Fit fürs Mobile Web: Handy-Testcenter in München eröffnet

13.09.2007
Mobile Anwendungen oder das Erscheinungsbild von Mobile Content auf unterschiedlichen Mobiltelefonen können Unternehmen nun im Münchner Testcenter von Mobile Complete testen.
Per Fernzugriff können Entwickler im Testcenter von Mobile Complete ihre Anwendungen auf realen Handys testen.
Per Fernzugriff können Entwickler im Testcenter von Mobile Complete ihre Anwendungen auf realen Handys testen.
Foto: Mobile Complete

Per Handy oder Smartphone sollen die Mitarbeiter unterwegs auf die Stammdaten eines Unternehmens zugreifen können. Verlage und andere Inhaltsanbieter wollen ihre Inhalte auf den Displays der verschiedenen Endgeräte optimal präsentieren. Und last but not least wollen die Anbieter mobiler Applikationen und Spiele, dass ihre Programme auf möglichst vielen Handys laufen. Das Potenzial des Mobile Web kann so manchen Programmier und Web-Manager in die Verzweifelung treiben – denn so vielfältig wie die Geschäftsmöglichkeiten ist auch die Zahl der Handy-Modelle, die bei der Entwicklung von Anwendungen zu berücksichtigen sind. Entsprechend klagten IT-Manager auf einem CW-Roundtable, dass es ihnen kaum möglich sei, ihre Unternehmensanwendungen auf allen möglichen Endgeräten zu testen, denn dazu müssten sie hundert verschiedene Endgeräte kaufen. Und wie soll ein Entwickler sicherstellen, dass seine neue Anwendung nicht nur im deutschen Mobilfunknetz funktioniert, sondern auch in den USA?

Eine pfiffige Idee zur Lösung dieses Problems hatten Faraz Syed, CEO, und David Marsyla, CTO: Sie gründeten 2003 das Unternehmen Mobile Complete mit dem Ziel, Handy-Testcenter aufzubauen, auf die Entwickler, Programmierer und Content-Manager dann via Internet zugreifen können. Sie müssen sich also nicht mehr selbst um Testgeräte kümmern, sondern können reale Geräte aus der Ferne steuern und auf diesen ihre Anwendungen testen. Ein Ansinnen, das sich theoretisch noch mit einem Software-Simulator oder Emulator erledigen ließe. Doch davon hält Syed nichts: "Damit kann der Anwender keine echten Erfahrungen über das Verhalten seiner Applikation sammeln". Zudem ließe sich so nicht testen, wie sich eine Anwendung real in einem Mobilfunknetz verhalte, das Im Gegensatz zum Internet mit anderen Latenzzeiten, QoS, etc. aufwartet. Deshalb führt in den Augen von Syed kein Weg an einem Test mit realen Endgeräten vorbei. Um nicht hunderte von Robotern zur Bedienung der Handys kaufen zu müssen, wollten die beiden Unternehmensgründer die Mobiltelefone direkt elektronisch ansteuern. "An der technischen Realisierung dieses Ansatzes zweifelten viele Investoren, so dass wir anfangs Probleme mit der Kapitalbeschaffung hatten", blickt Syed zurück.

Aber die beiden Manager meisterten auch diese Klippe und betreiben heute Testcenter in den USA, Kanda und Großbritannien. Neu hinzugekommen ist ein Zentrum in München. In dem neuen Testcenter kann der Benutzer derzeit seine Anwendungen auf rund 30 Handy-Modellen testen und zudem prüfen, wie sie sich in den Mobilfunknetzen von T-Mobile, Vodafone und O2 verhält. Eine Erweiterung der Kapazität auf 100 Modelle ist bereits geplant. Zudem will das Unternehmen ein weiteres Testcenter in Frankreich eröffnen.

Auf die Geräte im Testcenter greift der Benutzer via Internet remote von seinem Arbeitsplatz aus zu. Der Clou ist dabei, dass ein deutscher Entwickler so auch auf Handys in den USA zugreifen und so real testen kann. wie sich seine Applikation in den dortigen Netzen verhält. Soll das Verhalten einer Anwendung auf mehreren Handys gleichzeitig getestet werden, ist der Benutzer laut Syed in der Lage, den Vorgang mit Skripten zu automatisieren. Ferner stehen ihm Monitoring- und Capturing-Tools zur Verfügung, um die Tests später detailiert zu analysieren.

Für eine Teststunde verlangt Mobile Complete nach eigenen Angaben zwischen zwölf und 18 Dollar pro Stunde und Gerät. Hinzu kommen eventuell noch Aufschläge für die Nutzung von mobilen Premium Services oder wenn der Anwender ein hohes Datenaufkommen im Mobilfunknetz verursacht.

So faszinierend der Ansatz auch klingt, momentan weist die Implementierung noch zwei Schwachstellen auf: Unterbricht der Anwender beispielsweise seinen Test und arbeitet am nächsten Tag weiter, so muss es seine Anwendungen und Konfigurationseinstellungen wieder neu auf die Testgeräte überspielen, denn ein Backup des momentanen Teststandes findet bei Mobile Complete nicht statt. Ferner kann momentan auch nicht getestet werden, wie sich eine Applikation bei schlechter werdenden Empfangsbedingungen verhält und dabei die Übertragungsgeschwindigkeit im Mobilfunknetz einbricht. Ein Manko, das auch Firmengründer Syed bewusst ist. Seinen Angaben zufolge steht die Einführung eines entsprechenden Features für das zweite Quartal 2008 auf der Agenda. (hi)