Ranking der Offshore-Länder

Wo Offshoring sicher und lohnend ist

17.02.2013
Von 


Joachim Hackmann ist Principal Consultant bei PAC – a teknowlogy Group company in München. Vorher war er viele Jahre lang als leitender Redakteur und Chefreporter bei der COMPUTERWOCHE tätig.
Das Beratungshaus A.T.Kearney hat 50 Länder auf ihre Offshore-Eignung analysiert. Indien ist Spitze, gefolgt von China und Malaysia. Deutschland, vertreten durch die Region Sachsen, macht überraschend einen deutlichen Sprung nach vorn.
Die führenden Offshore-Länder habe sich auf verschiedene Auslagerungsdienste spezialisiert. Nur Indien bietet ein durchgängiges Portfolio für Geschäftsprozess-Outsourcing, Sprach-Services (etwa Call Center) und IT-Outsourcing.
Die führenden Offshore-Länder habe sich auf verschiedene Auslagerungsdienste spezialisiert. Nur Indien bietet ein durchgängiges Portfolio für Geschäftsprozess-Outsourcing, Sprach-Services (etwa Call Center) und IT-Outsourcing.
Foto: A.T.Kearney

Das Auslagern von IT-Services in Länder mit günstigen und gut ausgebildeten Fachkräften ist nach wie vor ein beliebtes Mittel, mit denen Unternehmen aus den Industriestaaten dem anhaltenden Preisdruck begegnen. Das tun sie unbenommen der wachsenden, öffentlichen Kritik, beobachten die Berater von A.T.Kearney: "Poliker benutzen das Global Service Offshoring gerne als Buhmann für die schwache Wirtschaft und hohe Arbeitslosigkeit in ihren Heimatmärkten. Sie schüren damit Ressentiments gegenüber global aufgestellten Unternehmen und fremden Ländern", schreiben die Berater in ihrer Studie "Offshoring Opportunities Amid Economic Turbulences".

Tatsächlich habe das Geschäft der Offshoring-Anbieter zuletzt gelitten, Anzeichen für ein Ende des Auslagerungstrends sehen die Marktbeobachter indes nicht. "Tatsache ist, dass die Global Services Industrie bereit steht, ihr volles Potenzial auszuschöpfen", betonen die Berater. Um das Geschäft transparenter zu gestalten veröffentlicht das Haus seit 2003 regelmäßig den "A.T.Kearney Global Services Location Index". Er vergleicht die Rahmenbedingungen für ein grenzüberschreitendes IT-Outsourcing unter den Aspekten Kosten, Arbeitsmarkt und allgemeines, geschäftliches Umfeld.

Kosten: Hier beeinflussen insbesondere günstige Lohnkosten die Platzierung positiv. Die Analysten bewerten zudem die Kosten für den Betrieb der Infrastruktur sowie die Steuern, aber auch die Verbreitung von Korruption.

Arbeitsmarkt: Gute Noten erhalten Länder, die viele Fachkräfte mit adäquatem Know-how bereitstellen können. In die Wertung fließen zudem Ausbildung und Sprachkenntnisse ein. Hier zeigt sich deutlich die Herkunft der Studie: Sie ist vor allem für US-Anwender gedacht. Höchstnoten bei den Sprachkenntnissen heimsen alle englischsprachigen Länder ein, also die USA, Kanada, Großbritannien und Australien, nicht jedoch Indien. Mehrsprachigkeit spielt keine wichtige Rolle.

Geschäftliches Umfeld: Zur Bewertung zieht A.T.Kearney andere hauseigene Studien heran, die etwa das Umfeld für Investitionen sowie die Interaktionsfähigkeit vor dem jeweiligen kulturellen Hintergrund analysieren. Zudem schauen sich die Berater die politische Lage, die TK- und Internet-Infrastruktur, die Energieversorgung sowie die rechtliche Situation (etwa Schutz des geistigen Eigentums) genau an.

Indien und China: Viele Fachkräfte, dürftiges Umfeld

In der Spitzengruppe hat die Auswertung keine Veränderung gegenüber dem Vorjahr ergeben. Indien führt weiter vor China und Malaysia (siehe Bilderstrecke). Besonders die beiden Erstplatzierten können aus einem großen Pool gut ausgebildeter Fachkräfte mit vergleichsweise günstigen Arbeitslöhnen schöpfen. Abstriche bescheinigen die Analysen beiden Ländern hinsichtlich des Business-Umfelds. Malaysia belegt in den drei Einzelkategorien jeweils einen guten Mittelplatz, in der Summe schiebt sich die Region damit auf Platz drei der A.T.Kearney-Liste.

Auffallend ist, dass infolge der jahrelangen wirtschaftlichen Krise gut entwickelte Länder mit hochqualifizierten Arbeitskräften große Sprünge nach vorn machten. Die baltischen Staaten Estland und Lettland verbesserten sich auf die Plätze elf und 13, unter anderem weil die Sparanstrengungen der Regierungen die Arbeitskosten drücken. Selbst Großbritannien machte einen Hüpfer nach vorn auf Rang 16. Verantwortlich dafür sind zum einen die günstigen Wechselkursveränderungen zwischen Pfund und Dollar, zum anderen sind die britischen Arbeitslöhne zuletzt relativ langsam gestiegen.

Frankreich sackt ab, Deutschland steigt auf

Großbritannien zählt zu den Ländern, in denen A.T.Kearney so genannte Tier-2-Regionen ausgemacht und sie mit anderen Offshore-Ländern verglichen hat. Das sind Gegenden mit Löhnen, die unter dem Landesdurchschnitt liegen. In Großbritannien zählen etwa der Nordosten von England, Wales und Nord-Irland dazu. Solche Tier-2-Regionen haben die Berater auch in Frankreich (Languedoc-Roussillon) und in Deutschland (Sachsen) untersucht. Demnach haben sich die Rahmenbedingungen in Frankreich verschlechtert, das Land sackte um drei Ränge auf Platz 44 ab. Deutschland, vertreten durch die Region Sachsen, stieg dagegen um acht Plätze auf den Rang 26. Konkrete Gründe nennt A.T.Kearney nicht. Ein Vergleich mit Vorjahreswerten zeigt Verbesserungen in allen drei Kategorien (Arbeitsmarkt, Kosten, geschäftliches Umfeld).