL stellen werde. Falls Microsoft aber vorhabe, patentierte Technik in unter einer OSI-erlaubten Lizenz stehenden Software einzubetten und "das dann Open Source zu nennen", wie es der ein oder andere befürchtet, dann solle sich der Konzern das besser zweimal überlegen. "Wenn sie ein bisschen damit experimentieren wollen, ob sie lizenzgebührenpflichtigen Open-Source-Code produzieren können oder nicht, werden sie rasch merken, dass 400 E-Mails nur der Anfang sind, schätze ich", sagt der OSI-Vorsitzende. (tc)