Von gesetzlicher Regelung abgewichen

Nach langer Krankheit kann Urlaub verfallen

21.12.2011
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Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Nach einem Gerichtsurteil kann ein Urlaubsanspruch, der über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgeht, nach langer Krankheit verfallen.

Nach langer Krankheit kann ein Urlaubsanspruch über den gesetzlich garantierten Mindesturlaub von vier Wochen hinaus verfallen, wenn der entsprechende Tarifvertrag keine anderen Regelungen enthält.

Darauf verweist der Stuttgarter Fachanwalt für Arbeitsrecht Michael Henn, Präsident des VdAA - Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf ein soeben veröffentlichtes Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Rheinland-Pfalz - (Az.: 10 Sa 244/10.

Der Fall

Nach langer Krankheit auch noch Urlaubsanspruch? Das sehen manche Firmen gar nicht gern.
Nach langer Krankheit auch noch Urlaubsanspruch? Das sehen manche Firmen gar nicht gern.
Foto: Fotolia, Gina Sanders

Zwischen den Parteien ist streitig, ob der den gesetzlichen Mindesturlaub übersteigende Tarifurlaub aus den Jahren 2007 und 2008 verfallen ist. Der 1950 geborene Kläger ist seit 1974 bei der beklagten Stadt in der Fünf-Tage-Woche als Angestellter beschäftigt und hat nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) Anwendung damit Anspruch auf 30 Urlaubstage jährlich. Der Kläger war vom 23.06.2007 bis zum 07.10.2009 arbeitsunfähig erkrankt. Mit seiner Klage verlangt er, ihm für 2007 und 2008 den tariflichen Mehrurlaub von jeweils noch zehn Urlaubstagen zu gewähren, der über den gesetzlich garantierten Mindesturlaub von vier Wochen hinausgeht.

Das Arbeitsgericht Koblenz hatte die Klage abgewiesen. Zu Recht, wie nun auch das LAG Rheinland-Pfalz bestätigte, so Henn.

Das Urteil

Das Arbeitsgericht habe die Klage zu Recht abgewiesen. Ansprüche des Klägers auf Gewährung tariflichen Mehrurlaubs von jeweils zehn Tagen aus 2007 und 2008 bestehen nicht. Die Ansprüche auf den tariflichen Mehrurlaub sind gemäß § 26 Abs. 2 lit. a TVöD am 31.05.2008 bzw. am 31.05.2009 verfallen, weil ihn der Kläger wegen Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende des Übertragungszeitraums nicht antreten konnte.

Tarifvertragsparteien könnten Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche, die den Mindestjahresurlaub von vier Wochen übersteigen, frei regeln. Dies hätten die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes auch in § 26 TVöD getan und ein weitgehend vom Gesetzesrecht gelöstes Urlaubsregime geschaffen. 26 Abs. 2 lit. a TVöD deute schon nach seinem ausdrücklichen Wortlaut nicht auf einen von den Tarifvertragsparteien bezweckten "Gleichlauf" der gesetzlichen sowie der übergesetzlichen Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche bei Arbeitsunfähigkeit hin.