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Keine Atempause für den Topmanager

Telekom im Umbruch - Obermann ein Jahr im Amt

30.10.2007
Eine Atempause gibt es für Telekom-Chef René Obermann nicht: Knapp ein Jahr nach seinem Amtsantritt (am 13. November 2006) sind die Herausforderungen für den Topmanager keineswegs geringer geworden. Der größte europäische Telekommunikationskonzern steht mitten im Umbruch.

Der scharfe Konkurrenzkampf im Inland, Kundenschwund, neue Techniken sowie die staatliche Regulierung halten Obermann unter Dampf. Dabei hat der Telekom-Chef beim ehemaligen Monopolunternehmen bereits einen beispiellosen Um- und Abbau von Arbeitsplätzen in Gang gesetzt und dem Konzern ein neues Gesicht gegeben.

Doch das Großreinemachen ist noch nicht beendet. "Das ist ein langsamer und mühsamer Weg", sagt Theo Kitz von der Privatbank Merck Finck & Co. Neben dem harten Sparkurs im Inland muss Obermann nach Ansicht des Telekom-Analysten vor allem im Ausland neue Wachstumsquellen erschließen.

Dennoch ist die Jahresbilanz des 44-jährigen Managers beachtlich: Wer über seine Berufung an die Spitze des rosa Riesen im November 2006 noch die Nase rümpfte, wurde eines Besseren belehrt. Obermann ist der erste Telekom-Chef, der richtig zupackt und dabei auch den Konflikt mit Arbeitnehmervertretern, Kapitalgebern oder Politikern nicht scheut. Alternativlos nennt er seine Strategie - vor allem sein Sparprogramm und den Umbau des schwächelnden Festnetzes. Tatsächlich läuft die Telekom Gefahr, im Wettbewerb zerrieben und in der Branche zu einem Übernahmekandidaten zu werden.

"Er packt den Stier bei den Hörnern", urteilt Hans-Richard Schmitz von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) über den Telekom-Chef. Gleichwohl habe das Unternehmen immer noch zu viel Personal. Außerdem müsste eine Wachstumsstrategie im Ausland entwickelt werden, meint Schmitz. Aber der Anfang sei gemacht. "Dass Obermann auch unattraktive und unpopuläre Maßnahmen ergreift, wie der Konflikt mit ver.di gezeigt hat, das rechne ich ihm hoch an", betont Schmitz, der auf Hauptversammlungen der Telekom für die DSW spricht.

Tatsächlich hat der erste Telekom-Streik seit der Privatisierung des Unternehmens die Nation im vergangenen April und Mai in Atem gehalten. ver.di fürchtete durch die Ausgliederung von 50.000 Mitarbeitern aus der Festnetzsparte in Service-Gesellschaften einen sozialen Kahlschlag. Die Streikauswirkungen blieben begrenzt und am Ende einigten sich die Tarifpartner auf einen Kompromiss. ver.di verhinderte das Schlimmste und die Telekom kommt trotz Zugeständnisse auf ein ordentliches Einsparvolumen von mehr als 700 Millionen Euro.

Derzeit läuft noch ein Stellenabbauprogramm, das Obermanns Vorgänger Kai-Uwe Ricke auf den Weg gebracht hatte. Dadurch sollen bis 2008 insgesamt 32.000 Telekom-Mitarbeiter den Konzern verlassen. Und schon arbeitet der Vorstand an weiteren Einsparplänen. Durch die Trennung von Randaktivitäten - wie unlängst die Abgabe von Vivento Technical Services mit 2000 Mitarbeitern an den Netzwerkausrüster Nokia Siemens - werden weitere Jobs verschwinden. Auch die mittelfristig geplante Umstellung der Netztechnik auf eine moderne Produktionsplattform auf Internetbasis dürfte zahlreiche Stellen kosten. So kursieren inzwischen Gerüchte über den Abbau von 35.000 weiteren Arbeitsplätzen. Derzeit stehen noch 150.000 Frauen und Männer im Inland auf der Gehaltsliste des Unternehmens.

Zu seinem Jubiläum an der Konzernspitze kann die Mobilfunktochter T-Mobile das prestigeträchtige "Wunderhandy" iPhone von Apple in Deutschland starten und auch im internationalen Geschäft hat Obermann inzwischen wieder die Initiative ergriffen. In den USA übernahm die Telekom einen regionalen Mobilfunkbetreiber und stärkte die US-Tochter von T-Mobile. Und in Holland erwarben die Bonner von France Télécom deren Tochterfirma Orange. Es gehe für die Telekom darum, sich auf den Auslandsmärkten neue Wachstums- und Ertragsquellen zu erschließen, sagt Telekom-Analyst Kitz, der von Obermanns Strategie überzeugt ist. Er "setzt sein Programm konsequent um".

Tatsächlich hat der Vorstandschef auch keine Wahl. Denn der Schuh drückt ihm noch an anderer Stelle. Obermann muss Erfolge zeigen, um den schwächelnden Kurs der T-Aktie wieder auf Trab zu bringen und die Kapitalgeber zufrieden zu stellen. Seit seinem Amtsantritt hat sich der Kurs kaum bewegt. Die T-Aktie notiert seit Monaten zwischen 13 und 14 Euro. Die Gemütslage der Kleinanleger bringt DSW-Aktionärschützer Schmitz kurz und knapp auf den Punkt: "Das ist ein einziges Trauerspiel". (dpa/tc)