Mischt Google mit Android den Mobilfunkmarkt auf?

Interview mit Google-Manager: Warum Android mehr als ein Linux ist

08.11.2007
Nachdem Google am Montag seinen Einstieg in den Mobilfunkmarkt mit der Ankündigung der Android-Plattform und der Gründung der Open Handset Alliance (OHA) bekannt gegeben hat, ergeben sich Detailfragen. Einige davon beantwortete Rich Miner, Mitbegründer des im Jahr 2005 von Google übernommenen Startups Android, unseren Kollegen vom IDG News Service.

CW: Es gibt eine Reihe von Mobile-Linux-Initiativen im Markt, die ähnliche Ziele wie Google verfolgen. Bedeutet der konkurrierende Ansatz von Android nicht, dass diese Initiativen behindert und verkompliziert werden?

Miner: Wenn man sich die anderen Mobile-Linux-Initiativen da draußen ansieht, dann geht es oft um Linux-basierende Ansätze, die nicht wirklich offene Plattformen anpeilen. Manchmal sind sie zwar vollständig offen und Linux-basierend, doch dann fehlt es an wichtigen Dingen, die Android mitbringt. Sie haben möglicherweise keinen Video-Codec, keinen Midi Sequenzer für die Musikbearbeitung, keine Spracherkennung – es handelt sich einfach nicht um vollständige Telefon-Stacks. Das Ziel, das mit Android verfolgt wurde, bestand darin, alles einzubauen, was ein Telefon braucht: Den vollständigen Stack, um ein konkurrenzfähiges Smartphone oder ein High-end-Featurephone zu bauen.

CW: Die Beschreibung, die für den Android-Browser gegeben wurde, klingt ausgesprochen ambitioniert: Demnach soll die Benutzererfahrung am PC weitgehend auf mobile Geräte übertragen werden.

Miner: Ja. Der Browser basiert auf der Open-Source-Browser-Technik Webkit, die auch Apple im iPhone und Nokia in Series-60-Geräten verwendet. Es handelt sich um einen vollständigen Desktop-Browser, der auf demselben Webkit-Kern basiert wie Apples Safari-Browser – allerdings natürlich hoch optimiert für unsere mobile Umgebung.

CW: Wo wir gerade über das iPhone reden: Warum ist Apple eigentlich kein Mitglied der Open Handset Alliance? Gibt es Gespräche mit dem Hersteller?

Miner: Fragen über Apple kann nur Apple beantworten.

CW: Viele Leute fragen sich, ob die Offenheit der Plattform nicht kontraproduktiv sein wird. Die Entwickler der OHA-Mitgliedsfirmen könnten anfangen, proprietäre Erweiterungen zu schreiben oder schreiben zu lassen, so dass ihre Anwendungen am Ende doch wieder für jedes Endgerät angepasst werden müssten.

Miner: Jedes Mitglied der OHA hat sich verpflichtet, eine Fragmentierung zu verhindern. Alle haben im Kern zugestimmt, dass sie nichts tun werden, was am Ende zu unterschiedlichen Versionen der Plattform führen könnte. Wir haben in der Allianz Mechanismen, die vermeiden, dass Formen der Fragmentierung Platz greifen.

CW: Haben Sie das in einem bindenden Vertrag festgeschrieben oder bauen Sie hier auf vertrauensvolle Zusammenarbeit beziehungsweise einen Ehrenkodex?

Miner: Jeder steht hinter dieser Allianz, alle haben begriffen, dass es jetzt darum geht, eine dynamische Third-Party-Entwickler-Community aufzubauen (ein Software Development Kit will Google nächste Woche herausbringen, Anm. d. Red.). Wenn die Allianzmitglieder Dinge tun, die die Integrität der Plattform gefährden, wären diese Third-Party-Anwendungen nicht mehr brauchbar. Und das will niemand.

CW: Wenn wir über die Betriebssystem-Komponente von Android sprechen, reden wir dann über ein einzelnes oder über viele Systeme?

Miner: Wir sprechen von einer Plattform, weil es um viel mehr geht als um ein Betriebssystem. Aber es basiert auf Linux. Es handelt sich um einen wirklich vollständigen Stack. Wir haben von der Hardware bis zu den verschiedenen Softwarelevels sehr viel Arbeit investiert: vom Linux-Betriebssystem über Gerätetreiber und die gesamte Middleware bis hin zu den Anwendungen. Es handelt sich also um einen hoch optimierten Stack, der auf Linux aufsetzt.

CW: Bei Google heißt es, Entwickler, Gerätehersteller und Netzbetreiber werden Android sehr flexibel nutzen können. Wird es möglich sein, die Betriebssystemkomponente gegen ein anderes System auszutauschen?

Miner: Android basiert definitiv auf Linux, wird also mit einem bestimmten Linux-Release ausgeliefert. Solange die Plattform mit Linux und unseren Gerätetreibern läuft, wird es keine Probleme geben. Symbian oder andere Betriebssysteme werden von unseren Anwendungen nicht unterstützt.

CW: Und die Linux-Distribution wird Android heißen?

Miner: Nicht die Linux-, die Handset-Distribution wird Android heißen. Neben Linux wird sie eine Menge anderer Komponenten enthalten für Dinge wie optimierte Grafiken für Mobiltelefone, eine angepasste Datenbank, Spracherkennung, Video-Codec etc. All diese andere Software ist es, die ein Linux-basierendes Handy vollständig macht. (hv)

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