Viele Mittelständler entwickelten sich im zurückliegenden Jahrzehnt zu High-Tech-Unternehmen und international agierenden Firmen - ohne dass sich ihre Unternehmens- und Führungskultur merklich wandelte. Das entpuppt sich zunehmend als Hemmschuh für die weitere Entwicklung. Freitagnachmittag, in der weihnachtlich geschmückten Kantine eines mittelständischen Maschinenbauers in Baden-Württemberg. Fast 600 Augenpaare blicken zum Rednerpult. Hinter ihm steht der schon stark ergraute Firmeninhaber und lässt in seiner Rede anlässlich der Weihnachtsfeier die Entwicklung seines Unternehmens in den letzten Jahren Revue passieren.
"Wenn ich in den Saal schaue", stellt er fest, "dann sehe ich, wie viel sich im letzten Jahrzehnt geändert hat." "Vor zehn Jahren", fährt der Firmeninhaber nach einer Atempause fort, "waren die meisten Mitarbeiter Facharbeiter. Heute sind über zwei Drittel Akademiker. Vor zehn Jahren arbeiteten für unser Unternehmen nur wenige Frauen - vorwiegend als Schreibkräfte und Kantinenpersonal. Und heute sind über ein Viertel der Mitarbeiter Frauen - und zwar hoch qualifizierte. Und vor zehn Jahren sprach bei uns kaum einer Englisch. Und heute? Heute sprechen die meisten von uns nicht nur Englisch, sondern viele sogar fließend zwei, drei Fremdsprachen." "Das zeigt mir, wie stark sich unser Unternehmen im vergangenen Jahrzehnt verändert hat", sagt er dann. "Und wie viel sich in den kommenden Jahren noch ändern wird", ergänzt er, während er zu seinem Sohn blickt, der vor einem halben Jahr in die Firmenleitung eingetreten ist.
- Noch bilden sie eine Minderheit: Frauen in der IT haben in den meisten Firmen Exotenstatus, erst recht im Management.
- Ralica Yancheva, Beraterin bei Conargus:
"Die Diskussionen und politischen Debatten zur Frauenquote haben viele Manager für das Thema sensibilisiert." - Inge Hanschke, Geschäftsführerin bei Iteratec:
"Frauen müssen wissen, was sie wollen und gelassen auf das Platzhirschgebaren reagieren." - Rebecca de Souza, Diversity Managerin bei General Electric (GE)
"Zu wenige Frauen in Führungspositionen sind überall in Europa ein Problem, doch besonders in Italien und Deutschland." - Patricia Rezic, verantwortlich für Controlling und Personal bei Projektron
"Das Durchschnittsalter unserer Mitarbeiter liegt bei 32 Jahren; viele haben Kinder." - Eva Faenger, Diversity-Managerin bei Hewlett-Packard:
"Besonders im Service und im Outsourcing-Geschäft gibt es Handlungsbedarf." - Claudia Kedor: Leiterin Marketing bei Projektron:
"Wir sprechen schon vor der Geburt des Kindes mit den Kollegen, wie sie sich den Wiedereinstieg vorstellen." - Edeltraud Leibrock, Vorstand IT bei der KfW Bank:
"Frauen tendieren öfters als Männer dazu, ihre Fähigkeiten kritisch zu bewerten." - Katrin Jenkins, Abteilungsleiterin Systemdesign und Customizing bei DB-Systel:
"Junge Mütter sind besonders engagiert, weil sie sich nichts nachsagen lassen wollen." - Claudia Payer, Projektleiterin Commerz Finanz:
"In über 20 Jahren habe ich mir fundiertes IT-Know-how angeeignet, das heute eine solide Grundlage bildet, um Projekte zu leiten."
Auch die Mitarbeiter haben sich gewandelt
Eine ähnliche Rede könnten viele Inhaber mittelständischer Betriebe halten. Denn auch für ihre Betriebe gilt: Sie haben sich von handwerklichen Produzenten mit geringer Fertigungstiefe und Produktkomplexität in High-Tech-Unternehmen verwandelt. Und während sie vor zehn, fünfzehn Jahren noch vorwiegend für den deutschen Markt (und eventuell einige europäische Nachbarstaaten) produzierten, vertreiben sie heute ihre Produkte weltweit. Doch nicht nur dies. Sie lassen zudem einen großen Teil von ihnen im Ausland produzieren. Und in Deutschland? Hier findet vor allem die Entwicklung neuer Produkte statt. Und hier werden noch die Maschinen und Anlagen produziert, deren Fertigung Spitzen-Know-how erfordert.
Aufgrund dieser Entwicklung hat sich auch die Belegschaft der Betriebe gewandelt. Sie wurde nicht nur internationaler - lässt man die Gastarbeiter außer Acht, die vor zehn Jahren in der Produktionshallen vieler Mittelständler ihren Lebensunterhalt verdienten. Sie wurde auch weiblicher. Und: Sie ist höher qualifiziert als vor zehn, fünfzehn Jahren.