Xing-Gruppe CW-Leser

Woran Offshoring-Projekte kranken

30.08.2010
Von 
Wolfgang Herrmann war Editorial Manager CIO Magazin bei IDG Business Media. Zuvor war er unter anderem Deputy Editorial Director der IDG-Publikationen COMPUTERWOCHE und CIO und Chefredakteur der Schwesterpublikation TecChannel.
In der Xing-Gruppe CW-Leser diskutierten Betroffene über die Probleme mit Offshore-Dienstleistern.

Es gibt kaum Anwender, die IT in Niedriglohnländer oder an einen indischen Provider ausgelagert haben und darüber sprechen wollen", klagte CW-Redakteur Joachim Hackmann in der Xing-Gruppe CW-Leser. "Ist Offshoring ein Tabuthema?"

Kommunikationsprobleme bremsen Offshoring-Projekte aus, moniert CW-Leser Michael Winkler.
Kommunikationsprobleme bremsen Offshoring-Projekte aus, moniert CW-Leser Michael Winkler.

In der anschließenden Diskussion nannte ein Leser unter anderem kulturelle Unterschiede als gravierendes Problem, aber auch Schwierigkeiten im Bereich der individuellen Softwareentwicklung, die doch eigentlich eine Stärke gerade indischer Dienstleister sein sollte. Michael Winkler, Berater und Java-Entwickler beim Münchner Softwarehaus micwin.net, legte in seinem Posting den Finger in die Wunde. Wir geben seine Ausführungen in gekürzter Form wieder:

"Software wird selten so dokumentiert, dass sie ein anderer Entwickler verstehen kann, sondern so, dass man dem Manager sagen kann, man habe dokumentiert. Auch schreibt so mancher Kompetenzträger gerne von sich, dass er Englisch beherrsche - wenn man ihn direkt darauf anspricht, lautet das Statement aber ganz anders. Analog schreibt so mancher Inder von sich, dass er Deutsch verstehe. Dennoch kann sich ein deutscher Kompetenzträger oft gar nicht mit einem Inder auf Deutsch unterhalten - und nur mäßig auf Englisch!

Startseite der Xing-Gruppe CW-Leser
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Angesprochen auf all diese Probleme, kommt ein Softwareentwickler in die Verlegenheit zu erklären, dass Englisch LESEN etwas anderes ist als Englisch SPRECHEN, dass es Indisch-Englisch und Deutsch-Englisch gibt und diese beiden Sprachen so gut zueinander passen wie Platt und Bayerisch. Wenn man weiß, dass die Inder wie alle Asiaten ihre Sprache mit sehr vielen Nuancen ausstatten (ein "Nein" wird etwa immer verschlüsselt), wird offenkundig, wo das Problem liegt. Ein Projektleiter versteht das alles (bestenfalls), bekommt aber vom Stakeholder nur selten genug Ressourcen, um diese Art von Problemen zu lösen. Neulich habe ich sogar erlebt, dass ein namhaftes deutsches Unternehmen in einer erneuten Indien-Phase die bis dahin sehr beliebten firmeninternen Englisch-Kurse gestrichen hat. Da resigniert dann sogar ein Projektleiter.

Und deshalb sourct ein hohes Management gerne mal Software nach Indien aus, in dem Glauben, die Software sei dokumentiert, die Techniker könnten sich auf Deutsch, schlimmstenfalls auf Englisch unterhalten, und zur Not werde man halt einfach noch ein paar billige Inder dazukaufen. Ein Satz, drei Fehler..." (wh)

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