Die Cloud im Mittelstand

Keine Angst vor der Cloud

03.01.2013
Von Carsten Hentrich und Frank Frey

Die Rolle der IT

Eine Cloud-Strategie zu implementieren, stellt jedoch nicht nur eine technologische Umstellung, sondern auch eine umfassende geschäftliche Transformation dar. Die Veränderung funktionaler Rollen verlangt ein Umdenken innerhalb des gesamten Unternehmens. So muss beispielsweise das IT-Team fokussiert die Einhaltung von Service Level Agreements (SLA) kontrollieren, den Kontakt mit Anbietern intensivieren und die Verfügbarkeit von Services gewährleisten statt wie bisher eine standortgebundene IT-Infrastruktur zu verwalten.

Während das neue Modell einige Prozesse vereinfacht, erfordert es gleichzeitig aber auch umfassendere Kenntnisse eines breiter gefächerten Technologiespektrums und eine engere Kopplung zwischen IT und Fachbereichen. Unternehmen müssen in diesem Zusammenhang eine Reihe wichtiger Entscheidungen treffen: Welche Produkte werden künftig wie vertrieben? Welche Märkte angesprochen? Wie gestaltet sich das Netz aus Partnern und Zulieferern? Welche Absatzkanäle lassen sich wie nutzen und kombinieren? Welche innovativen und wertsteigernden Services lassen sich rund um die Produkte anbieten? Und letztlich: Wie kann die IT die künftige Ausrichtung am Markt durch flexible, effiziente IT-Services unterstützen?

Eine Cloud-Strategie entwickeln

Lösungsansatz zur nachhaltigen Implementierung einer Cloud Computing-Strategie.
Lösungsansatz zur nachhaltigen Implementierung einer Cloud Computing-Strategie.
Foto: Infosys

Um eine unternehmensspezifische Cloud-Strategie zu entwickeln, sollten zunächst diejenigen Treiber und Handlungsfelder identifiziert und bewertet werden, die durch ihren innovativen Charakter und durch den zielgerichteten Einsatz der Cloud als Technologievehikel die Unternehmensziele nachhaltig unterstützen. Die Optimierung des IT-Betriebs steht hierbei nicht länger im Zentrum des Interesses. Stattdessen geht es primär um das Wachstum des Kerngeschäfts. Das konkrete Konzept und die Art der Umsetzung unterscheiden sich je nach Industriesegment und Kerngeschäft. Für ein nachhaltiges Management von Cloud-Services ist zudem essentiell, die Dimensionen Geschäftsmodell, Architektur, Portfolio, Governance-, Risk Management- und Control-Prozesse (GRC) sowie Transformation zu berücksichtigen.

Ein Beispiel aus der Praxis: Eine große US-amerikanische Restaurantkette ihr Restaurant Management System in die Cloud ausgelagert. Damit nicht genug: Heute nutzen zudem viele weitere Restaurants diese virtuelle Anwendung als Service. Die Restaurantkette konnte damit nicht nur einen wichtigen Geschäftsbereich in die IT-Wolke verlagern, sondern zugleich weiteren Umsatz durch neue Wertschöpfung generieren.

Der Schritt in die Wolke

Es lässt sich feststellen, dass Cloud Computing für viele Firmen vor allem Potenzial für die Intensivierung kundenfokussierter Aktivitäten birgt. Das heißt: Sie gehen mit Lösungen rund um Vertrieb und Marketing, etwa Customer Relationship Management (CRM), in die Cloud - häufig verbunden mit mobilen Lösungen für das Vertriebsmanagement. Zugleich erkennen viele Unternehmen Social Media als innovative Marketing- und Vertriebsplattform. Auch daten- und rechenintensive Anwendungen wie Business Intelligence und Simulationsläufe sind dankbare Cloud-Kandidaten, da sie sowohl Kosteneffizienz als auch völlig neue Möglichkeiten durch hochflexible Skalierung bieten. So lässt sich Cloud Computing beispielsweise nutzen, um Lastspitzen wie im Weihnachtsgeschäft, bei Abrechnungs- und Simulationsläufen oder bei der Entwicklung neuer Produkte, auszugleichen. Wichtigster Vorteil: IT-Ressourcen wie Hardware, Software oder IT-Management müssen nicht für diese Lastspitzen das ganze Jahr vorgehalten, sondern können kurzfristig und für einen begrenzten Zeitraum gebucht werden.

Es gibt jedoch keine Pauschalvorgabe, mit welchem Bereich kleine und mittelständische Firmen ihre Reise in die Cloud beginnen sollten. Jedes Unternehmen hat schließlich andere Voraussetzungen und verfolgt andere Prioritäten. Eine individuelle Analyse des Innovationspotenzials muss in enger Abstimmung mit der Geschäftsstrategie und unter Berücksichtigung der bestehenden IT-Landschaft und organisatorischer Voraussetzungen sowie der Unternehmenskultur erfolgen. Nicht zuletzt besteht genau darin das Potenzial zur Differenzierung und zum Wettbewerbsvorteil.

Sicherheitsbedenken

Bleibt die Sicherheitsfrage. So hat PwC in einer aktuellen Umfrage zwar herausgefunden, dass der Datenschutz eine der größten Herausforderungen der Cloud-Technologie sei. Das Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie SIT erklärt jedoch im Gegenzug: Kleine und mittlere Unternehmen könnten ihre IT-Sicherheit durch Cloud-Computing sogar erhöhen. So wie jede andere Technologie auch, kommt Cloud Computing nicht ohne eine Abschätzung und Bewertung wichtiger Sicherheitsaspekte wie IT-Sicherheit, Datenschutz und Verfügbarkeit aus.

Diese Felder stellen indes keine unüberwindbaren Hürden dar. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik hat jüngst in einem Eckpunktepapier Kriterien für die Sicherheitsbewertung von Cloud-Anbietern herausgegeben, die als Wegweiser für Unternehmen und Anbieter in Deutschland dienen können. Analog zu Web-Shops und Online-Banking werden anfängliche Sicherheitsbedenken auch bei der Nutzung von Cloud Services durch technische Standards, Richtlinien und unternehmensspezifische GRC-Prozesse adressiert.

Gerade für mittelständische Unternehmen besteht eine Gefahr genau darin, durch eine zu hohe Risikoaversität das Innovationspotenzial von Cloud Services nicht oder zu spät zu erkennen und damit Wettbewerbsvorteile gegenüber größeren Unternehmen wie eine zügige Entscheidungsfindung, Flexibilität und schnelle Time-To-Market nicht ausreichend zu nutzen.