Mark Hurd

An den Werten von HP gescheitert

07.08.2010
Mark Hurd ist einer der erfolgreichsten Manager der USA. Mit ihm kam Hewlett-Packard wieder auf Kurs.

Bis Hurd jetzt über eine Liaison stolperte. Die Beziehung zur Belegschaft aber stimmte schon länger nicht mehr. Nach dem überraschenden Rücktritt an der Konzernspitze von Hewlett-Packard (HP) lässt sich die Bilanz von Mark Hurd schnell zusammenfassen: Gute Zahlen, schlechte Stimmung. Gescheitert ist er letztlich am "HP Way", wie die Werte des traditionsreichen IT-Konzerns für das Verhalten nach innen wie nach außen zusammenfassend bezeichnet werden.

Verstoß gegen die Firmenstandarts

"Diese Werte, die wir an der Basis noch leben, werden vom Top- Management nicht mehr gelebt", sagte ein HP-Mitarbeiter in Deutschland der dpa. Das bedeutet aber nicht, dass sie ihre Wirksamkeit verloren haben. So bezog sich die Begründung für den plötzlichen Rücktritt Hurds am Freitagabend ausdrücklich auf die "standards of business conduct" von HP, also auf die Standards für den geschäftlichen Umgang, die allen Mitarbeitern einmal im Jahr in einem speziellen Training ans Herz gelegt werden.

Eine Untersuchung zum Vorwurf der sexuellen Belästigung einer externen Marketing-Beraterin wies zwar keinen Verstoß gegen Richtlinien des Unternehmens in dieser Frage nach, wohl aber gegen die allgemeinen Firmenstandards. Chefjustiziar Michael Holston sprach von einer "engen persönlichen Beziehung" Hurds zu einer externen Beraterin. Bei den Ermittlungen tauchten dann fragwürdige Abrechnungen des Vorstandschefs auf.

Hurd wurde im Februar 2005 HP-Chef, als Nachfolger von Carly Fiorina, die nun für die Republikaner in die Politik gegangen ist. Der Manager war zuvor 25 Jahre für das IT-Unternehmen NCR tätig, zuletzt drei Jahre als Vorstandschef. Sein Wirtschaftsstudium absolvierte er an der privaten Baylor University in Texas, die baptistisch geprägt ist.

Sparen und verschlanken

Bei HP hatten es viele begrüßt, dass nach der auf Außenwirkung bedachten Fiorina nun wieder ein nüchterner Zahlenmensch an der Spitze stand. "Ich fand das außerordentlich beeindruckend, wie konkret und präzise er seine Strategien präsentiert hat", erinnert sich der deutsche HP-Mitarbeiter.

"Aber dann hat Mark angefangen, die Schrauben anzuziehen. Und das hieß sparen, koste es, was es wolle." Tausende von Stellen wurden gestrichen. Der Sparkurs habe sich auch negativ beim Support bemerkbar gemacht, sagt der Insider. "Vieles läuft nicht rund, weil überall gespart werden muss." Inzwischen verliere HP auch "gute Leute, die man niemals ziehen lassen darf".

Aber die Zahlen stimmen. Nachdem das kalifornische Unternehmen in den letzten Jahren der Ära Fiorina sowohl im PC-Geschäft als auch im profitablen Drucker-Geschäft Probleme bekommen hatte, konnte Hurd das Steuer herumreißen. Über den emsigen Arbeiter heißt es, er stehe jeden Tag schon vor fünf Uhr früh auf - wegen der Zeitverschiebung sei da schließlich die Konkurrenz an der Ostküste auch schon wach. Ein Jahr nach seinem Amtsantritt wurde HP 2006 Marktführer bei Notebooks, 2007 auch bei Desktop-Computern. Die Marktanteile bei Tintenstrahl- und Laserdruckern konnten ebenfalls ausgeweitet werden.

Als die Gewinne wieder stimmten, ging Hurd auf Einkaufstour. 2008 wurde der IT-Dienstleister EDS übernommen, 2009 der Netzwerkausrüster 3Com, 2010 der Handheld-Pionier Palm. In dem bis Oktober laufenden Geschäftsjahr wird ein Umsatz von 125 Milliarden Dollar erwartet. Zu Beginn der Ära Hurd waren es nicht einmal 80 Milliarden Dollar.

Skepsis trotz Erfolg

Die Erfolge konnten die Stimmung bei den Mitarbeitern aber offenbar nicht nachhaltig verbessern. "Seit einem Jahr diskutieren wir darüber, wie lange er noch dabei sein wird, weil er nach Meinung der Belegschaft die Schrauben längst überdreht hat", sagt der HP- Mitarbeiter in Deutschland. Es sei eine unglückliche Situation, dass Hurd seit 2006 auch Chairman sei - damals übernahm Hurd das Amt der wegen einer Spitzelaffäre zurückgetretenen Verwaltungsratschefin Patricia Dunn.

Nun ist die Ära Hurd aber doch schneller beendet als erwartet. Finanzchefin Cathie Lesjak soll die Konzernspitze für eine Übergangszeit übernehmen. "Wir schauen uns interne und externe Kandidaten an", sagt Verwaltungsratsmitglied Marc Andreessen. In der Belegschaft gibt es eine klare Vorgabe: "Jetzt muss wieder jemand kommen, der die alten HP-Werte lebt." (dpa/tc)