Die Wahrheit über Cloud-Computing

Realität statt Powerpoint

26.03.2012
Von 
Karin Quack arbeitet als freie Autorin und Editorial Consultant vor allem zu IT-strategischen und Innovations-Themen. Zuvor war sie viele Jahre lang in leitender redaktioneller Position bei der COMPUTERWOCHE tätig.
Die meisten Unternehmen sind überhaupt noch nicht bereit für die IT-Services aus der Wolke. Sie müssen sich ernsthaft fragen, welche Bedeutung diese Entscheidung für sie hat.
Der Traum vom Cloud-Computing wird schnell zum Albtraum.
Der Traum vom Cloud-Computing wird schnell zum Albtraum.
Foto: Fotolia, Robert Mizerek

Der Trend zum Cloud-Sourcing ist kaum noch aufzuhalten, weiß auch Hartmut Jaeger, Geschäftsleistungsmitglied der PA Consulting Group, Frankfurt am Main. Und das bedeute einen Paradigmenwechsel, der auch das Geschäft des auf Sourcing spezialisierten Beratungsunternehmens beeinflussen dürfte: "Der Beschaffungsprozess wird sich verändern. Die Kunden schicken keine Ausschreibung mit detaillierten Leistungsbeschreibungen mehr hinaus. Statt dessen studieren sie die Angebote der Cloud-Anbieter und kaufen diese möglichst standardisiert ein."

Voraussetzung für ein Cloud Computing, das mehr als ein konventionelles Outsourcing sein will, sind für Jaeger quasi steckerkompatible Services: "Das Ganze ist doch erst interessant, wenn der Anbieter auch der Wechsel unterstützt - so wie es die Stromanbieter heute schon tun."

Unangenehme Pflichten für den Kunden

Soweit die Zukunftsvision. Die Realität hinkt jedoch hinterher. Derzeit betreut PA einen nicht namentlich genannten Kunden, der zwar große Teile seiner IT-Services in die Cloud auslagern will, trotzdem aber einen klassischen Beschaffungsprozess initiiert hat - mit einer Ausschreibung, die sich nur dadurch von anderen unterscheidet, dass die in Frage kommenden Anbieter an deren Formulierung mitgewirkt haben. "Das zeigt, wie wenig entwickelt dieser Markt noch ist", konstatiert Jaeger.

Das neue Sourcing-Modell bringe für die Kunden ein paar unangenehme Pflichten mit sich, führt der PA-Manager aus. Dazu gehöre die Aufgabe, die benötigten Services auch Cloud-kompatibel zu beschreiben. "Die meisten Unternehmen haben ihren Bedarf noch gar nicht exakt geschnitten und in einem Servicekatalog hinterlegt", hat Jaeger in der Praxis beobachtet. Aus diesem Grund etabliere sich Cloud Computing bislang hauptsächlich im Storage- und Server-Umfeld, also in stark standardisierten IT-Bereichen.

Aus Jaegers Sicht würden sich auch SAP-Anwendungen gut als Cloud-Services eignen: "Allerdings hat fast jedes Unternehmen so viel an den Applikationen herum custumized, dass sie aus dem Standard gefallen sind." Das gern zitierte Erfolgsmodell Salesforce.com funktioniere auch nur deshalb, weil die Kunden es genau so einsetzten, wie der Anbieter es liefere.