Trojaner aus Peking? - Deutsche Regierungs-Computer im Visier

27.08.2007
Während hierzulande über den "Bundes-Trojaner" diskutiert wird, haben chinesische Hacker bereits Nägel mit Köpfen gemacht und deutsche Regierungs-Server ausspioniert - berichtet zumindest das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel".

Vielleicht sollte man sich endgültig von den alten Vorstellungen trennen, wie ein Spion auszusehen hat: kein Schlapphut mehr, keine konspirativen Treffen, keine toten Briefkästen. Der Spion in seiner modernen Form tarnt sich heute gern als Word-Datei oder als Powerpoint-Vortrag im Anhang einer E-Mail, die ganz unverfänglich daherkommt. Geringer wird die Gefahr dadurch nicht. Jetzt sollen es die elektronischen Späher sogar bis ins Bundeskanzleramt geschafft haben. Und, zu Beginn der China-Reise von Angela Merkel besonders heikel: Die Auftraggeber sollen aus Peking kommen.

Nach Informationen des "Spiegels" sind inzwischen zahlreiche Computer der Bundesregierung mit sogenannten Trojaner-Spähprogrammen infiziert, die aus China stammen. Neben dem Kanzleramt sollen auch PC im Außen-, Wirtschafts- und Forschungsministerium betroffen sein. Fast jeden Tag, so wird Verfassungsschutz-Vizepräsident Hans-Elmar Remberg zitiert, treffe im Regierungsviertel verseuchte Post ein - aus Peking, aus Kanton im Süden Chinas oder aus Lanzhou im Nordwesten des Landes. Absender sollen Hacker der chinesischen Armee sein.

Gegen Trojaner kann man sich im Kanzleramt und in den verschiedenen Ministerien genauso wenig völlig schützen wie zu Hause am eigenen PC: Wird der Anhang geöffnet, installiert sich das Spähprogramm automatisch, ohne dass es der Nutzer merkt. Die gesammelten Informationen werden dann übers Internet zurückgeschickt. Oft sind die Datenklau-Programme so geschickt entworfen, dass sie selbst von Spezialisten nicht enttarnt werden können.

Den Experten der Bundesregierung soll es aber gelungen sein, seit Mai, als angeblich die ersten Hackerangriffe aus Fernost bemerkt wurden, den Abfluss von rund 160 Gigabyte an Daten zu verhindern. Dem "Spiegel" zufolge dauern die Spionageversuche aber unvermindert an. Das Blatt zitiert einen deutschen Spitzenbeamten mit den Worten: "Keiner weiß, was schon alles abgeflossen ist." Offiziell bestätigen will die Vorwürfe in Berlin niemand. Aus dem Innenministerium heißt es dazu nur: "Angriffe mit Trojanern sind ein ständiges Problem." Bislang gebe es jedoch keine erkennbaren Schäden.

Für die Kanzlerin kommen die Vorwürfe zu einem recht ungünstigen Zeitpunkt. Eigentlich soll es bei ihrem Besuch vor allem um Wirtschafts- und Umweltfragen gehen sowie - mehr als bei ihren Vorgängern - um die Menschenrechte. Jetzt kommt ein anderes Thema hinzu, auch wenn sich Merkel zu den Spionage-Berichten im ZDF zunächst nur zurückhaltend äußern wollte: "Ich werde das in der Sache nicht kommentieren. Aber ich will nur sagen: Wir kümmern uns gerade im Verhältnis zu China sehr stark auch um den Schutz des geistigen Eigentums."