Infrastruktursoftware sind gefragter als Enterprise-Applikationen wie ERP

ERP: Trotz Abkühlung der Wirtschaft wächst der Markt für Unternehmenssoftware um acht Prozent

14.02.2008
Noch geht das Beratungshaus Gartner für das Jahr 2008 von einem Zuwachs von rund acht Prozent im Markt für Unternehmenssoftware aus. Der weltweite Markt werde somit auf 190,7 Milliarden Dollar anwachsen. Doch die Wirtschaftskrise in den USA könnte die Marktforscher zu einer Korrektur veranlassen. Der Softwareindustrie stehen Umsatzeinbußen bevor. Anwender könnten die Situation zu ihrem Vorteil ausnutzen.

Die Abschwächung der Weltwirtschaft lässt laut Gartner zwar den Markt für Unternehmenssoftware nicht ungeschoren, doch dramatische Auswirkungen dürften ausbleiben. Gegenüber der wirtschaftlichen Talfahrt der Jahre 2001 und 2002 sei die Situation heute eine andere, da Unternehmenssoftware mittlerweile weltweit verbreitet ist und in unterschiedlichen Branchen zum Einsatz kommt. Beispielsweise entfallen auf die USA heute weniger als 45 Prozent aller Softwareinvestitionen. Ende der 90er Jahre waren es noch 70 Prozent. Daher könne die Softwareindustrie die Rezession in den USA besser verkraften als dies früher der Fall war.

Foto: Gartner

Als "Enterprise Software" bezeichnen die Marktforscher den gesamten Markt für Unternehmenssoftware, der sowohl Infrastrukturlösungen als auch Applikationen umfasst. Auf 190,7 Milliarden Dollar taxiert Gartner 2008 den weltweiten Umsatz mit solchen Produkten derzeit, was gegenüber 2007 einen Zuwachs von 8,2 Prozent bedeutet. Zwar kommt ein deutlicher Teil des Wachstums durch den schwachen Dollar zustande und eine Korrektur der Wachstumszahlen wegen anhaltender wirtschaftlicher Probleme will Gartner nicht ausschließen, dennoch werden die Gesamtumsätze nicht hinter denen des Vorjahres zurückbleiben. Wegen des anhaltenden Drucks auf die Weltwirtschaft könne die Wachstumsprognose aber ein bis zwei Prozent geringer ausfallen. In der zweiten Hälfte des Jahres 2007 hatte Gartner seine Vorhersage für 2008 bereits nach unten korrigiert. "Zwar nehmen die Softwareinvestitionen gegenüber 2007 nicht ab, doch verlangsamt die makroökonomische Schwäche das Wachstum der Branche", beschreibt es Tom Eid, Research Vice President bei Gartner.

Unternehmensanwendungen wie ERP betroffen

IT-Organisationen in Unternehmen werden den Analysten zufolge dazu angehalten, die Ausgaben zu reduzieren. Für das zweite Quartal 2008 rechnen Gartner-Experten daher mit sinkenden Einnahmen der Softwarehersteller.

Vor allem die Umsätze mit Geschäftsanwendungen seien von der wirtschaftlichen Situation betroffen, Infrastrukturlösungen hingegen weniger. Auf die Risiken könnten solche Anbieter am besten reagieren, die sowohl aus dem Verkauf von Lizenzen als auch aus Wartungsverträgen und professionellen Dienstleistungen Umsätze erzielen. Im Vorteil seien zudem Softwarefirmen, die nicht nur in einer Region agieren oder nur einen Industriezweig bedienen. Hilfreich sei eine Diversifizierung der Einnahmen durch neue Modelle der Vermarktung wie etwa Software as a Service (SaaS) sowie Angebote speziell für kleine und mittelständische Unternehmen.

Vor allem bei Firmen etablierte Produkte wie ERP- und Supply-Chain-Management-Software werden laut Gartner einen Nachfragerückgang verspüren. Zu den Wachstumstreibern im Markt für Enterprise Software zählen Gartner zufolge Lösungen für die Datenintegration, Projekt- und Portfolio-Management, Kommunikations- und Collaborations-Software, Sicherheit und CRM. Im Vergleich dazu weniger gefragt seien Betriebssysteme, Software für die Anwendungsentwicklung, Office-Programme und ERP-Software.

Besonders gute Wachstumsraten von zwölf bis 13 Prozent versprechen Softwareprodukte für das Enterprise-Content-Management. Interesse haben Firmen Gartner-Mann Eid zufolge ferner an Lösungen für die Suche in Unternehmensnetzen (elf bis zwölf Prozent Wachstum). In dem Markt unter anderem Microsoft stärker mitmischen: Mit der Übernahme von Fast möchte der Konzern sein Angebot an Suchmaschinen für Unternehmensnetze ausbauen. Andere Hersteller wie etwa IBM, Oracle, SAP und Google entwickeln an Suchmaschinen für den Firmeneinsatz.

Ein weiteres Wachstumsfeld stellen Collaboration-Anwendungen dar, zu denen Web-Konferenzen-Systeme zählen. Da sie den Firmen helfen, Geld durch weniger Reisen und effizienteres Arbeiten zu sparen, sei hier das Interesse groß. Zudem sind keine großen Anfangsinvestitionen erforderlich, da sich solche Systeme auch über Pay-per-Use-Modelle mieten lassen.

Datenintegration, Projekt-Management und CRM sind gefragt

Anwenderunternehmen können sich die Marktsituation zu nutze machen, meint Gartner. Dazu zähle, den Druck auf die Anbieter sowohl in Sachen Lizenzbedingungen als auch Wartungskonditionen zu erhöhen, wobei dies seit einiger Zeit schon gängige Praxis sein dürfte. Zudem raten die Experten, kurzfristige Vorhaben, beispielsweise das Upgrade auf Windows Vista sowie die Einführung neuer Applikationen um ein oder zwei Quartale zu verschieben. "Es kann sinnvoll sein, Investitionen auf das Jahr zu verteilen, weil IT-Manager nicht ausschließen können, dass ihre Budgets in der zweiten Jahreshälfte zusammengestrichen werden", erläutert Eid. Firmen sollten Projekte jedoch nicht stoppen, aber das eine oder andere hinauszögern. (fn)