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Das Geschäft in Schwellenländern wirft nichts ab

27.04.2009
Von pte pte
Der Web-Boom stößt in Schwellenländern an seine Grenzen: Für Anbieter wie Youtube, Facebook und MySpace rechnen sich die Betriebskosten nicht.

Facebook eilt in der Türkei und Indonesien von Erfolg zu Erfolg. Die Zahl der YouTube-Nutzer in Brasilien und Indien hat sich in kurzer Zeit verdoppelt. Anbieter von Gratisinhalten mit zunehmend globaler Kundschaft schaffen es trotzdem nicht, ihre Dienste auf Entwicklungsmärkten profitabel anzubieten. Die Betriebskosten sind dort aufgrund der limitierten Bandbreitenkapazitäten zu hoch. Wegen der geringen Kaufkraft der zu bewerbenden User erweisen sich Geschäftsmodelle als nicht tragfähig. Das Ziel, die Welt durch Vernetzung in ein globales Dorf zu verwandeln, scheint aus betriebswirtschaftlicher Sicht nicht realisierbar.

Im Zuge der Gründerphase von Web 2.0 galt noch ein einfaches Geschäftsprinzip: Baue einen möglichst globalen Kundenstock auf, versorge deine Klienten mit Gratisinhalten und finanziere die Ausgaben mit Erlösen aus der Onlinewerbung. In der Realität verfügen rund 50 Prozent der 1,6 Milliarden Menschen mit Internetzugang über ein zu geringes Einkommen, als dass sie für die Werbewirtschaft als Zielpublikum in Frage kämen. Photo-Dienste, Social-Networking-Sites und Plattformen für multimediale Inhalte benötigen auch ein Mehr an Servern, um ihre Dienste in den Teilen der Welt ohne maßgebliche Breitbandinfrastruktur zugänglich zu machen.

"Dieser Umstand betrifft alle international agierenden Internet-Unternehmen. Wann immer du eine Menge User-Content zugänglich machst, werden in Asien oder in Lateinamerika teure Bandbreitenkapazitäten aufgezehrt. Die Werbeeinnahmen sind dort jedoch so niedrig, dass profitorientierte Unternehmen ihre Aktivitäten in diesen Märkten einstellen müssten", sagt Michelangelo Volpi, CEO von Joost gegenüber der "New York Times". Etwa die Hälfte des Zielpublikums des US-Videoanbieters Joost wohnt außerhalb der US-Landesgrenzen.

Wenige Unternehmen ziehen sich aus den Märkten zurück, aber fast alle suchen nach Alternativen zur Kostenreduktion. "Einerseits lässt es mein Gewissen nicht zu, Menschen in Entwicklungsländern mit zweitklassigem Service zu versorgen. Andererseits verengen wirtschaftliche Zwänge unseren Handlungsspielraum beträchtlich", sagt Dimitry Shapiro, CEO von Veoh Video Sharing. Eine geringere Auslastung der Datenleitungen scheint von den meisten Akteuren als Möglichkeit zur Verringerung der Ausgaben ins Auge gefasst zu werden. Menschen in Entwicklungsländern werden sich schon in naher Zukunft mit niedrigeren Bildauflösungen und längeren Ladezeiten konfrontiert sehen.

Rund 60 Millionen MySpace-User leben außerhalb der Vereinigten Staaten. Die Eigentümergesellschaft News Corp testet bereits eine abgespeckte Version der Seite (Profile Lite) für Länder mit schlechter Breitbandinfrastruktur. YouTube drohen laut Credit Suisse im laufenden Jahr 470 Millionen Dollar Verluste, die zum Teil aus den in Entwicklungsmärkten höheren Vertriebskosten resultieren. Google weist diese Einschätzung zwar zurück, legte jedoch bislang keine detaillierten Zahlen vor. Angeblich sind adaptierte Versionen von YouTube für Brasilien, Indien und Polen geplant. Auch Facebook sieht in der verringerten Qualität von Multimedia-Formaten eine Möglichkeit zur Reduzierung seiner Ausgaben. 200 Millionen User außerhalb der USA tragen bereits dazu bei, dass monatlich 850 Millionen Fotos und acht Millionen Videos auf die Facebook-Server geladen werden. (pte)