Ist das wirklich der richtige Kandidat für die vakante Stelle? Das fragen sich Personalverantwortliche oft nach Vorstellungsgesprächen. Denn in ihnen versucht sich jeder Bewerber so gut wie möglich zu verkaufen. Entsprechend wichtig ist eine professionelle Gesprächsvorbereitung und -führung.
Hierzu ein Beispiel.
Heinz Siebert, Inhaber eines mittelständischen Unternehmens, war glücklich. Nach langer Suche hatte er endlich den scheinbar passenden Vertriebsleiter gefunden. Doch dann trat der Neue seine Stelle an. Und schon nach wenigen Tagen kamen Siebert erste Zweifel: Habe ich wirklich den besten Kandidaten ausgewählt? Denn immer wieder traten Pannen bei der Vertriebsplanung auf. Und zunehmend häuften sich bei ihm die Klagen der Verkäufer: "Der Neue hat doch von der Praxis keine Ahnung. Und wie er mit uns umspringt, das lassen wir uns nicht gefallen." Zwei Monate später war Siebert erneut auf der Suche nach einem Vertriebsleiter. Sein "Traumkandidat" hatte sich als Fehlgriff erwiesen.
- Tipps für Arbeitgeber: So finden Sie Spezialisten
Hoch qualifizierte Fachleute mit Expertenwissen und speziellen Erfahrungen sind rar. Wie Sie bei der Personalsuche trotzdem erfolgreich sind, verrät Michael Strübing. - Ein glasklares Anforderungsprofil formulieren:
Der erste Schritt ist, wie stets, wenn eine vakante Stelle zu besetzen ist: Das Unternehmen sollte ein Anforderungsprofil an den künftigen Stelleninhaber formulieren. Doch leider fehlt den Anforderungsprofilen für die gesuchten Spezialisten häufig die nötige Konkretion und Präzision - vor allem, weil die Personalabteilung und die Fachabteilung zu wenig miteinander kommunizieren. Das ist aber nötig. - Keine vorschnellen Antworten akzeptieren:
Werden die Anforderungen an den künftigen Stelleninhaber nicht glasklar formuliert, dann können sie auch nicht in die Stellenausschreibung einfließen. Die Folge: Es bewerben sich, wenn überhaupt, die falschen Kandidaten. Deshalb sollten Unternehmen einen Personalberater als Unterstützer beim Definieren des Anforderungsprofils hinzuzuziehen - und zwar einen Berater, der ebenfalls spezialisiert ist. - Die Anforderungen gewichten:
Sind die Anforderungen definiert, gilt es diese zu gewichten. Das heißt, nun sollten sich die Verantwortlichen fragen: - Ein attraktives Angebot schnüren:
Wenn das Anforderungsprofil steht, sollte das Unternehmen sich überlegen: Was können und wollen wir den Wunschkandidaten eigentlich bieten? Auch das fragen sich Firmen oft nicht in ausreichendem Maße. Häufig denken sie: Hauptsache, wir bieten den Leuten ein ordentliches Gehalt und die üblichen Sozialleistungen, dann kommen sie schon. Doch ein gutes Gehalt erhalten hoch qualifizierte Spezialisten auch bei anderen Unternehmen und deren Sozialleistungen sind auch nicht ohne. Warum sollte ein Spezialist, der eine gute Stelle hat, diese wechseln, wenn ihm nicht mehr geboten wird? - Das Vorgehen bei der Mitarbeitersuche definieren:
Ist neben dem Anforderungsprofil das Angebot an den potenziellen Mitarbeiter formuliert, kann der Weg definiert werden, über den die Wunschkandidaten gesucht werden. Zuweilen ist das Schalten von Anzeigen in Fachzeitschriften und Branchenmagazinen erfolgversprechend. Je spezieller das Profil des neuen Mitarbeiters ist und je rarer die potenziellen Kandidaten sind, um so seltener führt jedoch dieser Weg zum Ziel. Also bleibt nur die Direktansprache - beispielsweise über soziale Netzwerke. - Die Namen der potenziellen Kandidaten ermitteln
Sind die Zielfirmen definiert, gilt es, die Namen der Personen zu ermitteln, die in ihnen die betreffende Funktion innehaben. Dieser Prozess gleicht einer Detektivarbeit. Denn wenig zielführend ist es, wenn ein Firmenvertreter bei besagten Unternehmen anruft und sagt: "Guten Tag, unser Betrieb sucht einen Spezialisten für ... Arbeitet ein solcher bei Ihnen?" Also müssen beim Ermitteln der Zielpersonen meist zeitintensive Umwege gegangen werden. - Die Fachabteilung zur Kandidatenkür hinzuziehen
Sind die Kandidaten mit ernsthaftem Interesse ermittelt, beginnt ein normales Personalauswahlverfahren. In dieses sollte das suchende Unternehmen Experten aus der betreffenden Fachabteilung integrieren, denn die Kandidaten haben meist auch fachliche Fragen. Zuweilen empfiehlt es sich auch, wenn möglich, den bisherigen Stelleninhaber in das Auswahlverfahren einzubeziehen. Denn er kann oft am besten einschätzen, ob der Kandidat über die erforderliche Kompetenz verfügt.
Solche Fehlgriffe können für Unternehmen verhängnisvoll sein - nicht nur, weil dann alle Ausgaben für die Personalsuche und -auswahl Fehlinvestitionen waren. Schwerer wiegen meist die "Chaoskosten", die entstehen, wenn Schlüsselpositionen in Betrieben längere Zeit verwaist bleiben. Denn dann werden häufig wichtige Entscheidungen zu spät getroffen und umgesetzt. Oder Kunden werden nicht angemessen betreut. Oder ... Deshalb leiden Unternehmen oft noch Monate, zuweilen sogar Jahre unter den Problemen, die sich aus einem personellen Fehlgriff ergaben.
Detailliertes Anforderungsprofil erstellen
Eine Ursache, warum sich "Wunschkandidaten" oft als Flops erweisen, ist: Viele Unternehmen investieren zu wenig Zeit in das Erstellen des Anforderungsprofils an den neuen Mitarbeiter. Oft untersuchen sie zum Beispiel nicht gezielt: Welche speziellen Fähigkeiten muss der künftige Mitarbeiter aufgrund unserer Unternehmens- und Kundenstruktur haben? Oder aufgrund unserer Produktionsverfahren? Und noch seltener fragen sie sich: Was für ein Typ sollte der neue Controller, Vertriebsleiter oder Disponent sein? Eher ein "kleinkarierter Erbsenzähler" oder ... ? Eher jemand, der das, was auf seinem Schreibtisch landet, abarbeitet, oder ...? Deshalb wird die Personalauswahl zu einer Fahrt ins Blaue.