Der Internet Explorer dominiert weiterhin auf Business-PCs

Firefox sieht in Firmen weiter keine Sonne

14.01.2008
Technisch ist der Mozilla-Browser Firefox dem Internet Explorer längst ebenbürtig, wenn nicht enteilt. Auf Firmen-PCs dominiert trotzdem weiter der Microsoft-Browser, weil es für die Open-Source-Alternative weder Deployment- und Management-Tools noch kommerziellen Support gibt.

Mozilla, die Firma hinter Firefox, unternimmt aus Sicht von Analysten und Nutzern leider kaum etwas, um IT-Verantwortliche zu einer offiziellen Unterstützung des quelloffenen Webbrowsers zu bewegen.

In der Vergangenheit gab es vor allem zwei Hindernisse, die den Einsatz von Firefox in Unternehmen bremsten - die unausgereifte Technik der Mozilla-Software und ihre Inkompatibilität zu Web-Anwendungen und Intranets, die Microsoft-Techniken wie ActiveX nutzten.

Firefox ist mittlerweile knapp dreieinhalb Jahre alt und nähert sich der Veröffentlichung der Version 3. Niemand kann dem Browser mehr ernsthaft vorwerfen, er sei unausgegoren. IE-only-Applikationen gibt es zwar noch immer, doch wurden viele inzwischen so überarbeitet, dass sie auch mit Firefox funktionieren, sagt Rafael Ebron, General Manager der Web-Beratungsfirma Browser Garage LLC.

Dafür gibt es inzwischen neue Hürden für eine weitere Firefox-Verbreitung in Unternehmen. Mozilla hat sich bis dato geweigert, Tools zu entwickeln, mit denen IT-Abteilungen Firefox ausrollen und verwalten können. Außerdem bietet die Open-Source-Firma keine kostenpflichtigen Support-Dienstleistungen für risikoscheue Firmennutzer an.

"Das Enterprise braucht einen Hals zum Würgen, und genau das fehlt beim Firefox", sagt Ebron, eine früherer Produkt-Manager für Firefox und dessen Vorgänger Netscape Navigator. "Wenn Sie ein Problem mit dem IE haben und als Kunde für Microsoft groß genug sind, dann kommt Steve Ballmer persönlich vorbei und bespricht das mit Ihnen. So etwas gibt es von Mozilla noch nicht - das ist nicht ihr Fokus."

Nach Angaben von Mozilla gibt es inzwischen mehr als 125 Millionen Firefox-Nutzer. Und Marktforschern zufolge nimmt der quelloffene Browser dem Internet Explorer stetig, wenn auch langsam Marktanteile ab. Laut Net Applications beispielsweise, das die Besucher auf rund 40.000 Websites vor allem in den USA verfolgt, kam Firefox im Dezember 2007 auf einen Marktanteil von 17 Prozent, verglichen mit 76 Prozent für den IE. Auf ähnliche Zahlen kommt Janco Associates. Dessen Chef Victor Janulaitis verweist darauf, dass es sich bei den Zugewinnen für Firefox hauptsächlich um Nutzer handelt, die den Open-Source-Browser eigenmächtig und ohne den Segen ihrer IT auf ihre PCs spielen.

"Die Nutzer sind frustriert von Microsofts Produkt, und mehr Anwender in Unternehmen fangen an, mit Firefox zu experimentieren", sagt Janulaitis. Noch mehr Zulauf könnte Firefox die Ankündigung von AOL bringen, den Netscape Navigator nicht mehr weiterzuentwickeln. AOL empfiehlt bisherigen Netscape-Adepten ausdrücklich den Umstieg auf den Mozilla-Browser.

Das alles ändert aber nichts an Mozillas Laissez-faire-Einstellung zu Unternehmensnutzern, die beispielsweise der CIO eines führenden Anbieters von Web-basierender Software beklagt, der von unseren US-Kollegen bei der "Computerworld" lieber ungenannt bleiben wollte. Die Firma ist seit langem ein Microsoft-Shop und hat auf den Internet Explorer als Browser der Wahl standardisiert.

Alle Applikationen, die die Firma anbietet oder intern einsetzt, laufen aber auf unterschiedlichen Browsern. Und die Nachfrage nach Firefox ist so massiv - ein Mitarbeiter sagte dem CIO: "Salesforce.com läuft im Firefox besser" -, dass das interne Nutzungsverhältnis Firefox zu IE zurzeit bei etwa 60 zu 40 liegt.

Der große Nachteil hierbei sei jedoch, klagt der Chief Information Officer, dass Firefox speziell im Vergleich zum Internet Explorer schwer zu administrieren sei. Den IE könne die IT-Abteilung zum Beispiel über automatisierte zentrale Update patchen. Auf der anderen Seite "müssen wir unseren Firefox-Nutzern eine E-Mail schicken und sie ihre Firefox-Updates manuell herunterladen lassen, was nicht ideal ist".

Das wird sich auch mit Firefox 3 nicht ändern. Auch in dessen aktuell verfügbarer Beta 2 fehlen Features, die IT-Manger typischerweise wünschen, so etwa die Möglichkeit, mehrere Kopien des Programms über Windows-Installer-Pakete auszurollen, die aufgrund ihrer Dateiendung besser als .MSI-Dateien bekannt sind.

Updates für Firefox lassen sich auch nicht über eine zentrale Konsole patchen, so wie Microsoft das beim IE über Windows Server Update Services (WSUS) ermöglicht. Eine Verwaltung und Absicherung über den Verzeichnisdienst Active Directory (AD), Microsofts Werkzeug für die Einrichtung sogenannter Gruppenrichtlinien (Group Policies), gibt es für Firefox ebenfalls nicht.

