CW: Herr Gaertner, Banken sind besonders betroffen von der Wirtschafts- und Finanzkrise. Das kann die IT nicht unberührt lassen. Wie steuern Sie die Deutsche-Bank-IT durch diese schwere Zeit?
GAERTNER: Relativ zum Markt sind wir bislang gut durch die Krise gekommen. Deshalb denken wir vor allem darüber nach, wie wir gestärkt aus ihr hervorgehen. Krise bedeutet auch Chance. Wir setzen dabei in erster Linie die IT ein, um die Bank mit ihren Produkten und Prozessen weiterzuentwickeln. Deshalb stehen auch strategische Überlegungen und Projekte an erster Stelle. Natürlich dürfen wir gleichzeitig keine Kompromisse bei den Hygienefaktoren wie Stabilität, Kosten und Effizienz eingehen.
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CW: Wie sehen Sie das, Herr Jetter? Halten sich IBM-Kunden sehr zurück und frieren ihre IT-Ausgaben ein, oder gibt es tatsächlich noch Unternehmen, die Geld für IT ausgeben? Wenn ja, für welche Art von Projekten?
JETTER: Als die Finanzkrise sich zur Wirtschaftskrise ausdehnte, waren viele Kunden zunächst schon sehr nervös. Wir bekamen Anrufe, in denen wir morgens aufgefordert wurden, unsere Preise bis nachmittags zu senken, sonst würden wir von der Liste der Zulieferer gestrichen. Das hat sich inzwischen geändert. Mit zunehmender Dauer der Krise diskutieren wir mit den Kunden wieder sehr seriös. Zum einen, weil sie erkannt haben, dass mit der Wirtschaftskrise der Wettbewerb in ihrer jeweiligen Branche nicht aufhört, und zum anderen, weil die IT einen sehr großen Hebel darstellt, um Geschäftsvorteile zu erzielen sowie Effizienz- und Produktivitätsgewinne zu realisieren. Es hat sich noch niemand aus der Krise gespart. Es gibt Innovationsfelder, in die nach wie vor investiert wird. Das Thema Sourcing, die alte Frage nach dem Make or Buy, hat neue Dynamik erreicht. Selbst Unternehmen, die früher viel von einer großen Fertigungstiefe gehalten haben, denken neu darüber nach und reden wieder mit uns.
- Wolfgang Gaertner, CIO der Deutschen Bank
Wir setzen die IT ein, um die Bank mit ihren Produkten und Prozessen weiterzuentwickeln. Deshalb stehen strategische Überlegungen und Projekte an erster Stelle. Natürlich dürfen wir keine Kompromisse bei den Hygienefaktoren wie Stabilität, Kosten und Effizienz eingehen. - Martin Jetter, Geschäftsführer von IBM Deutschland
Es hat sich noch niemand aus der Krise gespart. Es gibt Innovationsfelder, in die nach wie vor investiert wird. Das Thema Sourcing, die alte Frage nach dem Make or Buy, hat neue Dynamik erreicht. - Wolfgang Gaertner, CIO der Deutschen Bank
Wir legen großen Wert darauf, dass unsere Lieferanten ihre Preise anpassen und reduzieren. Das sehen wir als einen Teil der strategischen Beziehung. Wer uns jetzt hilft, der ist auch in der künftigen Wachstumsphase mit dabei. - Martin Jetter, Geschäftsführer von IBM Deutschland
Wir haben mit einer eigenen "Abwrackprämie" reagiert, die wir selbst finanzieren. Sie ist für die Unternehmen eine gute Möglichkeit, in angespannter Lage zu modernisieren. - Wolfgang Gaertner, CIO der Deutschen Bank
In der Deutschen Bank liegt der Fokus eindeutig auf den strategischen Projekten. Reengineering-Themen, die es uns erlauben, zu Beginn der nächsten Aufschwungphase bereit zu sein. - Martin Jetter, Geschäftsführer von IBM Deutschland
