Web

Zugangserschwerungsgesetz

Umstrittener Schlag gegen Kinderpornos im Netz

18.06.2009
Am heutigen Donnerstag entscheidet der Bundestag über die Sperrung kinderpornographischer Webseiten. Selten hat eine Gesetzesinitiative für die Online-Welt so viel Widerstand hervorgerufen.

Für die Einen ist es ein sinnvoller Schritt zur Eindämmung des schmutzigen Geschäfts mit Kinderpornografie. Andere hingegen sehen in der an diesem Donnerstag im Bundestag anstehenden Entscheidung über die Web-Sperrung kinderpornografischer Seiten "die Abschaffung der Freiheit im Internet". Ähnlich wie heute schon in Skandinavien, den Niederlanden, Italien und anderen Staaten soll auch in Deutschland ein rotes Stoppschild auf dem PC-Schirm erscheinen, wenn der Nutzer - absichtlich oder zufällig - eine zuvor vom Bundeskriminalamt (BKA) ausgespähte Seite mit kinderpornografischen Inhalten angewählt.

Nach deutlichen Korrekturen am ursprünglichen Gesetzentwurf aus dem Bundeswirtschaftsministerium gilt die Verabschiedung durch die große Koalition nunmehr als sicher. Die Sperrung wird mit einem "Zugangserschwerungsgesetz" geregelt - und nicht wie zunächst geplant mit dem Telemediengesetz. Damit soll herausgestellt werden, dass es bei der Sperrung allein um kinderpornografische Inhalte geht - nicht aber etwa um politische Texte oder Aufrufe.

Weitere wichtige Änderungen: Das Gesetz wird zunächst auf drei Jahre befristet und dann auf den Prüfstand gestellt. Ein vom Datenschutzbeauftragten bestelltes Kontrollgremium wird die Sperrlisten überprüfen. Und auch anders als zunächst vorgesehen sollen Daten der Anwähler nicht zur Strafverfolgung genutzt werden.

Selten hat Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) in ihrer bisher steil verlaufenen Politkarriere so viel Gegenwind erfahren. Binnen sechs Wochen sammelten Internet-Fans 130.000 Unterschriften für eine Petition gegen das von ihr angestoßene Sperrvorhaben. "Zensursula" wurde von der Leyen auf Plakaten und in Blogs von einer protestierenden Internetgemeinde genannt. Mit der Massenpetition wird sich vermutlich aber erst der neue Bundestag nach der Wahl befassen können - wenn das Gesetz bereits in Kraft ist.

Ist "die Büchse der Pandora" einmal geöffnet und die Zensur im Internet auf rechtlichen Boden gestellt, könnten nach der Kinderpornografie schnell auch andere Bereiche folgen, fürchten die Kritiker. Andeutungen von Politikern aus Union wie SPD, dass man solche Ausweitungen bei antisemitischen, rechts- wie linksextremistischen oder gewaltverherrlichenden Texten zumindest erwägen sollte, gaben dieser Debatte zusätzlich Nahrung.

Doch während bei Texten mit politischen Inhalten die Grenze zwischen Meinungsfreiheit und Verfassungswidrigkeit häufig juristisch fließend ist, lässt sich Kinderpornografie schon allein durch das gesetzliche Schutzalter von 14 Jahren eindeutiger definieren. Doch das Internet als ein rechtsfreier Raum - in dem alles möglich ist? Von der Leyen hielt dagegen: "Es geht ja auch nicht, dass ein Kind auf offener Straße vergewaltigt wird, und Passanten schauen tatenlos zu."