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Papier ist geduldig

Auflagenschwund der Zeitungen schreitet voran

29.04.2008
Von pte pte
Der US-Zeitungsmarkt befindet sich weiterhin im Abwärtstrend. Es geht derzeit schneller bergab, als befürchtet worden war.

Papier ist geduldig, moderne Leser offensichtlich nicht: Wie das "Wall Street Journal" berichtet, sind die Auflagenzahlen fast aller großen Print-Titel in den USA erneut deutlich gesunken. Offenbar schreitet die Abwanderung der Leser ins Internet schneller voran als erwartet. Laut dem Audit Bureau of Circulations ist die durchschnittliche wöchentliche Auflagenzahl der Tageszeitungen in den vergangenen sechs Monaten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 3,6 Prozent zurückgegangen. Die Sonntagsauflagen waren mit 4,6 Prozent Rückgang im Durchschnitt noch stärker betroffen. Aber nicht nur in den USA haben die Zeitungsverlage zu kämpfen, auch in Deutschland entwickelt sich der Markt rückläufig. Das vierte Quartal 2007 brachte ein Minus von 2,3 Prozent.

"Die Zeitungen verlieren leicht an Auflage - derzeit durchschnittlich knapp unter zwei Prozent im Jahr. Dabei sind die Rückgänge im Osten stärker als im Westen, im Einzelverkauf deutlicher als im Abonnement", bestätigt Anja Pasquay, Sprecherin des Bundesverbandes deutscher Zeitungsverleger (BDZV), gegenüber pressetext. Insgesamt gehe die Auflage stärker zurück als die Reichweite. "Die großen US-Zeitungstitel verlieren im Vergleich mit Deutschland deutlich stärker an gedruckter Auflage. Doch höre ich immer wieder, dass die Situation der lokalen US-Zeitungen sehr stabil sei", zieht Pasquay den Vergleich. Gleichzeitig würden die US-Zeitungen schon seit Jahren erhebliche Reichweite im Internet hinzu gewinnen, weil immer mehr Leser die Informationen online nutzten.

Die negative Entwicklung der Auflagenzahlen hat in den USA mittlerweile eine fast zwanzigjährige Geschichte. Aufgrund von zunehmender Konkurrenz im Kampf um Werbegelder und die Aufmerksamkeit der Leser sowie letztlich dem Aufkommen des Online-Booms leiden die Zeitungen fortlaufend an Auflagenschwund. Die jüngsten Rückgänge seien zwar bitter, jedoch nicht überraschend, meint Zeitungsanalyst John Morton. Die Verlage verlieren zudem nicht nur an Auflage, sondern haben auch mit sinkenden Werbeeinnahmen zu kämpfen. Laut Informationen des Zentralverbands der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) werden aktuelle Zahlen zu den Werbeumsätzen der deutschen Tageszeitungen erst Ende Mai veröffentlicht. "Es gibt zwar Hinweise darauf, dass die Anzeigenumfänge gewachsen sind, das heißt allerdings noch nicht, dass auch die Umsätze dadurch höher ausfallen", erklärt Volker Nickel, Pressesprecher des ZAW, auf Nachfrage von pressetext.

Unter den Top-Ten-Zeitungen in den USA konnten nur zwei Titel eine leichte Auflagensteigerung verzeichnen. Zum einen legte "USA Today", die größte US-Tageszeitung, um 0,3 Prozent zu. Daneben erzielte das "Wall Street Journal" ein Plus von 0,4 Prozent an Abo-Kunden. Allerdings zählen dazu neben den Printabos auch rund 352.000 Online-Kunden, die vom Audit Bureau als Teil der Auflage anerkannt werden. Auch andere Zeitungen verfügen inzwischen über Online-Modelle, die ähnlich gelagert sind und mit eingerechnet werden, das "Wall Street Journal" liegt hier allerdings weit voran. "Die schnelle Erstinformation im Tageslauf findet immer mehr über Websites von Zeitungen und Zeitschriften im Internet statt. Erfreulicherweise ist es aber immer noch so, dass die Heavy User im Internet auch starke Nutzer der gedruckten Zeitung sind", so Pasquay. In Zukunft werde man allerdings mehr über ein Publikum für Inhalte - gedruckt, online und mobil - unter dem Markendach der Zeitung sprechen als über die Leserreichweite der Zeitungen. (pte)