Salesforce.com-CEO Benioff träumt vom "Business Web"

18.01.2006
Salesforce.com, Spezialist für CRM-Mietlösungen, will sich mit AppExchange zum Plattformanbieter für Business-Software aufschwingen.

"Wir zünden die nächste Stufe unserer Servicestrategie", verkündete ein euphorischer Salesforce.com-CEO Marc Benioff anlässlich der Vorstellung des jüngsten Release "Winter '06". Der On-Demand-Spezialist für Customer-Relationship-Management-Mietlösungen (CRM) habe stark in neue Technik investiert. "Wir haben unsere Architektur, unsere Hardware und unsere Software komplett überarbeitet."

Sechs Monate habe der CRM-Anbieter an der Winter-'06-Edition gearbeitet, berichten die Verantwortlichen (siehe auch: Salesforce.com schaltet Winter-'06-Edition frei). Als Infrastruktur für die gehosteten Softwarelösungen wurden zwei neue Rechenzentren aufgebaut, jeweils eines an der Ost- und Westküste der USA. Während das Zentrum im Westen für den operativen Betrieb der Salesforce.com-Produkte zuständig ist, arbeitet der Standort im Osten der USA im Stand-by-Betrieb, um sofort einzuspringen, sollte das andere Data-Center ausfallen.

Benioff träumt bereits von einer Art "Business Web" und vergleicht das Salesforce.com-Angebot mit dem von Google, Yahoo und Ebay für das Consumer-Web. Besagte Firmen würden auch immer mehr Web-basierende Zusatzfunktionen und -lösungen anbieten. "Warum soll es keine Ebay-Plattform für Business-Applikationen geben, auf der Unternehmen die von ihnen benötigten Funktionen einkaufen könnten?" fragt der CEO.

Benioffs ambitionierte Pläne fußen vor allem auf der AppExchange-Plattform, die erstmals in das aktuelle Salesforce.com-Release implementiert wurde (siehe auch: Salesforce.com startet mit ersten Anwendungen seine neue Plattformstrategie). Damit will der Anbieter sein Softwarespektrum über die CRM-Grenzen hinaus ausweiten. Während sich Salesforce.com auf Basisfunktionen für das Kunden-Management beschränkt, sind Partner dazu aufgerufen, Zusatzfunktionen zu entwickeln beziehungsweise die Lösung kundenspezifisch anzupassen. Darüber hinaus haben Independent Software Vendors (ISVs) künftig die Möglichkeit, auf Basis von AppExchange eigene Applikationen zu entwickeln, auch für andere Bereiche wie beispielsweise Enterprise Resource Planning (ERP) oder Human Resources (HR). Die dafür notwendigen Tools und Application Programming Interfaces (APIs) stellt Salesforce.com zur Verfügung.

Derzeit gibt es laut Benioff 160 Lösungen von Drittanbietern. Beispielsweise bietet Skype Technologies eine Voice-over-IP-Lösung (VoIP) für die AppExchange-Plattform an. Adobe Systems offeriert einen Service, um automatisch PDF-Dokumente aus Kundendaten zu generieren. Von diesem Arrangement profitieren beide Seiten. Gerade kleinere Firmen könnten auf Basis der Salesforce.com-Plattform ihre Lösungen einem größeren Kundenkreis anbieten, und der On-Demand-Anbieter macht mit den zusätzlichen Funktionen und Lösungen sein Angebot attraktiver.

Mit dem AppExchange-Konzept verfolgt Benioff eine ähnliche Strategie wie die etablierten Softwareanbieter, die mit ihren Service-oriented-Architecture-Vorhaben (SOA) ebenfalls an einem grundlegenden Umbau arbeiten. Im Wettrennen mit den Großen der Branche wie SAP und Oracle wähnt sich der Salesforce.com-Chef jedoch im Vorteil. Im Grunde erfülle seine Service-basierte Applikations-Plattform schon heute all die Versprechen, die Web-Services-Protagonisten ihren Kunden schon seit Jahren machen. Benioff, der in der Vergangenheit immer wieder das Ende des herkömmlichen Softwaregeschäfts prophezeit hatte, geht davon aus, dass es den etablierten Anbieter schwer fallen wird, ihr Geschäft auf eine flexiblere Basis zu stellen. Nach wie vor basiere deren Modell darauf, Lizenzen zu verkaufen und langfristig Wartungseinnahmen zu generieren. (ba)