IT-Abteilungen greifen für solche Zwecke notgedrungen oft zu Werkzeugen von Drittanbietern. Die Open-Source-Community stellt dazu beispielsweise "FirefoxADM" (für Gruppenrichtlinien) oder "FrontMotion" für .MSI-Installer zur Verfügung (Basis-Pakete sind kostenlos, angepasste gibt es gegen eine geringe Gebühr).

Beides sind aber "One-Man-Shows", die von enthusiastischen Nutzern in ihrer Freizeit entwickelt werden und aufgrund mangelnder Ressourcen kaum vorankommen. "Ich denke, mein Tool funktioniert gut", sagt Mark Simmons von der schottischen University of Edinburgh, der FirefoxADM entwickelt hat und damit an seiner Uni rund 8000 PCs mit Firefox verwaltet. "Aber letzten Endes ist es ein Workaround für Funktionalität, die eigentlich in Firefox selbst hineingehört."

Ein noch größeres Problem ist die Tatsache, dass keines der beiden Tools offiziell von Mozilla getestet, geschweige denn zertifiziert worden wäre. "Es ist aber absolute FUD [Fear, Uncertainity and Doubt = Bangemacherei, Anm. d. Red.] zu behaupten, man könne Firefox nicht innerhalb einer Active-Directory-Umgebung mit Third-Party-Tools administrieren", wiegelt Browser-Experte Ebron ab.

Er sagt aber ebenso wie der FrontMotion-Entwickler Eric Kuo, dass ein offizieller Segen von Mozilla für die Werkzeuge ein großes Plus für Firmennutzer wäre, die den Einsatz von Firefox in größerem Maßstab planten. "Es geht um die Wahrnehmung dessen, wem die Tools gehören, und weniger um die Tools selbst", so Kuo. Vorläufige Gespräche mit Mozilla über einen Verkauf von FrontMotion - den Kuo begrüßt hätte - seien im Sande verlaufen.

Laut Chris Hofmann, Director of Special Projects bei Mozilla, hat die Open-Source-Firma keinerlei Pläne für eine engere Integration von Firefox und Active Directory in der Schublade. Active Directory sei eine "proprietäre Technik", die Firefox-Administratoren eher schaden denn nutzen würde, findet der Mozilla-Mann. "Verschiedene Ebenen von Rechten vergeben an verschiedene Gruppen bringen eine Menge zusätzliche Komplexität", warnt Hofmann. "Beim IE sieht man ja, was dabei herausgekommen ist - weniger Sicherheit."

Hofmann räumt aber unumwunden ein, dass die Nutzer von Mozilla mehr Unternehmens-Tools einfordern. In einem öffentlich zugänglichen Wiki der Firefox Enterprise Working Group von Mozilla führen beispielsweise .MSI-Installer und bessere Werkzeuge für die Verwaltung der Voreinstellungen die Wunschliste für neue Features an.

Automatisierte Installer seien relativ einfach zu entwickeln, so Hofmann, und deswegen könnte ein solches Tool "früher erscheinen" als eines für die Anbindung an Active Directory. Mozilla habe aber nicht vor, passende Werkzeuge von Drittanbietern zu kaufen oder zu zertifizieren und wolle auch kein kostenplichtiges Support-Geschäft für Unternehmenskunden aufziehen.

Auch wenn Anbieter wie Red Hat oder MySQL mit kostenpflichtigen Support-Angeboten für Open Source relativ erfolgreich seien, sieht Hofmann eher einen Trend zu Do-It-Yourself-Ansätzen für die Unterstützung quelloffener Technik. "Immer mehr CIOs fragen: 'Was ist der Wert eines Support-Vertrags? Was bekommen wir dafür?'", sagt der Mozilla-Manager.

FrontMotion-Entwickler Kuo verwundert diese Einstellung nicht - er ist der Ansicht, dass Mozilla von Entwicklern dominiert wird, die wohl kaum die Idee sexy fänden, ein IT-Support-Business aufzuziehen. Kuo erwartet daher auch nicht, dass Mozilla einen plötzlichen Sinneswandel durchmacht und selbst ein Tool offeriert, das Kuos FrontMotion überflüssig macht. Mozilla "könnte das selbst machen", sagt der hauptberuflich für eine texanische Medizintechnikfirma tätige Developer. "Das ist aber offensichtlich nicht ihre Priorität."

Michael Kaply ist Senior Software Engineer bei der IBM und bezeichnet sich selbst als "Firefox-Advokat". Bei Big Blue arbeiteten gegenwärtig rund 72.000 von insgesamt 360.000 Mitarbeitern mit Firefox, sagt Kaply. IBM habe seine eigene Deployment-Software für Firefox entwickelt, benutze aber keine Group Policies und kontrolliere den Browser auch nicht anderweitig. "Unsere Mitarbeiter haben die volle Kontrolle über ihre Rechner", schreibt der IBMer in einer E-Mail.

Auch bei IBM gebe es noch immer einige Web-Anwendungen, die nur mit dem Internet Explorer liefen, räumt Kaply ein. Der Konzern baue aber Firefox-Unterstützung ein. Unlängst sei beispielsweise ein Reisereservierungssystem auf ein Cross-Browser-Design umgestellt worden. "Das war eine große Hürde", so Kaply weiter.

In seinem persönlichen Blog beklagte der IBM-Mann allerdings erst im vergangenen September, die Zahl der Teilnehmer an den Conference Calls der Firefox Enterprise Working Group "schwinde". Und in einem früheren Posting gesteht Kaply ein, dass in den meisten Firmen, die Firefox nutzten, die Mozilla-Software wohl nur "als Zweit-Browser" zum Einsatz komme. (tc)