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Keine Angst vor Rezession

Siemens legt die Messlatte höher

24.01.2008
Siemens-Chef Peter Löscher verlangt nach einem Gewinnsprung im ersten Quartal seinem Unternehmen in der Zukunft mehr ab. Er gab den Sparten wie erwartet höhere Margenziele vor.

Angst vor einer Abschwächung des Geschäfts infolge der Subprime-Krise hat der Siemens-Chef zumindest in der nahen Zukunft nicht. "Im laufenden Jahr erwarten wir keine spürbaren Auswirkungen", sagte Löscher am Donnerstag bei der Zahlenvorlage fürs erste Quartal in München. Die Auftragsbücher seien gut gefüllt. "Durch eine gute Geschäftsentwicklung in Asien können wir Rückschläge im Rest der Welt ausgleichen." Allerdings schränkte Löscher ein: "Wenn sich die Abschwächung der US-Konjunktur auf die Weltwirtschaft auswirkt, hat das natürlich auch Auswirkungen auf uns."

Siemens will doppelt so stark wachsen wie die Weltwirtschaft; das Ergebnis der Bereiche soll doppelt so stark zulegen wie der Umsatz. Auch das Ergebnis je Aktie will Löscher "deutlich" nach vorne bringen, wie er nochmals betonte. "Wir wollen bei der Ertragskraft zu den Besten aufschließen", formulierte Löscher das Ziel. In jedem Feld, in dem Siemens aktiv sei, wolle man Erst- oder Zweitbester werden. Die Anleger nahmen die Ankündigungen positiv auf. Die Aktie stieg am Morgen in einem starken Markt überdurchschnittlich um über fünf Prozent. Die UBS bestätigte Siemens mit "buy"; erste Händlerstimmen sprachen von besser als erwarteten Ergebnissen.

Margenziele angehoben

Der mit Abstand größte Sektor Industrie soll einen operativen Gewinn von in der Spitze 13 Prozent des Umsatzes abliefern verglichen mit elf Prozent zuvor. Beim Sektor Energie sind es bis zu 15 Prozent statt 13 Prozent. Der Medizintechnik hatte Löscher bereits Ende vergangenen Jahres eine Vorgabe von bis zu 17 Prozent gemacht. Siemens baut seit Jahresanfang das Unternehmen von zuletzt neun sogenannten Bereichen in drei Sektoren und 14 dahinter gelagerte Divisionen um. Ein Vergleich mit den Vorgaben aus der Vergangenheit ist somit nur mit Abstrichen möglich. In diesem und dem kommenden Quartal berichtet Siemens seine Ergebnisse noch nach der alten Struktur.

Die höheren Ziele hat Siemens etabliert, obgleich im abgelaufenen ersten Quartal vier der alten Bereiche unter den Vorgaben lagen, darunter die Medizintechnik mit 12,5 Prozent. Das schlechte Abschneiden begründete Siemens mit den Integrationskosten der jüngsten Zukäufe, vor allem dem des Diagnostikaherstellers Dade Behring. Hinzu kommen Probleme auf dem wichtigen US-Markt, wo ein Gesetz die Ausgaben deckelt. Eine Senkung des Margenziels kommt für Konzernchef Löscher jedoch nicht in Frage, wie er klarstellte.

Kraftwerksbau enttäuscht

Auch der wichtige Bereich Kraftwerksbau schwächelte mit einer Marge von lediglich 4,5 Prozent bei vorgegebenen zehn bis 14 Prozent. Als Grund nannte Siemens Belastungen durch Projekte von mehr als 200 Millionen Euro. Finanzchef Joe Kaeser versprach in einer Analystenkonferenz aber rasche Besserung. Der Markt sei "sehr stark". Im ersten Quartal war der Umsatz auf knapp drei Milliarden Euro gestiegen, wohingegen das Bereichsergebnis von 169 auf 135 Millionen Euro zurückging.

Für eine positive Überraschung sorgte der größte Bereich Automatisierungstechnik mit seinen 4,1 Milliarden Euro Umsatz und seinem Bereichsergebnis von 655 Millionen Euro. Er übertraf das ausgegebene Ziel von bis zu 15 Prozent Rendite um einen Prozentpunkt. Insgesamt gab es zwei operative Bereiche, die über den Vorgaben lagen, drei haben sie getroffen. Das Ergebnis aller Bereiche nahm von 1,5 auf 1,7 Milliarden Euro zu, während der Umsatz etwas schwächer von 16,7 auf 18,4 Milliarden Euro zulegte.

VDO-Verkauf bläht Überschuss auf

Unterm Strich erwirtschaftete Siemens im Ende Dezember geschlossenen ersten Geschäftsquartal einen Rekordüberschuss von 6,5 Milliarden Euro. Davon stammen allerdings 5,4 Milliarden Euro aus dem Verkauf des Autozulieferers VDO an Continental. Im fortgeführten Geschäft konnte Siemens damit knapp 1,1 Milliarden nach gut 600 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum verdienen.

Dabei schmälerten Restrukturierungskosten im Gemeinschaftsunternehmen Nokia Siemens Networks (NSN) das Ergebnis weniger stark als erwartet. 120 Millionen Euro fielen dort an, was das Ergebnis des entsprechenden Bereichs auf 26 Millionen Euro halbierte. Als einzige Sparte machten die "Sonstigen operativen Aktivitäten" einen operativen Verlust in Höhe von 50 Millionen Euro. Zu diesem Feld gehört unter anderem die Festnetz-Telefonsparte Siemens Home and Office Communication Devices ("Gigaset"). Siemens hatte kürzlich angekündigt, die Geschäfte abseits des Kerngeschäfts entweder in die neue Konzernstruktur einzugliedern, zu verkaufen oder zu schließen. (dpa/tc)