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Nationale Regulierer protestieren gegen Reding-Pläne

EU-Kommissarin entschlossen: Gemeinsamer Telekommarkt für Europa

12.11.2007
EU-Kommissarin Viviane Reding hat ihre Entschlossenheit bekräftigt, einen einheitlichen Telekommunikationsmarkt in Europa durchzusetzen.

"Ein Bremsklotz sind heute die nationalen Grenzen in Europas Telekommarkt. Ich will keine Bremsklötze mehr", sagte Reding dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Die USA hätten Mobilfunknetze von San Francisco bis New York, in China könne man von der Wüste Gobi bis Schanghai zu gleichen Bedingungen telefonieren und die EU habe dagegen 27 zerstückelte Systeme. "Europa braucht endlich einen gemeinsamen Binnenmarkt im Telekombereich", betonte Reding. Sie hatte in diesem Jahr bereits eine deutliche Senkung der sogenannten Roaming-Gebühren für Handy-Telefonate zwischen EU-Ländern durchgesetzt.

Reding will bei der Vorstellung der neuen Regelungen am kommenden Dienstag eine europäische Aufsichtsbehörde für den Telekommarkt präsentieren. Diese war mit Warnungen vor mehr Bürokratie unter anderem aus der Branche kritisiert worden. Auch mehrere Mitgliedsländer, darunter Deutschland, Frankreich und Großbritannien zeigten sich skeptisch.

"Ich will den europäischen Telekommarkt revolutionieren"

Reding verteidigte die neue Behörde im "Spiegel" ausdrücklich: "Ich will den europäischen Telekommarkt revolutionieren. Und dazu brauchen wir eine kleine europäische Aufsichtsbehörde." Sie solle dazu beitragen, die Wettbewerbsbarrieren für einen gemeinsamen freien Markt einzureißen. Auch die nationalen Behörden sollten dadurch neue Werkzeuge in die Hand bekommen, "beispielsweise durch die Möglichkeit, den Betrieb von Netz und Dienstleistung in der Hand eines übermächtigen Anbieters funktionell zu trennen". Sie strebe aber nicht grundsätzlich eine Zerschlagung an.

Die EU-Kommissarin kündigte auch an, sie werde elf von bisher 18 Märkten, in denen die Preise von Regulierungsbehörden bestimmt werden, in die Freiheit des Wettbewerbs entlassen. "In Zukunft regulieren wir nur dort, wo es erforderlich ist, um den Markt dadurch zu öffnen." Sie gehe davon aus, dass Ende des kommenden Jahrzehnts keine Telekom-Regulierung mehr in Europa nötig sein dürfte, wenn die neue Aufsichtsbehörde effizient arbeite. "Dann haben wir effektiven Wettbewerb von Lissabon bis nach Helsinki."

Nationale Regulierer stemmen sich gegen europäische Aufsicht

Die Regulierer der 27 EU-Mitgliedsländer haben sich gegen eine europäische Aufsichtsbehörde für den Telekommunikationsmarkt ausgesprochen. In einem Brief, der der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX vorliegt, an Medienkommissarin Viviane Reding spricht sich die Gruppe der nationalen Aufsichtsbehörden (ERG) zwar für eine engere Zusammenarbeit aus. "Die nationalen Regulierer sind aber der Meinung, dass sich die dezentrale Organisation bewährt hat", sagte der Präsident der Bundesnetzagentur, Matthias Kurth, in Bonn vor Journalisten. Die Behörden sähen weder die Notwendigkeit für eine neue Behörde noch für ein Vetorecht der EU-Kommission bei Regulierungsverfügungen.

Kurth ist der Auffassung, dass durch die Zusammenarbeit der nationalen Regulierer die Entgelte auch ohne einen EU-Regulierer deutlich gefallen sind. Auch der Vorwurf, am deutschen Telekommunikationsmarkt gebe es aufgrund fehlenden Wettbewerbs eine zu geringe Breitbandpenetration, greife nicht. "Deutschland liegt bei der Breitband-Penetration inzwischen über dem EU-Durchschnitt", sagte Kurth. Dies gehe aus Unterlagen der EU-Kommission selbst hervor, nach denen sich Deutschland zu einem der am schnellsten wachsenden DSL-Märkte Europas entwickelt hat. Kurth verwies zudem auf die rasch sinkenden Preise auf dem Telekommarkt. Die DSL-Tarife befinden sich auf Talfahrt, was die Nachfrage anheizt. (dpa/tc)