Berlecon-Analyse

SaaS-Anbieter erreichen den Mittelstand nicht

17.09.2009
Von 


Joachim Hackmann ist Principal Consultant bei PAC – a teknowlogy Group company in München. Vorher war er viele Jahre lang als leitender Redakteur und Chefreporter bei der COMPUTERWOCHE tätig.

Welches Interesse haben Systemhäuser?

Fraglich bleibt jedoch, ob TK-Anbieter und ISPs auch in der Lage sind, größere Mittelständler bei der Integration der SaaS-Lösungen fachkundig zu unterstützen und entsprechenden Support zu leisten. Dies ist die Domäne von ITK-Dienstleistern, die als Channelpartner größerer Hard- und Softwareanbieter ohnehin schon Ansprechpartner für den Mittelstand sind. Dass der Channel-Vertrieb im SaaS-Ökosystem an Bedeutung gewinnt, zeigen aktuelle Kooperationen zwischen SaaS-Betreibern und IT-Distributoren. So verkündete Strato im Mai 2009 eine Partnerschaft mit dem IT-Distributor Actebis Peacock zur Vermarktung des "Strato Business Portals". Im September dieses Jahres schloss Visionapp als Betreiber des SaaS-Hosting-Portals Vivio eine Vertriebspartnerschaft mit dem IT-Distributor Ingram Micro. Solche Partnerschaften sind sicher eine gute Basis, um aktuelle SaaS-Angebote noch näher an den Mittelstand heranzubringen. Sie sind jedoch kein Selbstläufer.

Wenn Unternehmen Services im SaaS-Modell beziehen, dann sind es zumeist Kommunikationsdienste.
Wenn Unternehmen Services im SaaS-Modell beziehen, dann sind es zumeist Kommunikationsdienste.

Laut Berlecon bleibt es unklar, inwieweit bei ITK-Händlern und Systemhäusern tatsächlich ein Anreiz besteht, die SaaS-Angebote auch aktiv zu vermarkten und entsprechende Vertriebsstrukturen aufzubauen. Schließlich sorgen die SaaS-Dienste tendenziell dafür, dass weniger Hard- und Softwareprodukte nachgefragt werden und auch das Volumen an Integrationsleistungen geringer ausfällt. Hinzu kommt, dass durch die Verlängerung der Vertriebskette - vom Softwareanbieter über den Hosting-Dienstleister und IT-Distributor - für die ITK-Händler und Systemhäuser am Ende der Kette nur ein kleines Stück vom ohnehin knappen Kuchen übrig bleibt. Ob die Erschließung neuer Kunden- und Marktsegmente diese Nachteile aufwiegt, bleibt abzuwarten. Für den einzelnen IT-Dienstleister wird sich die aktive Vermarktung letztlich nur lohnen, wenn das Interesse auf Kundenseite deutlich zunimmt.

Praxisbeispiele sind gefragt

Die entstehenden SaaS-Ökosysteme werden also nur dann Früchte tragen, wenn sie von einem aktiven Marketing, das nicht nur theoretische Vorteile aufzählt, sondern praktische Einsatzbeispiele aufzeigt, unterstützt werden. Kurz und knapp: Es geht darum, zu zeigen, dass SaaS in der deutschen, mittelständischen Praxis tatsächlich funktioniert und nicht nur eine Facette der visionär geführten Cloud-Diskussion ist. Denn für IT-technische Experimente haben die Mittelständler weder Zeit noch Geld. Vielmehr wollen sie wissen, welche SaaS-Strategien sich bereits in der Praxis bewährt haben, wie Sicherheitsprobleme gelöst werden können und welche SaaS-Angebote ausgereift sind.

Praxisbeispiele, die belegen, dass SaaS mehr ist als eine Worthülse, sind jedoch - abgesehen vom vielzitierten Erfolg des amerikanischen CRM-Spezialisten Salesforce - immer noch Mangelware. Stattdessen liest man wiederholt von ehrgeizigen Projekten wie SAPs Business By Design, die sich bei genauerem Hinschauen bislang noch als Konzepte in der "Testphase" entpuppen. Selbst IT-affine Mittelständler werden sich schwer damit tun, aus theoretischen Wertversprechen, dem Erfolgsbeispiel Salesforce und visionären Projekten in der Testphase, Handlungsbedarf für ihr Unternehmen abzuleiten. Und so lange dieser Handlungsbedarf nicht besteht, werden ITK-Reseller allenfalls halbherzig in den Verkauf der Dienste investieren. (jha)