IT-Consulting: Kooperieren statt konkurrieren

23.10.2007
Von Silke Ruoff
Um sich im Wettbewerb mit großen Anbietern zu behaupten, arbeiten immer mehr Unternehmensberatungen in Netzwerken zusammen.

Bis zum Jahr 2012 soll der Beratungsmarkt jährlich um sechs Prozent wachsen. So das Ergebnis der aktuellen Zukunftsstudie "Markt der Managementberatung 2016", die die Lünendonk GmbH gemeinsam mit der FutureManagementGroup veröffentlichte. Den Grund für den erhöhten Beratungsbedarf sehen die Befragten in immer komplexer werdenden Prozessen und Strukturen.

Hier lesen Sie ...

  • weshalb immer mehr Beratungsunternehmen in Netzwerken arbeiten;

  • welchen Nutzen Anwenderunternehmen davon haben;

  • wie sich die Abstimmung zwischen ihnen vereinfachen lässt.

Zahlreiche Projekte werden inzwischen international betrieben. Das stellt hohe Anforderungen an die Kommunikation. (Quelle: Ruoff)
Zahlreiche Projekte werden inzwischen international betrieben. Das stellt hohe Anforderungen an die Kommunikation. (Quelle: Ruoff)

Zwar profitieren große und kleine Beratungsunternehmen in ähnlicher Weise von der positiven wirtschaftlichen Situation, doch reagieren sie sehr unterschiedlich auf die aktuellen Anforderungen. So erweitern viele große Branchenvertreter, die ihren Ursprung in der klassischen Unternehmensberatung haben, ihr Portfolio und übernehmen beispielsweise gesamte IT-Abteilungen von Anwenderunternehmen. Kleine und mittelgroße Consulting-Firmen konzentrieren sich dagegen häufig auf bestimmte Bereiche oder einzelne Branchen.

Den Wettbewerbsdruck durch Allianzen entschärfen

Spezialisierung allein genügt jedoch nicht, um sich langfristig auf dem Markt zu behaupten. Viele kleine und mittlere Beratungshäuser kooperieren deshalb zunehmend mit anderen Unternehmen. "Die Netzwerkbildung ist ein Trend, der in den vergangenen Jahren ganz klar zugenommen hat", erklärt Klaus Reiners vom Bund Deutscher Unternehmensberater (BDU). "Viele Beratungsunternehmen haben erkannt, dass sie komplexe Projekte mit der Unterstützung von Partnern deutlich besser realisieren können."

Nicht alle Branchenvertreter beurteilen diese Kooperationen positiv. Manche sehen darin sogar eine Form von Abhängigkeit. Auch verweisen sie auf die Schwierigkeit, jenseits des Wettbewerbsgedankens das notwendige Vertrauensverhältnis aufzubauen. Doch wenn dies gelingt, können alle Beteiligten von der projektbezogenen Zusammenarbeit profitieren. Zudem ist es für kleine Beratungseinheiten nahezu die einzige Chance, große, komplexe Projekte umzusetzen. Das Consulting-Netz The AuditFactory, Bietigheim-Bissingen, ist beispielsweise ein Zusammenschluss von derzeit etwa zwanzig Fachleuten für risiko- und prozessorientierte Prüfungs- und Beratungsleistungen in Organisationen aller Art. Geschäftsleiter Elmar Schwager: "Spezielle Dienstleistungen wie Krisenmanagement, forensische Datenanalysen, IT-Prüfungen oder auch rechtliche Prüfungsthemen decken wir über unsere Partner ab."

Mit schnellen Abstimmungsprozessen punkten

Wie eng ein gut funktionierendes Netz geflochten sein muss, hängt von den Teilnehmern und der jeweiligen Situation ab. Wilhelm Tomczak, Geschäftsführer der Alevion Unternehmensberatung: "In der Regel ist es so, dass die Berater auf einen festen Pool von Spezialisten zurückgreifen, die bereits in der Vergangenheit miteinander gearbeitet haben. Die Rollen und Kompetenzen sind in diesem Fall meist eindeutig definiert. Außerdem kennen sich die Berater persönlich. Das vereinfacht die Zusammenarbeit erheblich."

