Olympische Spiele 2012

Londoner IT-Marathon

17.07.2012
Von Tobias Wendehost

Sicherheit durch Standard-IT

"Wir verarbeiten rund 30 Prozent mehr Daten als bei den letzten Olympischen Spielen", rechnet Pieter-Jon Buitelaar, Operations Manager bei Atos, vor.
"Wir verarbeiten rund 30 Prozent mehr Daten als bei den letzten Olympischen Spielen", rechnet Pieter-Jon Buitelaar, Operations Manager bei Atos, vor.
Foto: Anthony Charlton

Insgesamt umfasst das IT-Equipment für die Spiele zirka 11.000 Desktop-Computer, 1100 Notebooks, 1000 Netzwerk- und Sicherheitskomponenten und 900 Server. Die Geräte wurden im Technology Equipment Deployment Centre (EDC) konfiguriert, das bereits im April 2011 die Arbeit aufnahm. Als Standardrechner kommen PCs (Veriton 670) und Notebooks (TravelMate) von Acer zum Einsatz, die mit Windows 7 arbeiten. Zum Softwarepaket gehören Management-, Personalplanungs- und Akkreditierungs-Tools sowie ein spezielles Programm zur Verarbeitung der Ergebnisse. Die einzelnen Wettkampforte sind mit jeweils mindestens drei (teilweise virtuellen) Acer-Servern bestückt.

Das Sicherheitskonzept von Atos umfasst drei Bereiche: Architektur, Risiko-Management und Betrieb. Aus Sicherheitsgründen separierten die Spezialisten beispielsweise das Kommunikationsnetz vom Intranet, über das die Wettkampfergebnisse übertragen werden. BT und Cisco verlegten rund 4200 Kilometer Kabel zwischen den Olympia-Orten und dem Rechenzentrum im Londoner Osten. "Die einzelnen Wettkampfstätten sind autonom. Wir überwachen im TOC vor allem den Informationsfluss", beschreibt Atos-Manager Buitelaar die Infrastruktur.

Im "Technology Operations Centre" (TOC) fließen alle Daten zusammen.
Im "Technology Operations Centre" (TOC) fließen alle Daten zusammen.
Foto: Atos

Zudem wurde ein Intrusion Detection System (IDS) eingerichtet, das Angriffsmuster erkennt und bei der Gefahrenanalyse hilft. "Hacker werden versuchen, unsere Infrastruktur anzugreifen", ist sich Gerry Pennell, Chief Information Officer (CIO) des LOCOG, sicher. Der CIO geht von verschiedenen Bedrohungsszenarien aus: So könnten Anonymous-Aktivisten unbeliebte Sponsoren angreifen. Auch Ticket-Datenbanken könnten Hacker interessieren.

Naturgemäß sind die Experten von LOCOG und Atos zugeknöpft, wenn es um Sicherheitsdetails geht. Allein bei den letzten Olympischen Spielen in Peking verzeichneten die Systeme zirka 200 Millionen sicherheitsrelevante Ereignisse, weniger als 100 davon waren nach Angaben von Atos wirklich bedrohlich. Wie die genau aussahen, wird nicht mitgeteilt. Um gegen Angriffe gewappnet zu sein, spielten die Sicherheitstechniker bis Ende April eine Reihe von Szenarien durch. Die beiden letzten Tests wurden im Mai vorgenommen.

Medienspiele

Doch die Sicherheitsinfrastruktur ist nur eine der Herausforderungen, eine andere ist die Unterstützung der vielen TV-Anstalten. So sendet allein die BBC ungefähr 2500 Stunden Wettkämpfe auf 29 Fernseh- und Radiokanälen sowie als Internet-Livestream. Das britische TK-Unternehmen BT stellt seinerseits Teile der neuen, IP-basierenden 21CN-Netzwerkinfrastruktur zur Verfügung, zu der etwa ein Glasfaserring um den Olympic Parc im Londoner Stadtteil Stratford gehört. Die Zentralknoten sind für einen Transfer von bis zu 160 Gbit/s ausgelegt, wobei die Wettkampfstätten mit 20 Gbit/s angeschlossen sind.

Um die internationalen TV- und Radiosignale (ITVR) an die nationalen Sendeanstalten zu verteilen, gründete das IOC 2001 das Unternehmen "Olympic Broadcasting Services" (OBS) in Spanien. Seit den Olympischen Spielen 2008 produziert es alle Bild- und Tonformate. Für London gründete das OBS wiederum die Tochter "Olympic Broadcasting Services London" (OBSL), das mit 4000 Mitarbeitern und 1000 Kameras an den Austragungsorten vertreten ist. Die verkauften ITVR-Signale enthalten keine Kommentare, da die Fernsehsender diese eigenhändig produzieren.

Alle TV-Bilder werden im HD-Format (1080/50i) aufgenommen und im Bedarfsfall herunterskaliert. Trotz einer groß angekündigten 3D-Offensive senden die meisten Fernsehsender nicht in dem Format. Lediglich die britischen Anstalten BBC und BSkyB sowie der US-Kanal NBC wollen Teile ihres Programms in 3D ausstrahlen. Grund für die Zurückhaltung ist laut BBC vor allem der Kapazitätsengpass.

Die Olympischen Spiele in London sollen die "schnellsten aller Zeiten" werden. Damit das gelingt, hat Atos ein Information Diffusion System (IDS) entwickelt, das Daten in Echtzeit an Medienvertreter, Athleten, Wettkampfrichter, Trainer und Sponsoren liefert. Journalisten bekommen etwa über das "Commentator Information System" (CIS) im Bruchteil einer Sekunde Wettkampfergebnisse auf ihren Monitor - noch bevor die Zuschauer im Stadion den Sieger kennen. Die Bedienung ist per Touchscreen möglich.