Konsolidierung im IT-Servicemarkt

HP übernimmt EDS: Die Hintergründe

16.05.2008
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Joachim Hackmann ist Principal Consultant bei PAC – a teknowlogy Group company in München. Vorher war er viele Jahre lang als leitender Redakteur und Chefreporter bei der COMPUTERWOCHE tätig.

Wie passen EDS und HP zusammen?

Das Abkommen zielt zunächst einmal auf Skaleneffekte im Infrastrukturbetrieb und weniger auf eine Ausweitung des Portfolios. Trotz großer Überlappungen in den Betriebsdiensten ergänzen beide Anbieter einander aber auch: EDS hat - von Kunden gerne als IBM-Alternative bestellt - weit reichende Erfahrungen im Großrechnerbetrieb. HP komplettiert dies mit Client- und Server-Know-how. Auch in der Branchenausrichtung sprechen Analysten den Partnern gute Kombinationsmöglichkeiten zu.

Gemessen an den Offshoring-Kapazitäten hinken beide Partner der Konkurrenz hinterher. Fraglich ist, wie wichtig dies für ihr Geschäft ist: Günstige Arbeitskräfte in Niedriglohnländern drücken die Kosten in der Anwendungsentwicklung und -betreuung sowie im BPO-Geschäft. In diesen Bereichen sind beide Partner dürftig vertreten. Damit wäre zudem auch die Schwäche des Paares genannt. EDS hat sich zuletzt intensiv um neue Geschäftszweige im BPO, Application-Management und SAP-Umfeld bemüht, steht aber noch am Anfang. Der große Wurf für HP ist EDS in diesen Segmenten nicht.

Welche Auswirkungen hat der Deal auf die Serviceindustrie?

"Der Neid auf IBM hat HP getrieben", titelte wiederum das "Wall Street Journal", das als erstes Medium Wind von dem Deal bekommen hatte. Damit tut es HP-CEO Mark Hurd Unrecht, der sich schon in der Vergangenheit immer wieder des Verdachts erwehren musste, IBM nachzueifern. Die EDS-Akquisition wäre dazu auch kaum geeignet. Stattdessen hätte HP Accenture, Capgemini oder Bearingpoint übernehmen müssen, um die Defizite im Consulting zu beheben. Aus der Übernahme könnte aber ein Schwergewicht im IT-Servicemarkt mit großer Vertriebs- und erheblicher Leistungskraft hervorgehen. Um Infrastruktur-Deals konkurrieren HP und EDS künftig - wenn sie die Fusion erfolgreich betreiben - auf Augenhöhe mit IBM. Gefordert sind nun die indischen Anbieter. Sie haben sich in der Vergangenheit gerne als IBM-Alternative positioniert und müssen sich künftig auch von HP-EDS abgrenzen. Mehr noch als bislang sind sie gefordert, lokale Dependancen in den USA und vor allem in Europa auszubauen. Auch infrastrukturlastigen Dienstleistern wie T-Systems und CSC erwächst starke Konkurrenz. Spannend dürfte die Frage nach HPs Aktivitäten in Deutschland sein. Hier hat das lokale Management den Servicearm im Mittelstandssegment verankert. Einem mächtigen Player vom EDS-HP-Format drohen Akzeptanzprobleme der mittelständischen Klientel.

Welche Auswirkungen hat das Abkommen auf Anwender?

Die aktuellen Kunden müssen zunächst keine Qualitätseinbußen fürchten. Beide Parteien bemühen sich um Kontinuität und haben reichhaltige Erfahrungen mit Integrationen. Doch mit der Übernahme muss sich etwas ändern, ansonsten wären die Anstrengungen zwecklos gewesen. Viele Kunden werden sich langfristig auf neue Ansprechpartner und andere Abläufe einstellen müssen. HP und EDS können künftig besser skalieren. Für Kunden ist das eine gute Nachricht, weil das die Kosten - und damit die Preise - reduziert. Zudem trat Mark Hurd Befürchtungen von EDS-Kunden entgegen, künftig gebe es für sie nur noch HP-Hard- und -Software. Jenseits dieser Beteuerungen wird HP auch unter EDS das Lösungsgeschäft forcieren und Pakete aus Services, Hardware und Software schnüren.

Allerdings gibt es für Anwender künftig eine Alternative weniger, wenn sie Auslagerungsprojekte ausschreiben. "EDS hat in der Vergangenheit viele Deals gewonnen, weil viele Anwender nicht IBM wollten", sagte Peter Allen vom Outsourcing-Beratungshaus TPI. Zudem läuft die EDS-HP-Kombination dem Trend zum selektiven Outsourcing zuwider. Viele Unternehmen verpflichten Spezialisten für einzelne Aufgaben, um sie bei Bedarf austauschen zu können. Das ist mit einem mächtigen Partner kaum mehr machbar. Doch EDS und HP können den Anwendern künftig enorme Leistungskapazitäten für das Cloud-Computing bereitstellen. Möglicherweise sind die Partner ihrer Zeit voraus. "Ist das Vorhaben Teil einer Vision, wie man Anwender künftig Computing-Ressourcen anbieten wird?", fragt Allen gespannt.