Umstrittene Bitkom-Initiative

Brauchen wir eine deutsche Cloud?

15.03.2010
Von 


Joachim Hackmann ist Principal Consultant bei PAC – a teknowlogy Group company in München. Vorher war er viele Jahre lang als leitender Redakteur und Chefreporter bei der COMPUTERWOCHE tätig.
Der Bitkom denkt über Möglichkeiten einer nationalen Cloud nach, um Sicherheitsbedenken der Anwender zu zerstreuen.
Quelle: RG/Fotolia
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Mit lauten Überlegungen zu einer nationalen Cloud löste Bitkom-Präsident August-Wilhelm Scheer Irritationen unter IT-Herstellern und Providern aus. Der Cloud-Computing-Markt, dem Analysten großes Potenzial bescheinigen, werde von US-amerikanischen Anbietern beherrscht, betonte der Bitkom-Präsident. Viele Anwender zögern, weil sie sich um die Sicherheit ihrer Daten sorgen und deren Speicherort kennen wollen.

Mit weiteren Details wartete der Bitkom nicht auf, ein klares Konzept gebe es noch nicht, sagte Scheer der COMPUTERWOCHE (siehe Interview mit Prof. Dr. August-Wilhelm Scheer: " Die deutsche Cloud betont unsere Stärken"). Damit hat der Verband viel Raum für Spekulationen geschaffen. Entsprechend irritiert reagierte etwa die IBM, die mit ihrem Deutschland-Chef Martin Jetter zudem im Bitkom-Präsidium vertreten ist, auf den Scheer-Vorstoß, der anfangs offenbar nicht mit den Mitgliedern abgestimmt wurde.

"Dem Bitkom möchte ich empfehlen, die Initiative mit dem Ausschuss zu besprechen. Wir sind im Übrigen auch Mitglied im Sourcing-Arbeitskreis, der für eine solche Initiative Ansprechpartner ist", sagte Michael Diemer, Geschäftsführer der IBM Deutschland und verantwortlich für den Geschäftsbereich Global Technology Services. "Warum sollte IBM Deutschland als Unternehmen mit einer amerikanischen Muttergesellschaft von einer deutschen Cloud ausgeschlossen werden?"

Rückendeckung bekommt das IBM-Vorstandsmitglied von Joseph Reger, Chief Technology Officer (CTO) von Fujitsu Technology Solutions, ebenfalls Bitkom-Mitglied: "Es gibt keinen Bedarf, eine rein deutsche Cloud zu installieren", verwarf er solche Überlegungen. Auch ihm ist bislang nicht klar, was der Bitkom im Cloud-Markt vorhat. "Wenn sich hinter einer 'Cloud made in Germany' ein Satz von Standards, Sicherheitsmerkmalen und Schnittstellen verbirgt, dann begrüße ich das Vorhaben. Die Initiative sollte einen Rahmen vorgeben. Sie darf aber keine Instanz, also keine Installation zum Ziel haben." Der Betrieb einer auf Deutschland begrenzten Wolke widerspreche dem Modell einer weltweit verteilten und virtualisierten Cloud mit dynamischer Last- und Datenverteilung, meint Reger.