Finanz IT sucht Hilfe bei SAP und Oracle

07.02.2007
Der IT-Dienstleister ist offen für einen Einstieg der Softwarelieferanten, doch die winken ab.

Die Finanz IT verabschiedet sich mittelfristig von ihrem eigenen, proprietären Kernbankensystem. Die Gesellschafter und die Mitglieder des Aufsichtsrat, die sich vornehmlich aus den Sparkassenverbänden und Landesbanken rekrutieren, haben dem Plan der Geschäftsführung zugestimmt, die derzeit betriebene Lösung nicht durch eine Eigenentwicklung abzulösen. Dafür wäre ein finanzieller Kraftakt in dreistelliger Millionenhöhe erforderlich.

Mit dem Votum bestätigten die Gremien zudem das Vorhaben des Finanz-IT-Managements, sich dem Markt öffnen: Dazu untersucht der IT-Dienstleister nun zwei Alternativen: Entweder kommt der Zusammenschluss mit der Sparkassen Informatik (SI), IT-Dienstleister der Sparkassen in Süd- und Westdeutschland, zustande, oder eine Core-Banking-Lösung von SAP oder Oracle wird ins Haus geholt. Beide Standard-Applikationen wurden bereits in Augenschein genommen und für gut befunden (siehe auch "Finanz IT lotet ihre Ziele aus"). Gegenüber der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" sagte Finanz-IT-Chef Thomas Noth, dass der Dienstleister dem Lieferanten des neuen Systems eine Beteiligung am Unternehmen oder die Gründung eines Joint Ventures anbieten wolle. Sogar die Abgabe der Mehrheit schloss Noth nicht aus. Dabei, so der Geschäftsführer, favorisiere er eine Lösung außerhalb des Sparkassensektors.

Entscheidung binnen Monate

Entschieden ist bislang jedoch noch nichts. Erst in den kommenden vier Monaten will man in Hannover die Wahl treffen. Bei den Lieferanten der Standardsoftware wird Noth jedoch viel Überzeugsarbeit leisten müssen. Die SAP hat sich bislang noch nie an Kundenunternehmen beteiligt, dass bestätigte der Pressesprecher des Software-Konzerns. Zu den Plänen der Finanz IT wollen die Walldorfer keine Stellung nehmen. Marktbeobachter rechnen nicht damit, dass die SAP ihre auf den Verkauf von Lizenzen und Services ausgerichtet Strategie aufgeben und sich an einen Betriebsdienstleister beteiligen wird. Auch Oracle reagierte auf Anfrage der COMPUTERWOCHE reserviert. "Keine Kommentar", lautet die offizielle Stellungnahme.

Offen zeigte sich dagegen die Sparkassen Informatik, die derzeit noch an der Integration der Ende 2005 übernommenen IZB Soft arbeitet. "Wir sehen uns in der Lage, im Lauf des Jahres die Weichen für eine Zusammenarbeit mit der Finanz IT zu stellen", sagte ein Unternehmenssprecher der SI. Der in Frankfurt am Main ansässige IT-Dienstleister beziffert das jährliche Synergiepotenzial auf rund 200 Millionen Euro. Das eigene Kernbankensytem "OS Plus" erfülle alle Anforderungen einer Retail-Bank. Derzeit könne man auf einen Marktanteil von 25 Prozent verweisen. Sei die Migration der bayerischen IZB-Soft-Kunden auf OS Plus abgeschlossen werde er auf mehr als 30 Prozent wachsen.

Von der Integration eines externen Kernbankensystems erhofft sich Finanz-IT-Chef Noth Einsparung von bis zu 60 Prozent. Davon soll ein Teil durch geringere Sachkosten erzielt werden. Weitere Einsparungen müssen freie Mitarbeiter oder externe Dienstleister tragen, deren Verträge nicht verlängert werden. Doch auch auf die Finanz-IT-Mitarbeiter kommen unruhige Zeiten zu.

Stellenabbau droht

Das Unternehmen baut bis Ende 2008 - wie bereits vergangenes Jahr angekündigt - 600 seiner 2700 Arbeitsplätze ab und hofft damit für die Zukunft gerüstet zu sein. Die Gewerkschaft Verdi befürchtet jedoch, durch die Neuausrichtung könnten weitere Arbeitsplätze verloren gehen. (jha)