SoftM sagt Greenax leise servus

02.03.2007
Der Münchner ERP-Anbieter will sich künftig verstärkt um das im vergangenen Herbst gekaufte Semiramis-System kümmern. Die Verantwortung für "Greenax" soll die Schweizer Bison AG übernehmen.

Wie schon seit längerem erwartet, ordnen die SoftM-Verantwortlichen ihre Produktprioritäten neu. Der Münchner Anbieter von Enterprise-Resource-Planning-Lösungen (ERP) will seine Entwicklungskapazitäten künftig ganz auf das im Herbst 2006 übernommene Semiramis-Produkt konzentrieren. Das teilte das Management des Softwareherstellers heute in München mit. Gleichzeitig fährt SoftM sein Engagement in Sachen Greenax zurück. So zeichnet künftig die Schweizer Bison AG für die Konzeption und Entwicklung von Greenax verantwortlich.

Erst vor einem Jahr hatten SoftM und Bison das gemeinsame Projekt Greenax gestartet (siehe auch: SoftM baut mit Bison neues ERP-Produkt). Im Rahmen einer Entwicklungs- und Vertriebskooperation wollten beide ERP-Anbieter das neue Java-basierende System im Markt puschen. Die gemeinsam entwickelte Lösung bedeute für SoftM den Eintritt in einen neuen Markt, erläuterte SoftM-Marketing-Chef Ralf Gärtner vor Jahresfrist. Da das Hauptgeschäft mit der auf IBMs Series-i-Plattform basierende SoftM-Suite kaum noch Wachstumschancen biete, sei man gezwungen, neue Geschäftsfelder zu erschließen, hatte es geheißen.

Greenax baut auf dem J2EE-Standard auf und soll sich auf Basis einer Service-orientierten Architektur flexibel an die Belange der Nutzer anpassen lassen. Im Visier hatten die Kooperationspartner von Anfang den Handel. Anwender können als Plattform Windows oder Linux wählen. Zudem lässt sich der Jboss-Applikations-Server beziehungsweise IBMs Websphere als Ablaufumgebung einsetzen. Das System bietet Funktionen für den Einkauf, Vertrieb, Materialwirtschaft, Lagerverwaltung, Kunden-Management und die Produktionsplanung. In einer weiteren Ausbaustufe sollten Finanz- und Anlagenbuchhaltung, Kostenrechnung und Controlling hinzukommen. Diese Erweiterungen seien für 2007 geplant, teilte der Hersteller im vergangenen Jahr mit.

Erste Risse in der Greenax-Koalition waren im Herbst vergangenen Jahres aufgetaucht (siehe auch: Semiramis-Kauf: Was wird aus Partnerschaft zwischen SoftM und Bison?). Nachdem die Münchner das zahlungsunfähige Softwarehaus Semiramis übernommen hatten, tauchten Fragen auf, wie sich SoftM mit zwei Java-basierenden ERP-Systemen positionieren wolle. Zwar betonten beide Seiten ihr enges Partnerverhältnis und wiesen darauf hin, dass durchaus Ergänzungen zwischen den beiden Produktlinien möglich seien. Die Spekulationen, SoftM werde sich verstärkt Semiramis widmen, wollten jedoch nicht verstummen.

Mit Recht, wie die heutige Ankündigung zeigt. SoftM habe ein umfassendes Konzept für Weiterentwicklung der Semiramis Produkt- und Partnerstrategie erarbeitet. Ziel sei eine verstärkte Branchenausrichtung mit entsprechenden Lösungspartnern sowie eine weitere Internationalisierung des Produkts wie auch des Partnernetzes. Zudem kündigte SoftM eine Partnerschaft mit der IBM-Mittelstandstochter Sercon GmbH an, die bereits zuvor schon die Semiramis-Lösungen angeboten hatte. Gemeinsam wollen beide Firmen mittelständische Fertigungsunternehmen adressieren. SoftM zufolge habe man in den vergangenen Wochen eine Reihe von Neukunden für Semiramis gewinnen können.

Allerdings werden die Münchner nicht alle Brücken zu Greenax abbrechen. Mit "Greenax Finance" soll bis zum dritten Quartal eine auf Bison-Technik entwickelte Lösung für das Rechnungswesen auf den Markt kommen. SoftM plant, die Java-basierende Buchhaltung mittelfristig auch als "Semiramis Financials" anzubieten. Als Termin peilen die Verantwortlichen das erste Quartal 2008 an.

Mit dem Bekenntnis zu Semiramis justiert der Softwareanbieter auch seine Portfoliostrategie neu. Als ERP-Produkthaus kümmert sich SoftM um die Weiterentwicklung der Java-Produktlinie Semiramis sowie das angestammte Series-i-Portfolio aus der SoftM-Suite. Beide Lösungen würden weiter entwickelt. Als Systemhaus wird SoftM sowohl die eigenen ERP-Produkte wie auch die Greenax-Lösungen vertreiben und implementieren. Die Positionierung der verschiedenen Produkte bei Handelsunternehmen ergebe sich aus dem jeweiligen Kundenbedarf, heißt es unverbindlich. Allerdings sollen sich gewisse Branchenschwerpunkte bilden: Semiramis für Verbundgruppen, Greenax für den Agrarhandel. Zudem soll Semiramis an Kunden aus den Bereichen Nahrungs- und Genussmittel und Bekleidung sowie bei Fertigungsunternehmen verkauft werden. Greenax soll vornehmlich größeren Unternehmen angeboten werden, die höhere Anforderungen an eine Java-basierende Entwicklungsplattform haben und umfangreiche ERP-Funktionen verlangen. (ba)