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Streit um Fluggastdaten

Europas Polizei soll enger kooperieren

30.01.2008
Nach der Öffnung weiterer Grenzen in Europa sollen die nationalen Sicherheitsbehörden enger zusammenarbeiten. EU-Justizkommissar Franco Frattini warb am Dienstag auf dem 11. Europäischen Polizeikongress in Berlin für eine "Kultur der Zusammenarbeit und des Vertrauens".

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) ergänzte, bei einem grenzüberschreitenden Informationsaustausch bringe der Wegfall von Kontrollen gleichzeitig "ein Mehr an Freiheit und ein Mehr an Sicherheit".

Umstritten sind allerdings die Maßnahmen zum Schutz der EU-Außengrenzen. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) erklärte, die derzeitigen Vorschläge für eine europäische Fluggastdatei nach US-Vorbild seien "mit deutschem Verfassungsrecht nicht vereinbar". Die verdachtsunabhängige Sammlung und langjährige Speicherung von persönlichen Daten sei ein wesentlich schärferer Grundrechtseingriff als die bereits beschlossene Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten. Auch die FDP-Innenpolitikerin Gisela Piltz warnte davor, alle Bürger unter "Generalverdacht" zu stellen.

EU-Kommissar Frattini versicherte, es werde keine generelle Legitimierung zur Nutzung der gespeicherten Daten geben. Schäuble betonte, die Vorschläge ähnelten dem Abkommen mit den USA zur Weitergabe von Fluggastdaten, das der Bundestag ohne verfassungsrechtliche Bedenken gebilligt habe. Ob man dieses Verfahren eins zu eins auf Europa überträgt, müsse allerdings noch diskutiert werden.

Bei dem Polizeikongress debattieren rund 1800 Experten über die europäische Sicherheitsarchitektur, nachdem vor vier Wochen weitere Grenzkontrollen innerhalb der EU wegfielen. Gleichzeitig demonstrierten in Berlin nach Polizeiangaben etwa 400 Menschen gegen Online-Durchsuchungen und die geplante Zusammenlegung europäischer Datenbanken. Ausschreitungen blieben bis zum Abend aus.

Frattini kündigte für kommenden Monat weitere Vorschläge zur Sicherung der EU-Außengrenzen an. Dazu gehöre unter anderem ein elektronisches Einreisesystem, das die bisherigen Visa ersetzt. Zudem plädierte er für einen grenzüberschreitenden Informationsaustausch durch die Vernetzung von Polizei-Datenbanken.

Die FDP-Politikerin Piltz warnte jedoch davor, "dass jeder auf jegliche Daten unkontrollierten Zugriff erhält". Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth rief zur Einhaltung des Datenschutzes auf. Die Vize-Fraktionsvorsitzende der Linken, Petra Pau, warnte davor, Europa zu einem "bürgerrechtsfreien Raum" zu machen.

Nach Ansicht der Polizeigewerkschaft GdP wird eine engere Kooperation von den Bundesländern behindert. Derzeit werde der Föderalismus von einigen Innenministern neu erfunden, sagte GdP-Chef Konrad Freiberg der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung". "Wenn wir Europa wollen, dann müssen wir auch in Deutschland zu einheitlichen Regelungen kommen." (dpa/tc)