Wir sind aus den Abschwungphasen der jüngeren Vergangenheit immer gestärkt hervorgegangen. Die IBM profitiert auch davon, dass sich IT-Anwender gerade in schwierigen Zeiten ihren verlässlichen Partnern zuwenden. - Martin Jetter, Geschäftsführer von IBM Deutschland
Optimistisch geschätzt dauert die gegenwärtige Konjunkturlage noch bis Herbst 2010. Pessimistisch prognostiziert kann die Krise noch bis 2012 dauern. Aber ich bin fest davon überzeugt, dass einige Branchen nach der Krise ein neues Normal erleben werden. - Wolfgang Gaertner, CIO der Deutschen Bank
Nachhaltige Veränderungen brauchen Zeit, und die Unternehmen sehen ein, dass sie sie jetzt schleunigst beginnen müssen, gleichgültig ob die Krise noch ein oder noch drei Jahre dauert. - Martin Jetter, Geschäftsführer von IBM Deutschland
Das Thema Produktivität wird uns auf jeden Fall begleiten. Wir können nur im Wettbewerb bestehen, wenn wir innovativer sind als andere Nationen, wenn wir schneller und effektiver sind als andere. - Wolfgang Gaertner, CIO der Deutschen Bank
Durch die applikationszentrische Silo-Organisation haben wir nicht gewusst, wie gut wir sind. Mitarbeiter, die ähnliche Aufgaben bewältigen, tauschten sich viel zu wenig aus. Durch die Zusammenführung haben wir ein Gefühl dafür entwickeln können, was Best Practice ist, und haben insgesamt ein höheres Niveau erreicht. - Wolfgang Gaertner, CIO der Deutschen Bank
Wir können nur dann gute Lösungen bauen, wenn wir wissen, welche Business-Probleme gelöst werden sollen. Das Domain-Management übernimmt hierbei die Business-Analyse und die Interaktion mit den Geschäftsbereichen und der IT. - Wolfgang Gaertner, CIO der Deutschen Bank
Die Services kommen da hin, wo sie am effektivsten für die ganze Bank funktionieren. Das haben wir umgesetzt und siehe da, wir brauchen 40 Prozent weniger Zeit und 50 Prozent weniger Geld als im vorherigen Silo-Ansatz, um das Gleiche zu realisieren. - Martin Jetter, Geschäftsführer von IBM Deutschland
In der Vergangenheit waren Unternehmen stark auf Produkte oder Services ausgerichtet. Dadurch entstanden Redundanzen, die sich heute eigentlich niemand mehr leisten kann. Durch horizontal ausgerichtete Funktionen versucht man, sie jetzt wieder zu reduzieren. - Wolfgang Gaertner, CIO der Deutschen Bank
Es ist ziemlich leicht, einen Service für eine Service-orientierte Architektur zu entwickeln, schwerer ist es, ihn in die bestehende Landschaft zu integrieren. Was wir bei uns auslösen, ist Standardisierung und Simplifizierung, darin besteht die große Chance. - Martin Jetter, Geschäftsführer von IBM Deutschland
In unserem Projekt Blue Harmony modernisieren und vereinheitlichen wir unsere Backend-Systeme schrittweise. Alle zentralen Anwendungen werden dann über ein gemeinsames Backbone betrieben. - Wolfgang Gaertner, CIO der Deutschen Bank
Wir brauchen immer dann starke Partner, wenn wir neue Dinge ausprobieren wollen. Große Organisationen neigen dazu, in eingefahrenen Fahrwassern zu bleiben. - Martin Jetter (links), Geschäftsführer von IBM Deutschland, im Gesrpäch mit Deutsche-Bank-CIO Wolfgang Gaertner.
Wir arbeiten schon lange mit der Deutschen Bank zusammen. Wir reden gemeinsam über Cloud Computing und andere Themen. Wir sehen es durchaus auch als Aufgabe, uns aus einer guten Leistung heraus beim Kunden zu verbreitern.