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Album statt Single

Kultrocker AC/DC boykottieren iTunes

15.10.2008
Von pte pte
Die australische Kultrockband AC/DC wird ihr für den 20. Oktober angekündigtes neues Album "Black Ice" nicht über den iTunes Store anbieten.

Die einzigen Orte, wo Fans in den USA die musikalische Neuerscheinung erwerben können, werden die Handelskette Wal-Mart und die eigene Homepage der Band sein. Wie "Cnet" berichtet, haben sich die Australier bewusst gegen einen Vertrieb auf iTunes entschieden. Ausschlaggebend für den Boykott ist einem Reuters-Interview mit dem AC/DC-Lead-Sänger Brian Johnson zufolge vor allem der Versuch, das Album als musikalisches Erscheinungsformat zu schützen. Der forcierte Einzelverkauf von Songs auf iTunes wirke sich in vielen Fällen negativ auf die gesamten Verkaufsumsätze aus und nehme den Künstlern zudem die Möglichkeit, der Öffentlichkeit mit einem Album ein komplettes künstlerisches Werk zu präsentieren.

Brian Johnson: "iTunes ist ein Monster."
Brian Johnson: "iTunes ist ein Monster."
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"Vielleicht bin ich ja nur altmodisch, aber wenn wir nicht aufpassen, wird iTunes die Musikwirtschaft umbringen", erklärt Johnson gegenüber Reuters. Apples Online-Store sei ein "Monster", das ihn sehr beunruhige. "Ich bin davon überzeugt, dass sie damit nur eins bezwecken. Sie wollen so viel Geld machen wie möglich", ergänzt Johnson. Die Musik bleibe da schnell auf der Strecke. "Es ist dasselbe wie bei einem Künstler, der ein Bild malt. Wenn er glaubt, dass es eine gute Arbeit darstellt, wird er es beschützen wollen", betont Angus Young, Mitgründer und Leadgitarrist von AC/DC, in einem Gespräch mit der "New York Times". Die spezifischen iTunes-Richtlinien, die den ausschließlichen Verkauf kompletter Alben großteils nicht zulassen, seien in diesem Zusammenhang ein ernsthaftes Problem.

"Der digitale Downloadmarkt für Musik ist derzeit überwiegend ein Einzeltrack-Geschäft", bestätigt Sven Birgmeier, Pressesprecher bei media control, auf Anfrage von pressetext. In den vergangenen sechs Monaten seien alleine 20,3 Millionen Downloads in Deutschland auf einzelne Songs entfallen. "Insgesamt gesehen wurde mit 22,3 Millionen Downloads in den ersten sechs Monaten 2008 so viel Musik aus dem Netz geladen wie nie zuvor", stellt Birgmeier fest. Es sei davon auszugehen, dass der digitale Vertriebsmarkt aufgrund seiner positiven Entwicklung für die Musikindustrie in Zukunft noch weiter an Bedeutung gewinnen werde. "Welche Download-Portale und -Anbieter derzeit in Deutschland die beliebtesten sind, können wir nicht öffentlich kommentieren", so Birgmeier. Man unterliege hier vertraglich der Schweigepflicht und dürfe daher keine Angaben zu den Marktanteilen machen.

Der aktuelle iTunes-Boykott von AC/DC widerspricht eigentlich der Logik der Musikindustrie, die zunehmend darauf hofft, dass legale digitale Downloads in naher Zukunft die CD als Verkaufsformat ablösen werden. Die Entscheidung ist aber stellvertretend für einen neuen Trend zu sehen, der sich allmählich innerhalb der Branche abzeichnet. So versucht eine zunehmende Zahl von Plattenfirmen, ihre Künstler aus dem Angebot des Musik-Stores zu nehmen. Hintergrund ist der Umstand, dass viele Musiklabels und Künstler die Marktdominanz von iTunes inzwischen als eine potenzielle Bedrohung für den Gesamtmusikmarkt empfinden. Vor allem in den USA würden laut Brancheninsidern zur Zeit an die 90 Prozent der digitalen Musikdownloads über den Apple-Service stattfinden. (pte)