Analyse

IBMs Ilog-Übernahme - schlecht für SAP?

30.07.2008
Die von IBM geplante Akquisition der französischen Firma Ilog, bekannt als Anbieter einer Rules-Engine für die Arbeit mit Geschäftsregeln, wird von IDC als intelligente Transaktion bewertet.

Am vergangenen Montag gab IBM bekannt, Ilog für umgerechnet 215 Millionen Euro übernehmen zu wollen, das Ilog-Board hätte der Offerte bereits zugestimmt. Big Blue will die Ilog-Algorithmen und Regel-Engine im Rahmen seiner Lösungen für Geschäftsprozess-Management, Business Optimization und Service-orientierte Architekturen (SOA) einsetzen sowie als Teil von "IBM Websphere" führen. Nun hat sich IDC-Analyst Rüdiger Spies zu Wort gemeldet und den Deal analysiert. Demnach handelt es sich bei Ilog um ein eher unauffälliges Softwarehaus, das trotzdem mit seinen Supply-Chain-Algorithmen, seiner Rules-Engine sowie seinen Visualisierungslösungen "sauber im Markt platziert" ist. Für IBM sei das Unternehmen besonders wertvoll, da über 500 Softwarehäuser Ilog-Technik in ihre Produkte einbauen und diese nun zu IBM-Partnern würden.

Drei Konstellationen

Eher schlecht, so Spies, sei die Übernahme für SAP, da die Walldorfer Ilog-Verfahren in ihrem Produktangebot für Supply-Chain-Management (SCM) verwenden. SAP werde damit einmal mehr von IBM abhängig, vor allem deshalb, weil es praktisch keine Alternative zu den Ilog-Optimierungsprodukten gebe. Dennoch wertet der IDC-Mann die aktuelle Situation als die unproblematischste für alle Beteiligten. Viel schlechter hätte es für SAP ausgehen können, wenn Oracle die Franzosen übernommen hätte und so eine Abhängigkeit zu einem direkten Mitbewerber im Applikationsbereich entstanden wäre. Nun gebe es diese Abhängigkeit zwar zu IBM als Middleware-Konkurrenz, aus SAP-Sicht dürfte dies aber wohl eher die zweitschlechteste Lösung darstelle.

Die dritte, unter Insidern schon seit mehreren Monaten erwartete Variante, wonach SAP selbst Ilog hätte übernehmen können, hält Spies allerdings ebenfall für nur schwer vorstellbar. Da die Ilog-Produkte in praktisch jeder SCM-Lösung zu finden sind und die Business-Rules-Engine zumindest bei vielen SAP-Mitbewerbern eingesetzt wird, wäre zu erwarten gewesen, dass sich diese Konkurrenz intensiv nach alternativen Techniken umgeschaut hätte. Damit wäre bei dieser potenziellen Übernahme der Erfolg ausgeblieben, wie er jetzt im Fall von IBM zu erwarten ist.

Keine negativen Folgen

Für die Anwender selbst befürchtet Spies in absehbarer Zeit keine direkten negativen Folgen. IBM habe vielfach bewiesen, dass man in der Lage ist, andere Unternehmen nahtlos zu integrieren. Außerdem sei IBM ohnehin schon der größte Partner beziehungsweise Kunde von Ilog. Dessen Produkte kommen zum Beispiel in Tivoli-Netcool, im Websphere Process Server, bei den Business-Rules-Fähigkeiten von IBM-Filenet, zur Optimierung der IBM-Chip-Herstellung in East Fishkill, New York, sowie durch die Experten des Center for Business Optimization zum Einsatz. Unterm Strich bewertet Spies den Deal als eine "intelligente Transaktion". (ue)