Wilhelm Tomczak, Geschäftsführer der Alevion Unternehmensberatung: "Bei den meisten Projekten stehen Berater unter enormem Zeitdruck. Da können wir kein E-Mail-Ping-Pong veranstalten und Präsentationen oder Angebote mehrmals hin und her schicken"
Wilhelm Tomczak, Geschäftsführer der Alevion Unternehmensberatung: "Bei den meisten Projekten stehen Berater unter enormem Zeitdruck. Da können wir kein E-Mail-Ping-Pong veranstalten und Präsentationen oder Angebote mehrmals hin und her schicken"
Foto: Alevion Unternehmensberatung

Neue Technologien wie etwa Web-Conferencing-Lösungen erleichtern die Kommunikation zwischen den oft bundesweit verteilten Projektmitgliedern. "Bei den meisten Projekten stehen wir Berater unter enormem Zeitdruck. Da können wir kein E-Mail-Ping-Pong veranstalten und Präsentationen oder Angebote mehrmals hin und her schicken", schildert Tomczak. Der Unternehmensberater setzt deshalb seit einiger Zeit eine Konferenzsoftware ein. Damit kann er – auch über große Distanzen hinweg – mit einem oder auch mehreren Partnern die einzelnen Teilprojekte gemeinsam am Bildschirm besprechen. Dabei gehen die Teilnehmer zunächst die Ausschreibung durch und erstellen ein entsprechendes Angebot sowie einen Projektplan. Im Anschluss daran erfolgt die Kalkulation. Besteht hier Einigkeit, erarbeiten die Berater die Präsentationsunterlagen in Powerpoint. Der Vorteil: Im Rahmen einer Online-Konferenz ist es möglich, sämtliche Rückmeldungen der Konferenzteilnehmer sofort umzusetzen. Außerdem können die Teilnehmer alle Änderungen in Echtzeit über das Internet mitverfolgen.

Web-Collaboration noch unterschätzt

Zwar ist die neue Kommunikationsform inzwischen gut bekannt, aber sie liegt noch weit hinter Telefon und E-Mail zurück. "Trotz hoher Online-Affinität sind sich viele Berater über die Möglichkeiten der Technologie im Tagesgeschäft gar nicht bewusst", weiß Andreas Schweinbenz. Der Geschäftsführer von Netviewer, Anbieter von Web-Collaboration-Lösungen aus Karlsruhe, geht jedoch davon aus, dass die Technologie in einigen Jahren ganz selbstverständlich eingesetzt wird.

Andreas Schweinbenz, Geschäftsführer von Netviewer: "Trotz hoher Online-Affinität sind sich viele Berater über die Möglichkeiten der Kommunikations-Technologie im Tagesgeschäft gar nicht bewusst."
Andreas Schweinbenz, Geschäftsführer von Netviewer: "Trotz hoher Online-Affinität sind sich viele Berater über die Möglichkeiten der Kommunikations-Technologie im Tagesgeschäft gar nicht bewusst."
Foto: Netviewer AG

Auch in großen Beratungshäusern steigt die Akzeptanz. Da die Mitarbeiter hier häufig an unterschiedlichen Standorten tätig sind, nehmen die Abstimmungen ebenso viel Zeit in Anspruch wie in Netzwerken. Doch hier wie da können Online-Konferenzen helfen, die Kommunikations- und Abstimmungswege kurz zu halten. Zudem entlasten sie das Reisebudget. (jha)

Trend zur Netzwerkbildung

Berater bilden Netze, um ...

  • sich im zunehmenden Wettbewerb zu behaupten.

  • flexibel auf unterschiedliche Anforderungen reagieren.

  • Auch als kleines oder mittelgroßes Beratungshaus große und komplexe Projekte betreiben zu können.