SHC geht an Arques

Siemens trennt sich von Gigaset-Hersteller

01.08.2008
Der Mischkonzern Siemens steigt nach der Trennung von seinen Netzaktivitäten auch aus der Produktion von Telefonen aus.

Der "Gigaset"-Hersteller SHC gehe mehrheitlich an die Beteiligungsgesellschaft Arques Industries, teilten die beiden Geschäftspartner am Freitag in München und Starnberg mit. Zum 1. Oktober wechseln 80,2 Prozent der Anteile den Besitzer. Finanzielle Einzelheiten wurden auch auf Nachfrage nicht mitgeteilt. SHC ist bekannt für ihre Gigaset-Telefone und stellt daneben Zubehör für den schnellen Internetzugang sowie Empfänger fürs digitale Fernsehen her.

"Wir wollen die Marktführerschaft im Premium-Preissegment ausbauen, die weltweite Marktdurchdringung verbessern und die erfolgreiche Marke Gigaset stärken", sagte Arques-Chef Michael Schumann. Die Beteiligungsgesellschaft hat für die kommenden drei Jahre vertraglich zugesichert, die SHC-Standorte in München und Bocholt zu erhalten. Hauptsitz des Unternehmens bleibt München. Zwei Jahre lang darf der neue Besitzer auch die Marke Siemens weiter nutzen. "Bei der Auswahl des Partners für SHC waren uns standort- und beschäftigungssichernde Maßnahmen besonders wichtig", sagte Siemens-Finanzchef Joe Kaeser.

IG Metall begrüßt erwarteten Verkauf

Die IG Metall hat den Verkauf von SHC an Arques Industries begrüßt. "Mit dem Verkauf entsteht jetzt Klarheit für die Beschäftigten. Die quälende Hängepartie findet endlich ihr Ende", erklärte Michael Leppek von der IG Metall München. Die Vereinbarung beinhalte, dass etwaige unvermeidliche personelle Einschnitte analog dem Sozialplan-Paket für SEN umgesetzt werden sollten, erklärte die Gewerkschaft. Arques habe zugesichert, dass SHC Mitglied der Arbeitgeberverbände bleibe, Auszubildende könnten zudem ihre Ausbildung beenden. "Die anschließende zwölfmonatige Übernahme nach Tarifvertrag wird durch Siemens gewährleistet, sofern SHC keinen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen kann", hieß es in der Mitteilung der Gewerkschaft.

Branchenkenner hatten seit Monaten einen Verkauf erwartet, will sich der Siemens-Konzern doch bis Ende kommenden Jahres vom Großteil seiner Randaktivitäten trennen, zu denen die Siemens Home and Office Communications (SHC) zählt. Die Tochter hatte im Geschäftsjahr 2006/2007 einen kleinen Gewinn von 13 Millionen Euro erwirtschaftet; der Umsatz lag bei 792 Millionen Euro. 2100 Menschen arbeiten bei SHC, zwei Drittel davon im Werk Bocholt.

SHC ist ein Überbleibsel des ehemaligen Kommunikationsbereichs COM, der Keimzelle von Siemens. Nach und nach hat sich der Konzern aber aus diesem einst größten Geschäftsfeld zurückgezogen. Die Netzaktivitäten gingen in das Gemeinschaftsunternehmen Nokia Siemens Networks, der Telefonanlagen-Bau SEN mit kräftiger finanzieller Unterstützung erst vor wenigen Tagen mehrheitlich an einen US-Finanzinvestor. Desaströs endete die Trennung von der Handysparte, die kurz nach der Abgabe an den taiwanischen Elektronikkonzern BenQ pleite ging.

Buchverlust

Siemens erwartet aus der Trennung von der Telefontochter SCH eine Belastung noch im laufenden Geschäftsjahr. Der Buchverlust summiere sich voraussichtlich auf einen "mittleren zweistelligen Millionenbetrag", sagte Finanzchef Kaeser in einer Telefonkonferenz. Siemens habe SHC mit "zirka 50 Millionen Euro an Cash" ausgestattet. Die Pensionsverpflichtungen seien in einen extra Trust übertragen worden. Sollte es für die Restrukturierung nötig sein, bietet Siemens dem Käufer Arques zudem ein Darlehen über 20 Millionen Euro "zu marktüblichen Konditionen" an.

Siemens will überdies seinen verbliebenen Minderheitsanteil an SHC auf absehbare Zeit abgeben. "Wir begleiten das noch für zwei Jahre", so Finanzchef Kaeser weiter. Dann wolle Siemens seine 19,8 Prozent an SHC transferieren. "Arques wäre der natürliche Empfänger." (dpa/tc)